E-Lkw werden wettbewerbsfähig

Emissionsfreie Lkw profitieren von sinkenden Kosten

26. Juni 2024, 11:49 Uhr | Irina Hübner
© Adobe Stock

Eine Studie des Fraunhofer ISI hat die künftige Kostenentwicklung emissionsfreier Lkw analysiert und dafür Kosten für Schlüsselkomponenten aus über 200 Quellen untersucht. Demnach werden die Kosten für Batterie- und Brennstoffzellensysteme für schwere Lkw schneller sinken als bislang gedacht.

Diesen Artikel anhören

Die notwendige Reduktion der Treibhausgasemissionen im Straßengüterverkehr erfordert einen schnellen Übergang zu emissionsfreien Lkw. Es ist aber noch unklar, wie schnell und mit welcher Technologie dieser Übergang vonstattengehen wird. Das verdeutlicht auch die rege Debatte um die Rolle von batterie-elektrischen Lkw und Brennstoffzellen-Lkw, insbesondere für den schweren Straßengüterverkehr.

Gleichzeitig benötigen Infrastrukturausbau, Netzerweiterungen, Anpassungen im Produktportfolio, Vorschriften zur CO2-Regulierung oder mögliche Subventionen viel Zeit und Geld. Dies führt vor dem Hintergrund begrenzter öffentlicher Budgets zu der Frage der Priorisierung auf vielversprechende Technologien – insbesondere beim Übergang von einer Förderung von Forschung und Entwicklung hin zur Markteinführung, die mit deutlichen höheren Ausgaben einhergeht.

Kostenanalyse für Schlüsselkomponenten von emissionsfreien Lkw

Im Rahmen einer Studie, die kürzlich in Nature Energy erschien, haben Forscher:innen des Fraunhofer ISI die zukünftige Kostenentwicklung von Schlüsselkomponenten für emissionsfreie Lkw untersucht – insbesondere Batterien und Brennstoffzellen. Dazu wurden unterschiedliche Kostenentwicklungen aus der Literatur im Rahmen einer Meta-Analyse herangezogen und im Hinblick auf Robustheit, zeitliche Stabilität und Ambitionsniveau diskutiert. Zuletzt wurden ermittelte Kostenentwicklungen mit Zielkosten für den technologischen Durchbruch gemäß anderer Studien verglichen sowie in eine Gesamtkostenrechnung (TCO) eingebettet, um die Kosten von batterie-elektrischen Lkw und Brennstoffzellen-Lkw gegenüber Diesel-Lkw für die Jahre 2020, 2030 und 2040 zu vergleichen.

Kosten für Batterie- und Brennstoffzellensysteme sinken schneller als erwartet

Die Studienergebnisse zeigen, dass die Kosten für Batterie- und Brennstoffzellensysteme für schwere Lkw deutlich schneller sinken werden als in älteren Studien erwartet. So prognostiziert die Studie, dass Batteriesystemkosten bald unter 200 Euro pro kWh fallen werden und in den späten 2040er Jahren auf 100 Euro pro kWh sinken könnten. Ebenso werden die Kosten für Brennstoffzellensysteme in den späten 2030er Jahren vermutlich deutlich – auf rund 150 Euro pro kW – sinken, wobei Prognosen aufgrund der geringeren kommerziellen Reife und Zweifeln hinsichtlich der Realisierbarkeit von Zielkosten mit größerer Unsicherheit behaftet sind. Die Autor:innen der Analyse betonen die großen Herausforderungen, um sowohl die hohen Kostensenkungen als auch technischen Fortschritte für beide Technologien schnell und in der Praxis zu realisieren.

Batterie-elektrische Lkw als vielversprechendste Technologie

Nach heutigen Kenntnisstand stellen batterie-elektrische Lkw mit hoher Sicherheit die vielversprechendste Technologie dar, um mindestens das Kostenniveau von heutigen Diesel-Lkw zu erreichen. Gleichzeitig benötigen sie dafür auch weniger finanzielle Unterstützung als Brennstoffzellen-Lkw, die vermutlich gegen Wasserstoffknappheit und hohe Preise anzukämpfen haben. Neben dem Kostenaspekt profitieren batterie-elektrische Lkw auch von einer schnelleren, großskaligen Verfügbarkeit der Technologie am Markt. Darüber hinaus zeigen weitere Studien, dass batterie-elektrische Lkw auch technisch – in Bezug auf erforderliche Reichweiten oder die Nutzlast – für die meisten Anwendungsfälle in der Logistik bereits heute geeignet sind.

Brennstoffzellen-Lkw könnten sich hingegen als ergänzende Technologie für schwer elektrifizierbare Bereiche oder Spezialtransporte erweisen, insbesondere, wenn Wasserstoff für andere Sektoren in großem Umfang zur Verfügung steht. Daher erscheint eine öffentliche Förderung von Brennstoffzellen-Lkw für Forschung und Entwicklung sowie Erprobungen weiterhin angebracht.

Investitionen in Produktionsanlagen und Ladeinfrastruktur sind erforderlich

Steffen Link, Hauptautor der Studie, leitet aus diesen Ergebnissen die folgenden Politik-Empfehlungen ab: »Unsere Ergebnisse unterstreichen, dass die Kosten für emissionsfreie Lkw erheblich und schneller als erwartet sinken werden. Dies erfordert den schnellen Aufbau von großskaligen Produktionsanlagen, um die Marktdiffusion dieser Fahrzeuge zu fördern. Unsere Analyse und der aktuelle Kenntnisstand zeigen, dass batterie-elektrische Lkw die techno-ökonomische Wettbewerbsfähigkeit mit heutigen Diesel-Lkw für die meisten Anwendungsfälle in absehbarer Zeit erreichen dürften. Die priorisierte Förderung von batterie-elektrischen Lkw stellt somit eine politische No-Regret-Option dar, die Unsicherheiten verringert, begrenzte öffentliche Budgets besser nutzt und richtungsweisend für den Logistikmarkt agiert. Dies ist für einen schnellen Übergang zu emissionsfreien Lkw unerlässlich. Dafür müssen die Stromnetze und Ladeinfrastruktur schnell ausgebaut werden, um Verzögerungen zu vermeiden. Dies erfordert jedoch sofortige Investitionen.«


Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu Fraunhofer ISI (Institut für System- und Innovationsforschung)

Weitere Artikel zu E-Mobility und Infrastruktur