Windenergie

Windrad-Schwingungsanalyse aus der Ferne

28. Januar 2014, 13:25 Uhr | Nicole Wörner
Frühzeitige Erkennung von Verschleißerscheinungen minimieren die Wartungskosten und Gefahren von havarierten Rotorblättern
© Thorben Wengert / PIXELIO.de

Rotor und Turm einer Windkraftanlage können auch bei normalem Betrieb stark schwingen. Die Analyse dieser Schwingungen war bislang nur punktuell und direkt an der Anlage möglich. Wissenschaftler des Fraunhofer IOSB haben nun einen neuen Ansatz entwickelt, um das Schwingungsmuster der gesamten Anlagenstruktur aus einer Entfernung von mehreren hundert Metern zu messen.

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Windräder schwingen auch bei normalen Windgeschwindigkeiten bis zu einen Meter mit. Eine große Belastung für das Material, die zu Schäden und im schlimmsten Fall zum Ausfall der Anlage führen kann. Betreiber prüfen daher kontinuierlich, wie stark die Schwingungen sind – mit Hilfe von Sensorik, die in Turm und Rotorblättern eingebaut ist. Der Nachteil dabei: Es kann immer nur an den Stellen gemessen werden, wo Sensoren angebracht wurden. Ein umfassendes Schwingungsmuster der gesamten Anlage ist mit dieser Technologie nicht möglich. Bei Offshore-Anlagen, draußen auf dem Meer, wird es dann noch schwieriger.

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB haben sich dieses Problems angenommen. Sie haben ein System namens VibroTrack entwickelt, mit dem die Schwingungsanalyse umfassend für die gesamte Anlage und aus mehreren hundert Metern Entfernung funktioniert. Es besteht aus einem Laser, der auf die Anlage gerichtet ist und die Schwingungen auf beliebigen Stellen der Oberfläche messen kann. Damit das auch auf den beweglichen Bauteilen wie den Rotorblättern geschehen kann, führt der Laser automatisch deren Bewegung nach.

Das Trackingverfahren ist der Schlüssel

Dafür ist das Herzstück des Systems zuständig – ein IT-basiertes Trackingsystem. Die Wissenschaftler haben es intelligent mit Systemtechnik und Bildauswertung verknüpft. Kamera und Laser sind auf einem Schwenkneigekopf montiert, damit sie den Bewegungen der Rotorblätter folgen können. Die Kamera macht Aufnahmen der Anlage und leitet sie an eine Bildverarbeitungssoftware weiter. Diese erstellt aus den Daten am Computer ein virtuelles Modell der Flügel. Mit Hilfe dieser Daten wird der Schwenkneigekopf dann so angesteuert, dass der Laser den Rotorblättern folgt. Gleichzeitig sammelt die Kamera Informationen über die exakte Position des etwa zwei bis drei Zentimeter großen Laserpunkts auf dem Rotorblatt, um dessen Ausrichtung auf den drehenden Flügeln zu stabilisieren.

So lassen sich beliebig viele Punkte der Anlage im laufenden Betrieb scannen – auch aus großer Entfernung. In kurzer Zeit entstehen wesentlich umfassendere Analysen, als sie mit den fest verbauten Sensoren möglich sind. Die Messdauer ist variabel: Je langsamer die Schwingungen, desto länger misst der Laser.

Das kompakte System ist mobil und kann mit einem Fahrzeug an die gewünschte Stelle gebracht werden. Wegen der hohen Reichweite lassen sich Offshore-Anlagen auch von einem Schiff aus untersuchen – vorausgesetzt man kompensiert dessen Eigenbewegungen.

Ein Prototyp des Diagnosetools ist auf der diesjährigen CeBIT zu sehen. An einem zwei Meter großen Windradmodell am Fraunhofer-Gemeinschaftsstand (Halle 9, Stand E40) können Besucher den Weg des augensicheren Laserstrahls als grünen Punkt auf den Rotorblättern verfolgen. Auf zwei angeschlossenen Bildschirmen sind die Aufnahmen der Kamera und die Schwingungsanalyse zu sehen.


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