Fit für die Industrie

12. Februar 2008, 11:19 Uhr | Wilfried Braun
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Fit für die Industrie

Weitere Anforderungen? In industriellen Systemen muss ein breiterer Temperaturbereich abgedeckt werden als bei Telekom-Anwendungen. Vielfach ist der Einsatz von Lüftern oder Ventilatoren verboten, weil Feinstaub selbst bei geringster Funkenbildung explodieren könnte. Alternativ zur Entwärmung per Luftstrom ist in industriellen oder militärischen Systemen die Entwärmung über Wärmeleitung oft die favorisierte Methode. Auch hinsichtlich der horizontalen Abstände zwischen den Karten sind noch Modifikationen nötig: Derzeit sind sie auf 15,24 mm (Half Height, HH, Compact) und 30,48 mm (Full Height, FH, Full-size) festgelegt. Für die Verwendung der neuen Mid-size AMC-Module muss noch ein Raster mit 20,32 mm definiert werden. Die Alternative, schmalere Module mit breiteren Frontplatten auszurüsten, ist wegen der geforderten Platz-Ökonomie nicht realistisch.

Anforderungen an Rugged-Systeme

Für den Einsatz in stark rüttelnden oder vibrierenden Anwendungen, beispielsweise in Maschinensteuerungen, in Erdbebengebieten oder in Transportmitteln wie Bahn, Straßenfahrzeug, ziviler und militärischer Luftfahrt oder auch Marine werden robuste Systeme gefordert. Neben der statischen gewinnt dabei vor allem die dynamische Stabilität der mechanischen und elektrischen Baugruppen sowie die Kontaktsicherheit an Bedeutung; denn was nützt ein System, dessen Komponenten zwar noch funktionieren (würden), jedoch nicht mehr miteinander kommunizieren können?

Insbesondere für die verwendeten Steckverbinder bedeutet dies eine große Herausforderung. Zum einen sind die Kontakte in einem Raster von nur 0,75 mm bei einer Kontaktbreite von 0,5 mm angeordnet, zum anderen sind sie aus Kostengründen bei den AMCs direkt als Zungen (Pads) auf die Leiterplatte aufgebracht – die DIN-Steckverbinder bei VMEBus hingegen sind (bei physikalisch größeren Abmessungen) als kontaktsicheres Federleiste-/ Buchsensystem aufgebaut. Bei einem (Telekom-)MCH werden zudem bis zu 680 Kontakte für einen Steckplatz benötigt, die auf vier übereinander liegende Kontaktleisten verteilt sind. Auch hierbei könnte also ein Industrie-MCH mit weniger Kontakten gesteigerte Betriebssicherheit bedeuten. Sind höhere Steckzyklen gefordert, muss auch der Aufbau der Kontaktzungen auf der Leiterbahn überdacht werden, da seine Goldauflage vielfachem Stecken und Ziehen nicht gewachsen ist.

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Bild 2: Speziell für Rugged-Systeme sind die kleinen Kontaktflächen und Abstände bei MicroTCA (oben) relativ zu ISA (unten) eine große Herausforderung.

Derzeit laufen bei den namhaften Herstellern von MicroTCA-Systemen und -Komponenten umfangreiche Tests auf Rüttel-, Vibrations- und Beschleunigungsfestigkeit. Ihre Ergebnisse sollen in die Standardisierung solcher „Rugged-Anwendungen“ einfließen. Allerdings wäre es überaus unwirtschaftlich, wenn sich letztlich eine nicht kompatible „Doppelgleisigkeit“ zwischen Telekom- und Industrie-MTCA ergäbe.

Cube-Lösung für die Industrie

Eine MicroTCA-Lösung im Cube-Format gibt es nun von Rittal, die basierend auf der Spezifikation MicroTCA.0R1.0 speziell für den Einsatz im industriellen Bereich entwickelt wurde. Durch die Gehäuse-Abmessungen von nur 307 mm ¥ 118 mm ¥ 285/319 mm ist ein platzsparender Einbau möglich, wie er speziell bei Maschinensteuerungen und in der Automatisierungstechnik gefordert wird. Das Chassis ist komplett in Edelstahl aufgebaut. Eine Montage ist auf Tragschiene, direkt auf die Montageplatte des Steuerungsteils oder aber an der Maschine selbst möglich. Hierzu dienen die als Zubehör erhältlichen Adapterbleche mit integrierten Schlüsselloch-Bohrungen beziehungsweise Winkel für die Montage direkt auf Tragschienen. Beides lässt sich auf die Rück- oder Seitenwand des Gehäuses montieren.
Insgesamt sind sieben Steckplätze (6 ¥ AMC, 1 ¥ MCH) vorgesehen. Die Wärme-Ableitung übernimmt eine steckbare, herausziehbare Lüftereinheit mit Filter und zwei Axiallüftern. Das Gehäuse ist vollständig montiert, mit Backplane bestückt, verdrahtet sowie geprüft und wird serienmäßig mit einem integrierten AC/DCNetzteil mit 250WLeistung geliefert. im


Wilfried Braun

ist Director International Product Management Electronic Systems bei Rittal in Herborn.


Literatur-Tipp: ATCA-Fachbuch

Ralf Kuhlmann, Geschäftsführer von Rittal Elektronic Systems, hat im Sommer 2007 ein deutschsprachiges Fachbuch zur AdvancedTCA-Technologie in den Handel gebracht, das auch das Thema MicroTCA für industrielle Anwendungen behandelt.

Sowohl Elektronikspezialisten als auch engagierte „Noch-Laien“ erhalten auf 256 Seiten umfassendes Grundlagen- und Spezialistenwissen zu der Plattform für Telekommunikations- und Industriesysteme.

Das Nachschlagewerk mit dem Titel „ATCA – die Plattform der Zukunft für Telekommunikationssysteme“ (ISBN 978-3-7723-4129-2) ist im Franzis-Verlag erschienen und kostet 69 Euro.

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