KI-gestützte optische Inspektion

Mittels KI PCB-Fehler im Nanobereich finden

17. Oktober 2024, 9:00 Uhr | Bruno Ménard / ak
Transistoren auf einer Leiterplatte können viele kleine Abweichungen aufweisen, die sich auf die Leistung auswirken können oder auch nicht.
© Teledyne

Mithilfe von Machine Learning und KI-basierten Softwaresystemen lassen sich Geschwindigkeit und Genauigkeit der Qualitätskontrolle bei der Produktion elektronischer Leiterplatten erhöhen. Die »Sapera Software Suite« von Teledyne vereinfacht solche Anwendungen und benötigt dafür nur wenige Beispiele.

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Die Größe und Bedeutung der Mobiltelefonbranche hat Investitionen und Innovationen in vielen anderen Branchen vorangetrieben, von der Bildverarbeitung über die Software bis hin zur Metallurgie. Nur wenige Branchen waren von dieser Entwicklung so betroffen wie der Halbleitermarkt, wo die Nachfrage nach höherer Leistung in kleineren Gehäusen seit Jahrzehnten ungebrochen ist. Kürzlich hat Apple seine neuesten iPhones vorgestellt, von denen einige mit den A17-Bionic-Chips ausgestattet sind. Die Chips werden mit einem neuen 3-nm-Fertigungsprozess von TSMC hergestellt. Berichten zufolge kauft Apple von ihnen alles auf, was TSMC herstellen kann. Angeblich sind sie kleiner, schneller und energieeffizienter als ihre 5-nm-Vorgänger. Nach Angaben von Apple verfügt jeder Chip über 19 Milliarden Transistoren, einige davon so klein, dass ihre Elemente nur 12 Siliziumatome breit sind.

Der gleiche Druck besteht auch bei der Herstellung von Leiterplatten: Berichten zufolge wird Apple für sein neues Leiterplattenmaterial auf RCC-Folie (Resin Coated Copper) umsteigen, wodurch das Unternehmen die Leiterplatten noch dünner machen kann. Dies wird eine Herausforderung für die Hersteller sein, weil RCC-Folien sehr empfindlich sind. Forscher haben in der IEEE veröffentlicht, dass dieses Material besonders anfällig für Hitze und Druck im Laminierungsprozess ist.

Es reicht nicht aus, innovativ zu sein - man muss auch Gewinn machen. Ein neuer Bericht von The Information beschreibt die günstigen Bedingungen, die sich Apple gesichert hat, um seine Kosten niedrig zu halten: Im Gegenzug für die riesigen Aufträge muss TSMC die Kosten für fehlerhafte Prozessorchips übernehmen. Während Unternehmen wie TSMC ihre Wettbewerbsfähigkeit mit der Entwicklung kleinerer Prozessknoten zur Verringerung der Chipgröße und des Stromverbrauchs anpreisen, werden sie auf der Qualitätsseite vor großen Herausforderungen stehen.

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AOI-Systeme für die Qualitätsprüfung von PCB

Beispiele für Fehler an Leiterplatten
Beispiele für Fehler an Leiterplatten
© Teledyne

Für viele Unternehmen ist die Qualitätskontrolle der größte Engpass in der Herstellungskette von Leiterplatten, einschließlich der Zuverlässigkeitsprüfung und der Nachbearbeitung fehlerhafter PCBs. Eine Verbesserung der Geschwindigkeit und Effizienz der Qualitätskontrolle kann die Produktionsausbeute und den Durchsatz erheblich steigern und so die Herstellungskosten und den Ausschuss verringern.

Die meisten Leiterplattenhersteller verwenden automatische optische Inspektionssysteme (AOI) zur Überwachung von Fehlern an ihren Leiterplatten. AOI-Systeme liefern aussagekräftige Ergebnisse bei Fehlern an den Lötstellen sowie an Anschlüssen, Pads und Leiterbahnen auf Leiterplatten.

AOI-Systeme erweisen sich auch als nützlich für die frühzeitige Erkennung von Problemen, die während der Montage auftreten, wie unter anderem Kurzschlüsse, offene Schaltkreise, dünne Lötstellen oder Kratzer auf Leiterbahnen. Besonders Kratzer können für eine Leiterplatte »tödlich« sein, weil sie ihre elektrischen Eigenschaften verändern und so möglicherweise zu einer völligen Fehlfunktion des fertigen Produkts führen.

AOI-Systeme haben den Vorteil, dass sie sich direkt am Ende der Leiterplattenproduktionslinie, vor der Laminierung und dem Ätzen, einsetzen lassen und so mögliche Fehler früher als andere Methoden entdecken. Bildgebende Systeme erfassen hochauflösende Bilder mit einer Auflösung von bis zu einigen Mikrometern und vergleichen diese dann mit Bildern einer »perfekten« Modellleiterplatte (auch als »goldene Leiterplatte« bekannt) oder mit einer Bilddatenbank, die sowohl akzeptable als auch fehlerhafte Muster enthält.

AOI-Systeme führen nicht nur Tests an der zu bestückenden Leiterplatte durch, sondern können auch den Fertigungsprozess selbst überwachen. Bestückungsautomaten können auf erkannte Fehler in Echtzeit reagieren und Bestückungsfehler wie Fehlplatzierungen und Ausrichtungsfehler korrigieren.

