Durch die vielen Zukäufe in den unterschiedlichen Bereichen wird ein Konzern natürlich auch inhomogen und sicher schwer steuerbar – man stelle sich das Bild eines Supertankers vor. Wie stellen Sie bei all den verschiedenen Unternehmenskulturen, die hier vor allem in Europa aufeinander prallen, sicher, dass alle an einem Strang ziehen?
Es ist richtig, dass gerade die vielen verschiedenen Kulturen in Europa eine besondere Herausforderung darstellen. In den USA lassen sich die neuen Service-Angebote sicherlich einfacher am Markt platzieren. Schon allein die Ansprache der Kunden kann in Europa von Land zu Land sehr unterschiedlich sein. Letztlich geben wir aber nur den Rahmen vor. Die Stärke von Arrow ist ja gerade die starke lokale Präsenz in den einzelnen Märkten. Wir stellen unseren regionalen Teams die Tools und das Know-how zur Verfügung, das sie benötigen. Darüber hinaus arbeiten zahlreiche zugekaufte Unternehmen bereits global und verfügen über gute existierende Strukturen.
Unsere zentrale Aufgabe ist es, unsere Unternehmensbereiche gut zu koordinieren und die neuen Angebote zunächst intern ausreichend zu promoten. Die Zukäufe stellen eine Erweiterung unseres bestehenden Service-Portfolios dar und bieten großes Potential zur Verknüpfung. Sie lassen sich gut in das bestehende Angebot einordnen. Arrow hat durch die zahlreichen gezielten Zukäufe meines Erachtens ein hohes Maß an Flexibilität bewiesen und sich gut für die globalen Herausforderungen positioniert. Wir sind von der Strategie hundertprozentig überzeugt.
Wie reagieren Ihre Hersteller eigentlich auf die vielen Zukäufe?
Unsere Hersteller reagieren ausgesprochen positiv auf die Zukäufe. In vielen Gesprächen hat sich gezeigt, dass sie die strategische Bedeutung in den einzelnen Bereichen schnell erkannt haben, und wo ihre Vorteile darin liegen. Verical ist ein gutes Beispiel, weil hier ein zusätzlicher Vertriebskanal entstanden ist. Auch Transim arbeitet mit vielen unserer Hersteller bereits erfolgreich zusammen und hat gemeinsam mit ihnen Online-Entwicklungs-Tools für spezielle Technologie-Bereiche erstellt. Unsere Hersteller reagieren auch deshalb positiv, weil sie sehen, wie wir uns im Distributionsumfeld von unseren Wettbewerben abheben und ein einzigartiges Service-Spektrum aufbauen, das auf die konkreten Anforderungen unserer gemeinsamer Kunden zugeschnitten ist.
In punkto Online-Services (Entwickler-Community, Online-Tools usw.) und Online-Einkauf ist Arrow noch nicht »State of the Art«, hier sind andere Distributoren schon weiter. Ist das Standbein »online« für einen Broadliner nicht wichtig? Was ist hier geplant?
Mit der Übernahme von Transim haben wir einen großen Schritt hinsichtlich des Angebots für Entwickler Communities gemacht. Hierbei handelt es sich nicht um ein Angebot, das erst am Markt etabliert werden muss. Transim entwickelt als Pionier in diesem Bereich bereits seit einem Jahrzehnt Online Design Tools und hostet Cloud-basierte Engineering-Applikationen für die meisten führenden Halbleiterhersteller. Auch im Bereich Online-Einkauf hat sich bei Arrow einiges getan. So sind wir gerade dabei, unsere Online-Einkauf-Kapazitäten mit »MyArrow« in Europa auszurollen. Kunden in Nord- und Zentraleuropa können MyArrow bereits heute nutzen, Südeuropa wird in diesem Jahr folgen. Im Gegensatz zu lokalen Lösungen zuvor können Kunden über MyArrow unter anderem ganze Stücklisten hochladen und ihre Aufträge »state of the art« verwalten. MyArrow bietet damit mehr als nur ein reiner Webshop, sondern auch ein ganzes Set an verschiedenen Online Tools. Arrow hat hier also keinesfalls den Anschluss verloren und setzt künftig verstärkt auch auf Online. Nichtsdestotrotz ist die lokale Präsenz beim Kunden nach wie vor von hoher Bedeutung und daran wird sich auch nichts ändern.
Stichpunkt Supply Chain Management: Die Bedeutung des Themas hat deutlich zugenommen. Was kann ein Distributor wie Arrow tun, um den Fluss in der Lieferkette sicherzustellen? Sind Lieferengpässe auf lange Sicht passé?
Vor allem im Bereich Supply Chain Management können wir die Stärke unserer globalen Präsenz voll ausspielen. Als Beispiel möchte ich nochmals auf die Auswirkungen der Katastrophen in Japan und Thailand hinweisen. In beiden Fällen haben wir intern über ein globales Team Informationen gesammelt und Aktionen koordiniert, um Ausfällen bei unseren Kunden zu begegnen. Es gibt immer wieder einzelne Technologiebereiche, in denen das nicht hundertprozentig möglich ist, aber in der Masse konnten wir den Auswirkungen damit gut begegnen. Mittlerweile haben wir zahlreiche Möglichkeiten, auf global verteilte Bestände zurückzugreifen. Zudem können wir Kunden Alternativprodukte für ihre Anwendung vorschlagen. Es wäre sicherlich vermessen zu behaupten, dass eine Allokation, wie wir sie aus früheren Zeiten kennen, nicht mehr auftreten wird. Die von Ihnen angesprochene erhöhte Volatilität macht dem Idealzustand für uns Distributoren, der möglichst langfristigen, sicheren Planung, einen Strich durch die Rechnung. Gerade in den letzten Jahren galt es, die Zeitfenster für Forecasts enger zu gestalten, und der Trend wird sich in absehbarer Zeit fortsetzen.