Auch im Münchner BMW-Werk optimiert die Funktechnik die Fertigungsabläufe: Die Mitarbeiter kombinieren Tausende von Einzelteilen und Arbeitsschritten täglich neu und in unterschiedlicher Reihenfolge. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Komponenten von externen Zulieferern stammt. Damit am Ende wirklich das bestellte Auto just-in-time vom Band rollt, müssen Bauteile oder Fahrzeuge schnell identifiziert und lückenlos entlang der gesamten Wertschöpfungskette verfolgt werden.
Via RFID werden Karosserie-Träger per Funk identifiziert und lokalisiert. Auch bei der Radmontage sowie der Montage von Vorder- und Hinterachsen der Limousinen hilft ein RFID-System von Siemens, den Materialfluss sicherzustellen. Darüber hinaus wird die Auslieferung der Fahrzeuge bis zur Übergabe an den Vertrieb mit einem RFID-Ortungssystem optimiert.
Als eines der wichtigsten Einsatzgebiete der Funktechnik gilt im Unternehmen die eindeutige Identifizierung von Kabelbäumen. Der Kabelbaum ist nicht nur die „Lebensader“ des Automobils – seine richtige Zuordnung entscheidet auch über den wirtschaftlichen Erfolg der Produktion. Denn ein einziger Fehler in der Montage ist kaum mehr rückgängig zu machen und kann im schlimmsten Fall zur Verschrottung des Fahrzeugs führen. Umso wichtiger ist es, dass jeder Kabelbaum bei Lieferung, Lagerung und Entnahme aus dem Depot sowie bei der Einsteuerung in die Montage eindeutig und fehlerfrei identifiziert wird. Der Leitrechner erhält die dazu notwendigen Informationen vom RFID-System, das im Kabelbaumlager des Werks sowie beim Lieferanten installiert ist.
Die Kabelbäume werden einzeln, in Säcke verpackt, in robusten Transportkisten bei BMW angeliefert. In die Säcke sind mobile Datenspeicher eingenäht, auf denen der Lieferant die erforderlichen Daten zur eindeutigen Identifizierung speichert. Sobald die Transportkisten im Werk ankommen, werden sie dem Regalbediengerät des Kabelbaumlagers stückweise zugeführt. Dabei passieren sie das unter dem Transportband installierte Schreib-/Lesegerät mit Antenne. Diese erzeugt ein induktives Wechselfeld, das die passiven Baugruppen des Datenspeichers mit Energie versorgt und das Senden der Daten veranlasst. Im Fall der BMW-Kabelbäume sind dies spezifische Ordernummern, die ausschließlich einem bestellten Fahrzeug zugeordnet sind.
Am Anfang der Montagelinie fordert der Leitrechner über die Ordernummer den zugehörigen Kabelbaum für die Karosse an. Dieser wird aus dem Lager geholt, erneut identifiziert und in eine Auslagerstation in der Montage eingesteuert. Vor der Installation in die Karosse verifiziert eine dritte Station die Daten erneut. Um spätere Verwechslungen auszuschließen, werden die Datenspeicher anschließend gelöscht.
Eine Herausforderung bei der Installation des RFID-Systems war der hohe Kupferanteil in den Kabelbäumen. Denn Metalle können die Stärke des von der Antenne erzeugten Wechselfelds schwächen und somit die Leseabstände zum Datenspeicher verringern. Die Lösung des Problems: Zwei Metallrollen im Antennenbereich wurden durch Kunststoffwalzen ersetzt.
Auch die RFID-Installation bei BMW amortisierte sich bereits nach etwa zwei Jahren.
Autor
Volker Klaas ist Head of Global Competence Center Auto ID/RFID bei Siemens IT Solutions and Services.
Inka Meyerholz, Computer&AUTOMATION