Bei aller Euphorie, ein Selbstläufer ist das Lighting-Geschäft für die Distribution keinesfalls. Dass Logistik-Konzepte und technische Expertise in jedem Fall automatisch die Türen für den Distributor öffnen, ist nicht immer selbstverständlich. Die Lighting-Kunden treffen ihre Entscheidung für einen Distributor mehr als in anderen Industriebereichen vor allem wegen seiner dedizierten Ausrichtung. Erfahrung, Beratung und umfassendes Expertenwissen zählt für die LED-Kunden jedenfalls mehr als eine breite Linecard. Die LED hat innerhalb kurzer Zeit enorme Entwicklungssprünge hingelegt. Dass viele Kunden, die LEDs einsetzen oder künftig einsetzen wollen, hier schlicht überfordert sind, verwundert nicht. Die wohl größte Herausforderung am LED-Geschäft ist für die Distribution ist deshalb das vielseitige Kundenspektrum und hier zählt einzig und allein, wie gut sich der Distributor im jeweiligen Anwendungsfeld seines Kunden auskennt. Ein Automotive-Kunde erfordert einen ganz anderen Beratungsansatz als die Kommune, die eine neue Straßenbeleuchtung in Auftrag geben will oder die Supermarktkette, die ihre Ambient-Beleuchtung erneuern möchte. DEN einen allgemeingültigen Beratungsansatz gibt es im LED-Geschäft jedenfalls nicht. »Jeder muss für sich adressiert werden«, betont Müller. Diesen Anforderungen tragen die Distributoren mit unterschiedlichen Konzepten Rechnung: Die Spannweite reicht vom Applikationsteam bis hin zur eigene Geschäftseinheit.
So verfügt Arrow über ein paneuropäisches Lighting Team, das sich zu 100 Prozent diesem Marktumfeld widmet. »Wir können Kunden entsprechende Ressourcen in jedem Land in Europa bieten«, betont Reisinger. Dabei profitieren die Europäer aber auch von den Erfahrungen des globalen Arrow Lighting Teams, weil sich die beiden Teams nahtlos ergänzen, so Reisinger. »Wir haben beispielsweise bei der individuellen Beratung, etwa hinsichtlich Energiesparmaßnahmen oder der Umsetzung gesetzlicher Vorgaben viel Know-how aufgebaut. Nicht zuletzt diese Investition zeige, so Reisinger, dass sich Arrow nachhaltig im Lighting-Segment engagiere.
Wie kann ein Kunde schon heute LED-Designs entwickeln die erst »morgen« in den Serie gehen? Wie kann im Austauschfall, bzw. für Nachlieferungen eine Belieferung aussehen? Welche technischen Notwendigkeiten kann/muss ein Kunde treffen um ein zukunftssicheres Design auszulegen? Solche Fragen, so Müller, sind Alltag für Future Lighting Solutions und setzen voraus, dass »wir unser Wissen und die Beratungskompetenz ständig weiter entwickeln.«.Mit Future Lighting Solutions (FLS) kümmert sich bei Future ein eigener Geschäftsbereich mit derzeit 280 Mitarbeitern im Markerting, dem Vertrieb und in der Technik um das Lighting-Geschäft. Zusätzlich ergänzen drei Lighting Resource Center (LRC) in Montreal, Eindhoven und Shenzen das Team von FLS. Zum Dienstleistungsspektrum der LRCs zählen neben Machbarkeitsstudien, LED-Messungen, optischen und thermischen Simulationen auch das Elektronik-Design. Entwickeln werden dort auch die hauseigenen Simulations-Tools, die FLS über eine eigene Webseite kostenfrei zur Verfügung stellt. Darüber hinaus setzt FLS auf LED-Systeme, um der LED den Weg in Richtung »Commodity-Bauteil« zu ebnen: So bietet der Distributor beispielsweise für Leuchtenhersteller, die die LED zwar nutzen wollen, mit LED- und Elektronik-Komponenten aber entweder nicht umzugehen wissen oder nicht umgehen möchten hochintegrierte bzw. kundenspezifische LED-Module an. Aber auch dem kundigen Ingenieur nimmt FLS Entwicklungsarbeit ab: Fertige LED-Baukästen und Lichtbaugruppen sollen den Prototypenbau und die Umsetzung von Solid-State-Lighting-Anwendungen beschleunigen.
