Besser als sein Ruf

Das Internet der Dinge

15. Februar 2017, 0:00 Uhr | Constantin Tomaras
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Angstdebatte

Die Angst, gehackt zu werden, bedingt also eine mangelhafte IoT-Ausrüstung, die wiederum die Angst, gehackt zu werden, befeuert.

Die Kernfrage ist noch nicht mal, ob die Debatte unter den Kollegen sachlich geführt wird, sondern ob ein Großteil der Branche die Fragestellung erkannt hat. Denn letztendlich soll die virtuelle Infrastruktur das Leben in der physischen Welt verbessern. Verhandelt werden zunächst aber virtuelle Konzepte wie Geld oder Datenmengen und divers definierte Begriffe wie Cyber-Sicherheit und Humanismus.

Nach den Verwerfungen in der Geldindustrie fällt es immer noch schwer, sich auf die ursprüngliche Funktion des Geldes als Knappheitsmaßstab zu besinnen. Wenn dieses fiktive Konzept in einem Atemzug mit dem ebenfalls fiktiven virtuellen Raum fällt, behalten die Wenigsten Überblick über die tatsächlich entstehenden nutzbaren Werte. Umso leichter können die Protagonisten durch emotionale Inkompetenz von solchen abgelenkt werden.

Was weiß der “Mann auf der Straße”  vom Internet der Dinge? - Eines Tages wird der Kühlschrank selber einkaufen und das Zuhause durch allerhand Sensorik in Richtung Orwell-Universum verschoben. Während die Arte-Doku Immer vernetzt den Missbrauch moderner Kommunikationstechnologie im beruflichen Kontext aufzeigt, ist der Erfahrungswert oft ein ganz anderer: Immer vernetzt, wären viele gerne.

Da ein Unternehmen zwangsläufig in die IT-Infrastruktur seiner Auftraggeber einheiratet, arbeiten selbst die Angestellten am Ende des Tages auf drei Schreibtischen mit drei Rechnern und mindestens zwei weiteren mobilen Geräten. Die Infrastruktur geht sich nie aus.

Viele “Premium-Flatrate”-Kunden fürchten das Monatsende, wenn die Navigationsfunktion mit der Drosselung auf 2G-Geschwindigkeit versagt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass ein seriös gekleideter Geschäftsmann mit Topgerät die Frage nach dem Weg mit "Ich versuche, Ihnen weiterzuhelfen, aber ich bin nur auf 2G-Geschwindigkeit." beantwortet. Selbst wenn er in einer Großstadt von ca. 100 WiFi-Punkten und zig weiteren vernetzten Bluetooth-Geräten umgeben ist. Es fällt schwer, das Datenvolumen nachzulösen, wenn die Knappheit künstlich durch Regulierung erzeugt wird. Dieser Umgang mit der HF-Infrastruktur bedeutet auch ein großes Hindernis für die Umsetzung jeglicher IoT-Anwendung.

Ab in die Cloud - Alles ist immer verbunden

Als der Begriff Cloud Computing aufkam zeigten sich viele System-Administratoren im akademischen Bereich verwundert: Die "dezentrale Datenspeicherung und Verarbeitung" nutzten sie schon seit einer guten Dekade mit dem Standardkommando ssh -X, zur Fernsteuerung eines Linux-Rechners.

Das Problem war für die Arbeitsweise eines Wissenschaftlers bereits gelöst, bevor es kommerziell relevant werden sollte, aber vorerst keine massenkompatible Endverbraucheranwendung fand. Das bedeutet aber auch, dass Linux-basierte Einplatinenrechner quasi ein natürliches IoT-Testlabor darstellen, die über einen gewissen c-Standard auch eine große Vielfalt von Mikrocontrollern zur Ansteuerung von Kleinleistungs-Elektronik ansprechen können.

"Wir haben nicht die Möglichkeit, eine eigene Cloud aufzusetzen" gilt also gerade zu Forschungszwecken nicht. Ein Systementwickler müsste sich zunächst fragen, welche Datenmengen in der Anwendung tatsächlich benötigt werden: Bei quantifizierter Datenlage können Monte-Carlo-Methoden den Rechenaufwand deutlich reduzieren. Weil ein IoT-System ein statistisches Transportproblem bedeutet, werden von den Entwicklern interdisziplinäre Qualifikationen in Mathematik, Elektrotechnik und Informatik gefordert, und insbesondere prinzipieller Betriebssystemarchitektur. Eben diese Qualifikation ist selten.

Häufig werden IoT-Anwendungen mit völlig überbeladenen Betriebssystemen zu Lasten der Systemsicherheit aufgesetzt (Kaspersky-Beitrag in DESIGN&ELEKTRONIK Ausgabe 02-2017). Wer die interdisziplinäre Qualifikation besitzt, aber bislang keine Infrastruktur hatte, drängt neuerdings mit Einplatinenrechner und Maschinenlern-Algorithmen in die Freiheit.

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