Der Markt für PV-Anlagen für die Eigenversorgung steht vor einem Boom

»Deutschland sollte wieder die Pionierrolle übernehmen«

12. August 2011, 16:03 Uhr | Heinz Arnold
Michael Heck, DEGERenergie: »PV-Anlagen auf Basis von Nachführungen in Kombination mit Batterien und der Ladeelektronik machen dezentral erzeugte Energie wirtschaftlich sinnvoll.«
© DEGERenergie

Den in den Photovoltaikanlagen erzeugten Strom zum größten Teil selber zu nutzen, wird zunehmend attraktiv. Allerdings geht es nicht ohne Stromspeicher. Die stellen laut Michael Heck, Vice President Marketing & Sales von DEGERenergie, kein Problem dar: »Die Technik ist da, sie muss nicht neu erfunden werden.«

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Energie & Technik: Wer seine Photovoltaikanlage vor allem dazu nutzen will, den erzeugten Strom selber zu verbrauchen, benötigt neben den eigentlichen PV-Komponenten wie Module und Wechselrichter auch einen Energiespeicher. Gerade im Hinblick auf die Speicher hat sich bisher wenig getan. Gibt es grundsätzliche Schwierigkeiten?

Michael Heck: Nein, grundsätzliche Schwierigkeiten gibt es nicht. Viele denken beim Stichwort Batterien an Elektroautos und an die hohen Preise für die Li-Ionen-Batterien. Aber für Anwendungen im Haus benötigt man meist keine Li-Ionen-Batterien, die bekannten Blei-Säure-Batterien tun es auch, denn es kommt ja in diesem Fall nicht aufs Gewicht an. Blei-Säure-Typen sind robust und kostengünstig. Auch die konstanten Umgebungstemperaturen im Keller des Hauses stellen keine besonderen Anforderungen an die Batterie.

Wie sieht es mit der Elektronik für das Laden und Entladen der Batterien aus?

Auch hier sehe ich keine grundsätzlichen Probleme, die Technik ist da und wird beispielsweise in Elektroautos verwendet, sie muss nur hier und da etwas angepasst werden. Sowohl für die Batterien als auch für die Elektronik gilt: Wir können auf vorhandene und erprobte Techniken zurückgreifen, wir müssen nicht erst neue Techniken entwickeln.   

Nun mögen es die Batterien aber meist nicht, in kurzen Zyklen ge- und entladen zu werden, das reduziert die Lebensdauer und macht die Sache teuer…

Das ist richtig, und deshalb muss aus meiner Sicht noch ein weiteres Element hinzukommen, um das Gesamtsystem wirtschaftlich zu machen: die Nachführung. Mit unserer MLD-Nachführung – MLD steht für Maximum Light Detection – erhöht sich erstens der Ertrag pro Fläche mit nachgeführten Modulen gegenüber starren Modulen erheblich – durchschnittlich um 45 Prozent. Man benötigt also für denselben Ertrag weniger Module, die heute den größten Teil der Kosten für eine PV-Anlage ausmachen. Zweitens liefern MLD-nachgeführte Module eine ausgeglichenere Energieproduktion über den gesamten Tag – im Sommer von morgens sechs bis abends acht. Es können also die Verbrauchsspitzen am Morgen und am Abend viel besser abgedeckt werden. Das führt wiederum dazu, dass die Batterien nicht so häufig geladen werden müssen und die Ladung kontinuierlich – über den gesamten Produktionszeitraum der nachgeführten Module – erfolgen kann. Deshalb kommen solche Anlagen mit kleineren Batteriekapazitäten aus, und die Batterien erreichen eine höhere Lebensdauer. Weil sich die Batterien für solche Systeme zum zweiten Kostenfresser neben den Modulen entwickeln werden, ist es besonders wichtig, auch diese Kosten über die Nachführung reduzieren zu können.

Die Besitzer von PV-Anlagen, die fest auf dem Dach angebracht sind, werden künftig also das Nachsehen haben?

Die bereits installierten Anlagen sind fest im EEG verankert und beziehen daraus ihre Einspeisevergütung. Erweiterungen solcher Anlagen werden sich jedoch in Zukunft ganz sicher mit dem Thema Nachführung auseinandersetzen. Diese Anlagen können ja auch im Garten, auf der Garage oder an der Hauswand angebracht werden.

Ist für auf Eigenverbrauch ausgelegte PV-Anlagen noch ein weiteres System im Haus erforderlich, das entscheidet, wann es sinnvoller ist, den Strom selber zu verbrauchen und wann es sinnvoller ist, ins Netz einzuspeisen?

Aktuell ist es immer sinnvoller den Strom selber zu verbrauchen. Dies regelt das EEG. Jedoch gibt es am Markt schon Systeme, die auch Einfluss auf die Verbraucher – also Waschmaschine, Trockner und Ähnliches – nehmen und diese einschalten wenn die Sonne scheint. Bei einem System mit Batterien werden in diesem Fall dann eben die Batterien geladen.

Sie gehen also davon aus, dass hier ein neuer Markt für PV-Anlagen entsteht, die vor allem auf den Eigenverbrauch ausgerichtet sind?

Ich gehe davon aus, dass es in naher Zukunft noch mehr Firmen geben wird, die Komplettsysteme anbieten, einschließlich der Batterien und der dafür erforderlichen Elektronik. Wir sind bereits in Gesprächen sowohl mit Batterieherstellern als auch mit Anbietern kompletter Systeme.

Wäre das die Antwort auf die weltweit sinkenden Einspeisevergütungen für die Photovoltaik?

Ja, weil der Eigenverbrauch jetzt interessant wird. Ab 2012/2013 wird dieser Markt gewaltig wachsen, nicht nur in Deutschland. Denn auch andere Länder wie Spanien und Kanada schauen sich jetzt die Eigenverbrauchs-Regelung in Deutschland genau an und wollen sie übernehmen. Deutschland könnte also wieder eine Pionierrolle in der Photovoltaik einnehmen, diesmal hinsichtlich des Eigenverbrauchs.

Könnten deutsche Firmen auch wieder eine technische Pionierrolle einnehmen?

Zumindest bietet der neu entstehende Markt große Chancen. Viele deutsche Firmen haben das Know-how schon oder können es sich schnell aufbauen. Außerdem wird es viel Raum für kleinere und mittlere Unternehmen geben, die sich auf Anlagen für Eigenheime sowie kleine und mittlere Unternehmen spezialisieren, die jeweils besondere Anforderungen stellen.

Im Moment macht vor allem die Erzeugung von Energie in großen Windparks an Land und vor allem auch im Meer Schlagzeilen. Ist die Photovoltaik etwas aus dem Blickwinkel geraten?

Sie steht jedenfalls nicht mehr ganz im Zentrum. Wir wollen deshalb auch auf politischer Ebene darauf hin wirken, dass die Verantwortlichen die Vorteile der dezentralen Energieproduktion erkennen. Nachgeführte PV-Anlagen in Kombination mit Batterien können in Zukunft ein wichtiger Baustein im Energiemix werden. Sie werden Windparks sicher nicht überflüssig machen, aber vielleicht müssen nicht so hohe Kapazitäten aufgebaut werden und vielleicht müssen nicht so viele neue Stromtrassen gebaut werden, die die Bevölkerung sowieso nicht will.


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