Bei Kondensatoren mit polareren Elektrolyten (bei Hochspannungs-Elkos) dominiert die chemische Wechselwirkung zwischen Elektrolyt und Oxid das Sperrverhalten des Dielektrikums. Deshalb ist bei diesen Bauteilen eine möglichst geringe Lagertemperatur von unter +25 °C zu wählen. So lassen sich auch Lagerzeiten von mehr als den spezifizierten zwei Jahren erreichen. Aber auch nach Überschreiten der zulässigen Lagerzeit ist nicht mit einer Schädigung des Alu-Elkos zu rechnen, es ist nur ein für mehrere Minuten anhaltender erhöhter Reststrom zu beobachten.
Unabhängig vom Betriebselektrolyten ist der Betriebsreststrom im Gleichgewicht sehr gering, denn er passt sich dem Gleichgewichtszustand (Spannung, Temperaturverteilung, Einbaugeometrie, Erschütterungen) an. Ändert sich nach einem längeren konstanten Betrieb das Gleichgewicht durch eine höhere Spannung oder eine höhere Temperatur, werden wieder Ladungsträger im Dielektrikum aktiviert, sodass erneut ein höherer Reststrom fließt. Auch Änderungen des Gleichgewichts, die den Elektrolyten zum Fließen bringen, können unter Umständen Anodenflächen benetzt werden, die im alten Gleichgewicht nicht wirksam benetzt waren. Zu diesen Anodenflächen können auch kleinste Bereiche mit einzelnen Schwachstellen zählen, die nicht wirksam formiert waren.
Neben dem klassischen Ausformieren des Dielektrikums durch Bildung eines sperrenden Oxids kann es bei eingelagerten Fremdstoffen zu einer Fehlstelle kommen, die ständig einen lokalen Leckstrom verursacht. Im Gleichgewicht können auch diese Fehlstellen scheinbar durch Bilden einer Gasblase ausheilen (Bild 4). Das durch den lokalen Leckstrom erzeugte Gas verdrängt den Elektrolyten an der Fehlstelle, sodass auch der lokale Stromfluss abbricht. Jede Änderung des Gleichgewichts, das einen Einfluss auf die Gas- und Elektrolytmenge und dessen Gaslöslichkeit hat, kann den Reststrom ansteigen lassen. Damit lässt sich auch die paradoxe Beobachtung erklären, dass selbst beim Abkühlen eines Kondensators der Reststrom wider Erwarten zunächst ansteigen kann.
Sicherlich bewirkt der Reststrom auch eine Alterung des Alu-Elkos, weil er einige Bestandteile des Elektrolyten für die Oxidbildung beziehungsweise Regeneration verbraucht. In der Regel ist dieser Effekt aber nicht der alterungsbestimmende Mechanismus. Hierbei ist zu beachten, dass die störenden hohen Restströme nur kurz nach dem Anlegen der Spannung auftreten, also in Summe über die gesamte Betriebszeit vernachlässigbar sind. In der Praxis bewirkt ein hoher Reststrom nur dann ein vorzeitiges Ende, wenn der Strom wegen überhöhter Spannung oder Falschpolung, verstärkt durch hohe Temperatur, nicht richtig absinken kann und dann durch die schnelle Gasbildung ein Platzen der Sollbruchstelle erfolgt.
Bei Applikationen, die über eine Batterie oder einen Akku versorgt werden, besteht immer die Sorge, dass die Batterie durch den hohen Reststrom eines Bauelementes entladen werden könnte. Mit modernen Alu-Elkos von Epcos soll diese Sorge unbegründet sein. Dies gilt auch bei der Verwendung selbstverlöschender Hochspannungs-Elektrolyte. Alu-Elkos können nur kurzzeitig hohe Restströme bewirken, nie jedoch im Langzeitmittel. Unter geeigneten Einsatzbedingungen können Aluminium-Elektrolytkondensatoren über Jahrzehnte betrieben werden. (rh)
Christian Baur
ist im Produktmarketing im Produktbereich Alu-Elkos,
Norbert Will
arbeitet in der Entwicklung im Produktbereich Alu-Elkos bei
Epcos
Telefon 089/63 60 9
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Siehe auch:
SMD-Elkos bleifrei löten
Keramik-Kondensatoren – Bei Hochspannung von Vorteil