Industrial-Ethernet-Kommunikation

Auch Siemens setzt jetzt auf TSN

19. April 2018, 12:01 Uhr | Andreas Knoll
TSN ermöglicht eine noch robustere und zuverlässigere Ethernet-Kommunikation zwischen Maschinen und Anlagen auch unter hoher Netzwerklast.
© Siemens

Das kommende Industrial Ethernet TSN ist in aller Munde – aber von Siemens war dazu bisher wenig zu hören. Das ändert sich jetzt: Auf der Hannover Messe zeigt das Unternehmen anhand eines Robotik-Messemodells, wie OPC UA Pub/Sub auf Basis von TSN auf der Steuerungsebene zum Einsatz kommt.

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TSN (Time-Sensitive Networking) ermöglicht laut Siemens eine noch robustere und zuverlässigere Ethernet-Kommunikation zwischen Maschinen und Anlagen auch unter hoher Netzwerklast. Das Unternehmen betrachtet TSN nicht als Kommunikationsprotokoll, sondern als Basistechnologie, die die bestehenden Ethernet-Mechanismen um QoS-Funktionen (Quality of Service), Bandbreitenreservierung, Synchronisation, kurze Latenzzeiten und stoßfreie Redundanz erweitert. »TSN ermöglicht es, mehrere echtzeitfähige Protokolle in einem einzigen Netzwerk parallel zueinander zu betreiben«, erläutert Matthias Gaertner, Produktmanager im Bereich Digital Factory von Siemens. »Das ist ein fundamentaler Unterschied zu heutigen Ethernet-basierten Echtzeitprotokollen, bei denen das Netzwerk nur ein einziges echtzeitfähiges Protokoll zulässt.« TSN setze sich aus einer Reihe von Einzel-Standards zusammen, die ausschließlich den OSI-Layer 2 der Kommunikation beträfen. Dadurch bleibe die Anwenderschnittstelle auch mit TSN unverändert.

Im Robotik-Messemodell in Halle 9, Stand D35, kommt OPC UA Pub/Sub (Publisher/Subscriber) zusammen mit TSN für die Kommunikation zwischen Maschinensteuerungen zum Einsatz. Durch seine Zuverlässigkeit bietet TSN Siemens zufolge entscheidende Vorteile für die Automatisierung, etwa in der Automobilindustrie, dem Maschinenbau sowie der Lebensmittel- und Getränke-Industrie. Die ersten Produkte des Unternehmens mit TSN-Funktionen – Netzwerkkomponenten, Kommunikationsprozessoren, Software und Netzwerk-Management-Devices – sollen Ende 2018 verfügbar sein.

Das Messemodell besteht aus zwei Robotern, die jeweils über Profinet mit einer Simatic-Steuerung kommunizieren und dabei synchronisierte Bewegungen zeigen. Die Synchronisation zwischen den beiden Steuerungen erfolgt über das TSN-Netzwerk mit OPC UA Pub/Sub auf Basis von TSN. Wichtig ist dabei Siemens zufolge das Pub/Sub-Prinzip: Ein Publisher wie etwa eine Maschinensteuerung stellt Daten in das Netzwerk, die allen Subscribern zur Verfügung stehen. Die Subscriber „entscheiden“ dabei selbst, ob sie die Informationen benötigen. Über eine Bandbreitenreservierung ist die Datenübertragung im TSN-Netzwerk garantiert und unabhängig von der Auslastung genau vorhersagbar.

Das Messemodell greift so die Vorteile von OPC UA mit TSN auf: So vereint TSN existierende Standards und optimiert Ethernet durch erweiterte QoS-Mechanismen, Zeitsynchronisation, geringe Übertragungslatenz und stoßfreie Redundanz. Vor allem die QoS-Priorisierungen bringen Anwendern mit hohen Anforderungen an eine zuverlässige Kommunikation laut Siemens große Vorteile: Sie sichern den Applikationen ihren jeweiligen Kommunikationsbedarf durch eine Bandbreitenreservierung mit vorhersagbaren Latenzzeiten. Zusätzlich wird im Modell die Koexistenz der TSN-Kommunikation mit einer Standard-Ethernet-Kommunikation gezeigt. Dazu werden Daten über einen Kommunikationsprozessor aus der Steuerung in die MindSphere-Cloud übertragen.

TSN hat Siemens zufolge jetzt die nötige technische Reife (einschließlich Standards) erreicht. Dies zeige sich daran, dass erste entsprechende Bausteine als Hardware-Basis verfügbar seien, was es Siemens ebenso wie anderen Herstellern erlaube, bestehende industrielle Netzwerke um neue Anwendungsmöglichkeiten zu erweitern.

Auch der nächste Schritt mit Profinet auf Basis von TSN wird in einer Live-Demonstration den Besuchern der Hannover Messe 2018 gezeigt, und zwar am Stand von PI (Profibus & Profinet International) in Halle 9, Stand D68.


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