»Lieber stärker dezentralisieren als Stromtrassen bauen«

PV-Nachführung macht Eigenverbrauch attraktiv

11. Juli 2011, 12:34 Uhr | Heinz Arnold
Michael Heck, DEGERenergie: »Der ausgeglichene Lastgang der nachgeführten Anlagen erhöht die Eigenverbrauchsquote. Deshalb sehe ich für Photovoltaik mit intelligenter Nachführung für den Eigenverbrauch nicht nur in Deutschland eine große Zukunft.«
© DEGERenergie

Nachgeführte Photovoltaik-Anlagen zeichnen sich durch einen ausgeglicheneren Lastgang aus als starre Anlagen. Deshalb seien die nachgeführten Systeme gerade hinsichtlich des Eigenverbrauchs besonders gut geeignet, meint Michael Heck, Vice President Marketing & Sales von DEGERenergie.

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Energie & Technik: Sie erklären, dass die Nachführung von PV-Anlagen gerade für den Eigenverbrauch von Vorteil ist. Warum?

Michael Heck: Wir erleben zurzeit eine heftige Diskussion um einen massiven Netzausbau, und viele Menschen haben Vorbehalte gegen riesige Stromtrassen, die entstehen müssten, um die Energie aus den Offshore-Windanlagen von der Nordsee nach Süddeutschland zu transportieren. Wenn wir mehr auf Solarenergie setzen, sind solche Trassen schlicht unnötig. Denn die Photovoltaik ist prädestiniert für die dezentrale Stromerzeugung – der Strom wird dort produziert, wo er verbraucht wird. Dies gilt umso mehr, als in Süddeutschland, wo mehr Strom verbraucht wird, auch die Sonneneinstrahlung stärker ist.

Für Haushalte mag das zutreffen, aber gilt das auch für Unternehmen, die sehr viel Energie benötigen?

Natürlich. Es gibt heute schon genügend Beispiele dafür, dass sich Unternehmen mit unseren MLD-nachgeführten Anlagen selbst versorgen – wie wir das im eigenen Betrieb auch tun – und überschüssige Energie ins Netz einspeisen. Wir wissen auch von Gemeinden, die kleinere oder mittelgroße Solarparks betreiben oder konkret planen, zum Beispiel auf Konversionsflächen wie ehemaligen Mülldeponien, um sich langfristig von den steigenden Energiepreisen abzukoppeln. Auch Privathaushalte gibt es schon, die diese Chance nutzen. Schon in naher Zukunft wird es nicht unüblich sein, dass  etwa die Wohnungseigentümer in Mehrfamilienhäusern gemeinsame PV-Anlagen betreiben.

Dieses Feld ist ja schon mit starr installierten Anlagen gut besetzt…

…die Nachführung bringt aber einen Mehrertrag, der sie für die Betreiber finanziell einfach attraktiv macht. Das liegt daran, dass wir mit dem MLD-Prinzip – MLD steht für Maximum Light Detection – die Solarmodule ständig an den tatsächlichen Lichtverhältnissen ausrichten, also auch Energie aus diffusem Licht gewinnen, das durch die Wolken dringt, oder etwa von reflektierenden Wasser- oder Schneeflächen. Dieses Verfahren bringt in der Regel bis zu 45 Prozent mehr Ertrag als starre Solarmodule und um die 20 Prozent mehr als die rein astronomisch getriebene Nachführung.

Warum aber wirkt sich ihrer Meinung nach die Nachführung besonders günstig für den Eigenverbrauch aus?

Wegen des Lastgangs. Da muss ich ein bisschen ausholen: Die aktuelle Eigenverbrauchsregelung fördert gezielt die dezentrale Stromerzeugung: Wer Solarstrom für den Eigenverbrauch produziert und die Übermengen ins Netz einspeist, bekommt 12 Cent pro Kilowattstunde für jede eigen verbrauchte Kilowattstunde. Für  Stromproduzenten, die mehr als 30 Prozent ihres Ertrags selbst verbrauchen, ist die zusätzliche Vergütung noch höher – nämlich 16 Cent pro Kilowattstunde. Das lohnt sich besonders für kleine Stromverbraucher – Privathaushalte oder kleinere Unternehmen –, weil sie deutlich höhere Strompreise bezahlen als die Großindustrie.

Durch die MLD-Nachführung haben wir einen deutlich ausgeglicheneren Lastgang als mit starren Anlagen – das heißt, wir produzieren von früh morgens bis spät abends, solange die Sonne scheint, mehr Strom als starre Anlagen. Privathaushalte, die ihre Verbrauchsspitzen morgens, um die Mittagszeit und abends haben, können diese Spitzen mit nachgeführten Anlagen weitgehend abdecken. Dies gilt noch mehr für Unternehmen, die in der Regel zwischen 8 und 18 Uhr die meiste Energie benötigen. Sie können mit unserer MLD-Technologie grundlastfähige PV-Anlagen betreiben. Kurz: Der ausgeglichene Lastgang erhöht die Eigenverbrauchsquote. Ich bin überzeugt, gerade vor diesem Hintergrund hat die Photovoltaik mit intelligenter Nachführung für den Eigenverbrauch nicht nur in Deutschland eine große Zukunft.

Was aber machen Unternehmen und Privathaushalte im Winter, wenn es lange dunkel ist? Das erhöht schließlich den Bedarf an Strom aus dem Netz erheblich.

Die Antwort sind Stromspeicher, also leistungsfähige Batterien, wie sie etwa in der Automobilindustrie eingesetzt werden. Und auch da ist die MLD-Nachführung im Vorteil. Denn durch den ausgeglichenen Lastgang wird erst recht im Winter Strom produziert, während er verbraucht wird. Man braucht also weniger Speicherkapazität, sprich weniger teure Batterien. Das senkt die Investitionskosten drastisch. Außerdem: Wenn ich meine Akkus schnell mit hohem Ladestrom befülle, brauche ich eine deutlich teurere Akku-Technologie, als wenn ich einen kontinuierlichen, niedrigeren Ladestrom liefere. Und genau den liefern MLD-nachgeführte Systeme. Das senkt die Kosten für die Anschaffung und sorgt für eine längere Lebensdauer des Stromspeichers. Hinzu kommt, dass die dezentrale Stromproduktion in aller Regel in der Nähe von Gebäuden stattfindet. Also kann ich die Batterien im Gebäude bei gleichmäßigen Temperaturen lagern. Auch das wirkt sich positiv auf ihre Lebensdauer aus.


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