Ein typisches Beispiel aus der Praxis: Um bereits vor dem ersten Strich die grundsätzliche Machbarkeit eines Redesigns zu prüfen, also um die Temperaturstabilität einer Steckverbindung sicherzustellen, die das Klemmbrett in 80 °C heißen Motorklemmkästen ersetzen sollte, griff ein Entwickler zu einem einfachen Rezept. Man nehme: Je eine Buchsen- und eine Stiftleiste von vier verschiedenen Herstellern, lege diese in den heimischen Herd und heize denselben zunächst auf die Umgebungstemperatur von 80 °C auf. Danach steigere man langsam die Temperatur, um die zusätzliche Stromerwärmung zu simulieren. Ergebnis: Einer der Steckverbinder veränderte seine Form bereits bei einer Dauergebrauchstemperatur von 100 °C unzulässig – da waren es nur noch drei. Zwei Steckverbinder zeigten im weiteren Verlauf oberhalb von 110 °C deutliche Ermüdungserscheinungen und stiegen bei 115 bis 120 °C endgültig aus. Nur ein Steckverbinder blieb weiterhin standhaft – und das sogar über seine obere Dauergebrauchstemperatur von 125 °C hinaus. Warum? Der hochtemperaturfeste und formstabile Isolierkörper aus dem Hause Weidmüller war speziell für den Einsatz in der Leistungselektronik aus glasfaserverstärktem PA (Polyamid) gefertigt worden. Warum hat sich das Prinzip der Leistungsreserve bisher nicht zum Standard entwickelt? Mögliche Gründe sind fehlende Kompetenzen oder aufwendigere Prozesse: Auch die Entwicklung elektromechanischer Komponenten erfordert ein umfassendes Verständnis der gesamten Anforderungen und Kenntnis der verschiedenen Möglichkeiten. Wer diese Voraussetzungen nicht erfüllt, kann kaum hohe Qualität und leistungsfähige Materialien zu wettbewerbsfähigen Preisen realisieren.
Beispiel „Steckgesicht- Geometrie“
Signalsteckverbinder sind in der Regel so konzipiert, dass zum Beispiel je ein sechs-, vier- und zweipoliges Steckerteil nebeneinander auf eine 12-polige Stiftleiste gesteckt werden kann. Für Leistungssteckverbinder gelten andere Anforderungen: Ein Signal-Steckgesicht sollte man nicht unverändert übernehmen, weil ein Fehlstecken hohen Schaden an Mensch und Maschine verursachen kann.
Ein Leistungssteckgesicht muss 100- prozentig fehlstecksicher sein. Ein sicheres Steckgesicht ist dadurch gekennzeichnet, dass es nur bei gleicher Polzahl passt und nur an der richtigen Stelle – also weder versetzt noch gewendet – gesteckt werden kann. Das innovative Leistungssteckgesicht des Steckverbinderproduzenten erfüllt diese Anforderungen vollständig. Darüber hinaus ist es doppelt codierbar und bietet schon ab zwei Polen die Möglichkeit, sechs Steckverbinder gegeneinander zu codieren.
Eine Design-in-Partnerschaft lässt sich dabei nicht an einzelnen Merkmalen festmachen, sondern erfordert mehr als nur Produktinnovationen. Die sichere Beherrschung und konsequente Anwendung der „Design Rules“ einer Applikation im Produktentstehungsprozess ist der Kern einer solchen Partnerschaft.
Wert-Schöpfung ist besser als Abschöpfen
Profitabilität ist die Daseinsberechtigung des Produktes. Sie zieht sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche. Ein Produkt oder eine Leistung ständig unter Wert zu verkaufen, ist nach dem Gesetz der Marktwirtschaft unmöglich. Deshalb müssen immer beide Seiten der Medaille berücksichtigt werden:
Ein Projekt kann niemals erfolgreich sein, wenn ein kurzfristiger Vorteil beim Einkauf den Aufwand bei der Entwicklung, Realisierung, Herstellung, Inbetriebnahme, Wartung usw. vergrößert, die Marktakzeptanz verringert – oder gar das Vertrauen des Kunden kostet. Solche Risiken sind nur bei genauem Hinsehen zu erkennen und dann meist an den Folgen.
Risikofeld „kostengünstige Scheibenbauweise“: Ein solcher Steckverbinder mag zwar preiswerter sein und auch die volle 600 V Zulassung nach UL 1059 haben, doch die Überraschung kommt bei der Gerätezulassung, respektive Montage in ein Gerät: Sobald der Steckverbinder durch den Ausschnitt eines Metallgehäuses gesteckt wird oder die Unterseite im gesteckten Zustand z.B. direkt auf einem Kühlkörper aufliegt, reichen die Luftund Kriechstrecken zur Umgebung nicht mehr aus. Sie müssen durch zusätzliche, konstruktive Maßnahmen aufwendig korrigiert werden.
Die „Pole-Position“: Gut gestartet ist halb gewonnen
Die Marktpositionierung muss je nach Kernkompetenz und Strategie des Unternehmens zwischen einer Vielzahl gegensätzlicher Grundrichtungen definiert werden:
Die Positionierung sowie das dazugehörige Marketingkonzept sind Sache des Geräteherstellers. Aber wer sonst sollte die Anforderungen an die einzelnen Komponenten aus den individuellen Marktgegebenheiten besser ableiten als der Spezialist? Der Dirigent gibt den Ton an und den Takt vor, aber er stimmt nicht die Instrumente. Das ist Sache des einzelnen Teammitglieds.
Ein breites und systematisch strukturiertes Portfolio ist deshalb eine entscheidende Voraussetzung. Darüber hinaus muss der Entwickler, falls erforderlich, die Komponenten der Applikation anpassen können – und nicht umgekehrt.
Customizing erfordert einen engen Dialog und eine Ergebnisorientierung im Sinne des Kunden. Das heißt, die Fähigkeit, für eine Aufgabenstellung zwischen den machbaren Lösungen die optimale, wirtschaftlichste und schnellstmöglich umsetzbare zu identifizieren und zu realisieren.