Bei EBV ist hat sich mit dem »LightSpeed«-Team ein europaweites Lighting-Kompetenzteam ausschließlich auf um die LED-Technik in Beleuchtungsanwendungen spezialisiert. Dabei berät EBV Elektronik beispielsweise Beleuchtungshersteller, die auf der Suche nach einem externen Partner sind, zum Beispiel einem Ingenieurbüro, um die Steuerungselektronik für ein LED-Beleuchtungssystem zu entwickeln. EBV selbst bietet die »nackten« LEDs und andere elektronische Bauelemente, während sich die Systemintegratoren in EBVs Partnernetzwerk um die relevante Wertschöpfung kümmern. EBV hält laut DMASS (Distributors and Manufacturers Association of Semiconductor Specialists) bezogen auf die Optoelektronik den größten Anteil innerhalb der europäischen Halbleiterdistribution und generiert derzeit etwa 13 Prozent des Umsatzes in diesem Segment.
»Von Anfang an stand bei uns die Anwendung der Produkte im Mittelpunkt«, fasst Streiff die Strategie von Setron zusammen. Der Braunschweiger Distributor hat sich zum Ziel gesetzt, 25 Prozent des Umsatzes mit Lighting-Produkten zu erwirtschaften und hat über verschiedene Linien Kompetenzcenter etabliert, die sich auf bestimmte Anwendungsbereiche konzentrieren. Dazu zählen besonders die Bereiche Stromversorgungstechnik und Optoelektronik. »Wir agieren mit eigenen Applikationsspezialisten, die strategisch über unsere Vertriebsgebiete verteilt sind. So sind wir schnell beim Kunden und können diese umfassend zum jeweiligen Thema beraten«, so Streiff.
Auf die Synergien zwischen Lighting und dem Bereich erneuerbare Energien setzt Rutronik und hat sein LED-Geschäft neu strukturiert: Jetzt sind die Lighting Solutions organisatorisch bei der Tochtergesellschaft, dem Photovoltaik-Distributor Rusol, angesiedelt. Und das aus gutem Grund, wie Egbert Gerlach, Geschäftsführer von Rusol erläutert: »Als Distributor von Photovoltaik-Produkten adressieren wir einen den Lighting-Kunden ähnlichen Kundenkreis, darunter Elektrogroßhandlungen und große Privatkunden. Zudem fokussieren beide Bereiche auf das Thema Energieeffizienz – Rusol von der Erzeugerseite, der Bereich Lighting Solutions von der Verbraucherseite.« Die Lighting Solutions bei Rutronik bzw. Rusol setzen sich zusammen aus Lichtplanern und -designern, Architekten und Ingenieuren. Dadurch kann das Team auf einen interdisziplinären Wissenspool zugreifen und bietet auch in punkto Verordnungen, bei Lichtprogrammen, Software-Fragen und der Bauüberwachung einen großen Erfahrungsschatz.
Gut aufgestellt für die LED-Zukunft sind die Distributoren also allemal und bieten den Kunden als Schnittstelle zwischen der LED-Technologie und einem ganzen Dschungel an technischen und kommerziellen Rahmenbedingungen eine gute Anlaufstelle für ihre LED-Projekte. Denn dass die LED zwar im Elektronik-Umfeld schon längst etabliert ist, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch viel Überzeugungsarbeit bevorsteht, bevor die LED ihre Potenziale auf breiter Front entfalten kann, wie Gerlach an einem Beispiel erläutert: »Die Kommunen setzen zum Beispiel bei Straßenleuchten auf altbewährte und vertraute Technologien mit langjährigen Austausch- oder Allgemeinwartungsverträgen. LED-Leuchten lösen bei ihnen zuerst einmal Unsicherheit aus.« Wenn der Distributor dann Fragen wie »Sind die LED-Produkte schon ausgereift genug oder sollen wir mit der Umrüstung noch warten?‘ oder ‚Können wir mit den LED-Leuchten auch alle Normen erfüllen?« fachgerecht beantworten kann, ist schon viel gewonnen.