Ist Open-Source immer Trumpf?

9. Februar 2009, 10:12 Uhr | Andreas Knoll, Markt&Technik
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Ist Open-Source immer Trumpf?

Powerlink-Protokoll-Software ist komplex und speziell. Könnte es sein, dass sich nicht genügend Interessenten finden, die sich an der Weiterentwicklung und Aktualisierung des Open-Source-Stacks beteiligen?

Ja, natürlich, das kann durchaus sein.

Wenn sich genügend Interessenten für die Weiterentwicklung finden: Wie funktioniert die Qualitätssicherung, und wie wird gewährleistet, dass das Ganze in geordneten Bahnen verläuft?

Wie bei allen Open-Source-Projekten durch die Community. Der Entwicklungsprozess auf Basis der Community umfasst hervorragende Mechanismen zur Qualitätssicherung. Wenn sich aber keine Community bildet, kann ein Projekt natürlich auch verkümmern. Dies ist aber ein ganz normaler evolutionärer Prozess, mit dem man herausfindet, ob sich ein Projekt für Open-Source eignet oder nicht. Je allgemeiner die Anwendung einer Software und je größer der potenzielle Nutzerkreis ist, desto eher ist ein Projekt für Open-Source geeignet und desto eher bildet sich eine Community.

Welche Projekte verfolgt OSADL bezüglich Echtzeit-Ethernet?

Zur Zeit ist kein Echtzeit-Ethernet-Masterstack im Mainline-Linux, d.h. im offiziellen Linuxkernel von kernel.org, enthalten. Das wollen wir ändern, damit die Anwendung, Wartung und Weiterentwicklung der Stacks vereinfacht wird. Es ist unser Ziel, dass Linux in Zukunft die üblichen Technologien wie etwa Ethercat, Powerlink, Profinet und Sercos 3 genauso unmittelbar unterstützt wie es heute bei Standard-Ethernet der Fall ist. Aus technologischen und lizenzrechtlichen Gründen ist dies aber sicher noch ein langer Weg. Es sieht so aus, dass Powerlink dieses Ziel wohl zuerst erreichen wird.

Warum in Linux?

Momentan ist Linux das für den Maschinenbau und für die Automatisierungsindustrie am besten geeignete Open-Source-Betriebssystem. Aber OSADL ist nicht an Linux gebunden. Sollte sich in Zukunft herausstellen, dass ein anderes Open-Source-Betriebssystem besser für Maschinenbau und Automatisierung geeignet ist und die Mehrheit der OSADL-Mitglieder sich dafür ausspricht, dann wird OSADL es natürlich unterstützen.

Zum Thema Ethercat: Warum ist Ethercat nur exklusiv für OSADL-Mitglieder verfügbar?

Wegen der lizenzrechtlichen Lage. Grundsätzlich entwickelt, unterstützt und verteilt OSADL ja ausschließlich Open-Source-Software. Wir haben dementsprechend auch die Arbeiten am Ethercat-Masterstack als OSADL-Projekt durchgeführt, weil wir aufgrund der Aussagen der Ethercat Technology Group zunächst davon ausgegangen sind, dass es sich bei der angebotenen Implementierung des Ethercat-Masterstacks um Open-Source-Software handelt.

Als sich herausstellte, dass die fehlende Freistellung seitens Beckhoff eine generelle Veröffentlichung eines angepassten Ethercat-Masterstacks durch das OSADL unter der GNU General Public License unmöglich macht, haben wir beschlossen, in diesem besonderen Fall die Software exklusiv für unsere Mitglieder bereitzustellen, weil wir sonst unsere Investition umsonst getätigt hätten.

Die Firma Linutronix hat den Masterstack im Auftrag von OSADL an Mainline-Echtzeit-Linux angepasst. Interessierte OSADL-Mitglieder müssen natürlich einen Lizenzvertrag mit Beckhoff abschließen, denn es handelt sich ja eben nicht um Open-Source-Software, sondern um ein proprietäres Verfahren, an dem Beckhoff bisher unwidersprochene Rechte besitzt.

OSADL-Mitglieder, die den Masterstack nutzen wollen, müssen darüber hinaus noch einen speziellen Lizenzvertrag mit dem belgischen Forschungsinstitut FMTC abschließen, der neben den Nutzungsrechten an einer früheren Version der Software auch Regelungen zu dem irrtümlich unter einer Open-Source-Software erfolgten Release enthält.

Was ist konkret bei Powerlink geplant?

Wir wollen den Powerlink-Quellcode anpassen, so dass er sich in den Mainline-Linuxkernel aufnehmen lässt, was derzeit noch nicht der Fall ist. Wir arbeiten daran, dass Powerlink in Zukunft im normalen Linuxkernel enthalten sein wird und dadurch ohne weiteren Aufwand in einer Linux-Distribution verfügbar gemacht werden kann.

Will OSADL in punkto Sercos 3 und Profinet selbst einen Stack entwickeln oder einen existierenden nutzen?

Hier geht es zunächst nur um die Integration der genannten Protokolle in unser Feldbus-Framework. Weder Sercos 3 noch Profinet lassen sich derzeit unter einer Open-Source-Lizenz weitergeben, so dass OSADL diese Stacks momentan nicht entwickeln kann.

Wie weit sind die Projekte gediehen? Wann ist mit einer Fertigstellung zu rechnen?

Unser Feldbus-Framework befindet sich derzeit in einer wichtigen Phase. Wir hoffen sehr, dass wir spätestens Anfang März auf der Embedded World, auf der OSADL mit einem großen Gemeinschaftsstand vertreten ist, Details zur Implementierung und zum Zeitplan bekanntgeben können. Dieses Projekt ist dabei nur eines von vielen; andere aktuelle OSADL-Projekte betreffen unter anderem die kontinuierliche Weiterentwicklung und Wartung von Echtzeit-Linux, Kernel-Virtualisierung, Support weiterer Prozessor-Architekturen sowie Zertifizierungen und Treiber für andere speziell im Maschinenbau und in der Automatisierungsindustrie eingesetzte Komponenten.

Sind dabei lizenzrechtliche Probleme zu befürchten?

Im Falle von Powerlink gibt es sicher keine lizenzrechtlichen Probleme, weil die für Powerlink gewählte BSD-Lizenz allgemein akzeptiert und unkompliziert ist.


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