Widerstandsfähigkeit und Flexibilität ist das A und O, um in Zeiten geopolitischer und wirtschaftlicher Herausforderungen erfolgreich zu sein. KI, Data Science, digitale Zwillinge sowie Sensor-, Steuerungs- und Vision-Techniken spielen bei der Entwicklung von Automatisierungslösungen die Hauptrolle.
Die aktuellen Entwicklungen rund um Fachkräftemangel, Ukraine-Krieg und Nahost-Konflikt erhöhen das Risiko weiterer geopolitischer und wirtschaftlicher Herausforderungen. Zeitgleich wächst der Druck, Rahmenbedingungen für die Berücksichtigung von Umwelt-, Nachhaltigkeits- und Sozialfragen (Environmental, Social, Governance, ESG) in die betriebliche Entscheidungsfindung einzubeziehen. Industrieunternehmen reagieren, indem sie ihre Geschäftsmodelle widerstandsfähiger und flexibler machen und ihre weltweiten Lieferketten und Partnerschaften überdenken. In diesem Zusammenhang erläutert Omron Europe die sechs wichtigsten Trends, die die industrielle Automatisierung im Jahr 2024 und darüber hinaus beeinflussen werden.
Die teilweise dramatischen Lieferengpässe der jüngsten Vergangenheit haben gezeigt, wie fragil internationale Supply Chains sind. Viele Hersteller stellen nun ihre langen, komplexen Lieferketten sowie die ausgelagerte Produktion in Frage. Unternehmen setzen vermehrt auf lokale Fertigung, um sich gegen künftige Risiken abzusichern und die Entfernung zu den Kunden zu verringern. Hersteller wollen diesen Strategiewechsel mit Unterstützung ihrer Automatisierungspartner umsetzen. Sie wünschen sich anpassbare, universelle Lösungen, die sich in verschiedenen Regionen nutzen lassen. Außerdem steht eine standardisierte Fertigung hoch im Kurs, damit Kunden unabhängig vom Herstellungsort stets das gleiche Produkt bekommen. Hierfür sind hohe Investitionen in Innovationen, ein gemeinsames, grenzüberschreitendes Design- und Entwicklungskonzept sowie ein starkes Netzwerk von Systemintegratoren erforderlich.
Versorgungskrisen haben auch dazu geführt, dass Produkt und Preis bei der Kaufentscheidung heutzutage eine geringere Rolle spielen und Nähe und Erfahrung immer wichtiger werden. Hierdurch ändert sich die Art und Weise, wie Hersteller mit ihren Automatisierungspartnern agieren. Sie wollen nicht länger ein »System« kaufen, sondern eine »Lösung«, und Service und Support haben mehr Gewicht als je zuvor. Statt sich auf ein produktorientiertes Geschäftsmodell zu fokussieren, sollten Unternehmen einen lösungsorientierten Ansatz entwickeln, bei dem die Customer Experience im Mittelpunkt steht. Hersteller müssen verstehen, wie ihre Probleme gelöst werden können, damit sie investieren.
Die Umstellung auf eine flexible Fertigung gewinnt an Dynamik und ermöglicht es Herstellern, sich bei Bedarf schnell anzupassen. Die HMLV-Fertigung (High-Mix-Low-Volume) hat ein neues Niveau der Personalisierung erreicht – vor allem in der Pharmaindustrie. Flexible Arbeitsabläufe, die nahtlos zwischen verschiedenen Produkten wechseln können, prägen die lokalisierte Produktion. Die größte Herausforderung bei der flexiblen Fertigung besteht jedoch darin, sie finanziell tragfähig zu machen. Dabei ist die Verbindung von Operational Technology (OT) und Information Technology (IT) der Schlüssel, um Fertigungskosten zu optimieren. Mithilfe eines Digital-Twin-Ansatzes können Unternehmen ihre Produktion neugestalten und Änderungen in einer virtuellen Umgebung testen. Dies verkürzt nicht nur die Entwicklungszeit, sondern mindert auch Risiken und optimiert Projektkosten.
Neben dem Einsatz von Virtual Reality zur Kostenoptimierung werden Hersteller zunehmend auf die Überwachung und Kontrolle von Maschinen in der realen Welt setzen, um flexible, lokalisierte Fertigungsabläufe effizienter und nachhaltiger zu gestalten. Unternehmen aller Branchen wollen den Rohstoff- und Energieverbrauch senken und suchen bei ihren Automatisierungsanbietern nach Antworten. Im Fertigungsumfeld kann die Datenerfassung und -analyse in Verbindung mit leistungsstarken Steuerungssystemen zu Verbesserungen führen.
Eine weitere Herausforderung, die mit der flexiblen Fertigung einhergeht, ist die Einhaltung von Sicherheits- und Qualitätsstandards. Denn je mehr Variablen es im Produktionsmix gibt, umso größer ist das Potenzial für Fehler und Probleme. Weil Unternehmen zunehmend einer öffentlichen Prüfung unterzogen werden und ein Ruf in kürzester Zeit zerstört werden kann, nehmen Unternehmen das Thema Sicherheit ernster denn je. Dies treibt die Entwicklung automatisierter Inspektionssysteme auf KI-Basis voran, die die Sicherheit, Integrität und Qualität jedes einzelnen Produkts gewährleisten – selbst bei Losgröße Eins.
Im Alltag mag die Allmacht der KI als Bedrohung empfunden werden, doch in der industriellen Automatisierung stellt sie eine riesige – und noch weitgehend ungenutzte – Chance zur kontinuierlichen Verbesserung der Systemleistung dar. Beispielsweise hilft KI in Robotik, Steuerungen und Bildverarbeitungssystemen, sehr kleine Defekte in spiegelnden Oberflächen zu identifizieren oder Staus in Verpackungsmaschinen zu erkennen. KI hat zudem das Potenzial, verbesserte Connectivity zwischen Fertigungssystemen herzustellen sowie Erkenntnisse und Muster aufzudecken, die für den Menschen nicht offensichtlich sind. So lässt sich die Produktivität abermals steigern.
»In den kommenden Jahren wird der Übergang zu einem neuen Paradigma der vollständig flexiblen Fertigung vorherrschen und die Richtung von Automatisierungsentwicklungen bestimmen«, erläutert Fernando Colás, CEO von Omron Industrial Automation Europe. »Unternehmen werden so in die Lage versetzt, aktuelle und künftige Supply-Chain-Herausforderungen anzugehen und gleichzeitig die Anforderungen der Kunden zu erfüllen. Parallel dazu werden wir die Entwicklung einer autonomeren Fertigung erleben, die Qualität, Sicherheit und Nachhaltigkeit in den Vordergrund stellt.«