Von der konventionellen zur künstlich intelligenten Bildverarbeitung

Bruno Ménard, Software Director, Teledyne Dalsa
Bruno Ménard, Teledyne Dalsa: »Mithilfe von Machine Learning und KI-basierten Softwaresystemen lassen sich Geschwindigkeit und Genauigkeit bei der Qualitätskontrolle von Leiterplatten schnell verbessern.«
© Teledyne

Angesichts der Nachfrage nach kleineren, leistungsfähigeren Bauteilen und der daraus resultierenden Komplexität und Feinheit von Materialfehlern ist die herkömmliche manuelle Prüfung oder regelbasierte Bildverarbeitung der Aufgabe unter Umständen nicht gewachsen. Ein Halbleiter-OEM musste eine Vielzahl feiner Defekte an PCB-Komponenten erkennen, darunter Bruch, Abrieb, Verunreinigungen, Fragmente und Luftblasen. Die herkömmliche regelbasierte Bildverarbeitung bot dafür jedoch nicht die erforderliche Genauigkeit. Die Zahl der fehlerhaften Teile, die in bestehenden Prozessen des Herstellers unentdeckt blieben, nahm zu, was die Kosten in die Höhe trieb. Nötig war daher eine neue Lösung.

Um diese Hindernisse zu überwinden, entschied sich der OEM für Machine Learning, um seine Genauigkeitsanforderungen bei der Erkennung von Defekten auf Leiterplatten und deren Komponenten zu erfüllen. Seine Wahl fiel auf die Inspektionssoftware Sapera AI von Teledyne. Die Sapera-AI-Software ermöglichte es dem Unternehmen, seine regelbasierten Algorithmen innerhalb seiner AOI-Systeme um Funktionen mit KI zu erweitern. Die Sapera-AI-Software erwies sich als sinnvolle Lösung für den OEM, weil sie ihm ermöglichte, einen Großteil seines bestehenden Systems zu nutzen und zugleich eine genauere Erkennung subtiler Defekte sicherzustellen, die bei anderen Methoden übersehen würden, etwa Bruch, Abrieb, Verunreinigungen und Fragmente.

Mit Sapera AI erreichte der OEM eine Genauigkeit von 98 Prozent bei der kontinuierlichen Klassifizierung mit einer Geschwindigkeit von 12 bis 14 ms für 200 Bilder und eine Genauigkeit von 100 Prozent für 453 gute und elf schlechte Bilder. Darüber hinaus wurde eine Genauigkeit von 99,62 Prozent bei 259 Bildern und einer Geschwindigkeit von 20 ms für die Objekterkennung erreicht, wenn gleichzeitig nach mehreren Defekten auf einem Teilebild gesucht wurde.

Dies ist bezeichnend für die großen Verbesserungen, die in den letzten Jahren beim Machine Learning erzielt wurden. Früher musste ein KI-System von Grund auf trainiert werden, was Hunderte oder sogar Tausende von Beispielbildern erforderte. Heutige Deep-Learning-Software ist jedoch oft vortrainiert, so dass die Benutzer nur noch einige Dutzend zusätzliche Bilder benötigen, um das System an ihre spezifische Anwendung anzupassen.

Das Ergebnis bei dem OEM war eine Produktionslinie, die feine Defekte auf Leiterplatten genau erkennen konnte, ohne dass eine arbeitsintensive manuelle Prüfung erforderlich war. Die KI-Funktionen boten eine zuverlässige und konsistente Alternative zur herkömmlichen regelbasierten Bildverarbeitung, die sich bei der Erkennung feiner Fehler als unzuverlässig erwiesen hatte.

Insgesamt konnte der OEM dank der Sapera-AI-Software sowohl die Genauigkeit als auch die Geschwindigkeit der Defekterkennung auf Leiterplatten erheblich verbessern, was es ihm ermöglichte, den Ausschuss zu reduzieren und zugleich qualitativ hochwertigere Produkte zu liefern, die seinen Spezifikationen entsprechen.

Vorbereitung auf das Jahr 2030

Heute erholt sich die Branche immer noch von der weltweiten Halbleiterknappheit, die im Jahr 2021 begonnen hat. Analysten wie McKinsey sagen zwar voraus, dass fast 70 Prozent des Halbleiterwachstums in den nächsten zehn Jahren von nur drei Branchen getragen werden: der Automobilindustrie, der Datenverarbeitung und -speicherung sowie der drahtlosen Kommunikation, doch diese Branchen haben noch immer mit verpassten Produkteinführungen, verzögerten Markteinführungen, höheren Preisen und gestiegenen Erwartungen zu kämpfen. Der Druck ist also groß.

Mithilfe von Machine Learning und KI-basierten Softwaresystemen lassen sich Geschwindigkeit und Genauigkeit im größten Engpassbereich bei der Produktion von Leiterplatten, der Qualitätskontrolle, schnell verbessern. Unternehmen können die Qualitätskontrolle in einen Wettbewerbsvorteil verwandeln, indem sie die Geschwindigkeit erhöhen und die Kosten senken, während sie zugleich Vertrauen in einer sehr anspruchsvollen Branche aufbauen.

Bessere Produkte könnten nur der Anfang sein. Halbleiterunternehmen sind bereits führend bei der Generierung und Analyse von Daten, aber die Einblicke, die Machine Learning und KI bieten, können auch andere Bereiche des Geschäftsbetriebs jedes Unternehmens verbessern. Vorausschauende Wartung und Erträge, F&E-Investitionen und sogar Marktstrategien und Produktoptimierung können von mehr Daten und besserem Lernen profitieren.

Der Autor

Bruno Ménard ist Software Director bei Teledyne Dalsa.


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