Über eine Funkschnittstelle ist jedes MiniVersum mit der Zentrale des Unternehmens verbunden. Mit der Leipziger Strombörse EEX vernetzt, könnten künftig sogar die jeweils günstigsten Strompreise genutzt werden.
Weil das Unternehmen seinen Sitz in Hamburg hat, lag es nahe, erst einmal vor Ort die MiniVersen und ihre Vernetzung zu testen. Weil das Know-how darüber, wie die sie gesteuert werden müssen, ein zentrales Differenzierungsmerkmal ist, hat EnVersum diese Steuerung selber entwickelt und hält Patente darauf. Jedes MiniVersum ist mit dieser Steuerung ausgestattet, in einem Mehrfamilienhaus übernimmt EnVersum auch die Messdienstleistung.
»Wir definieren ein virtuelles Kraftwerk über zwei wesentliche Eigenschaften: Dezentrale Energiestationen und eine zentrale Steuerung«, so Ogilvie. Und für die MiniVersen gilt: Sie sind fast ausschließlich wärmegeführt, die Netzeinspeisung findet ausschließlich in Phasen der Wärmebereitstellung sowie der Befüllung des Puffer- und Trinkwasserspeichers statt. Die Eigenstromversorgung bildet also den wesentlichen Aspekt.
Bis Mitte nächsten Jahres will EnVersum Regelenergie liefern. Die Voraussetzung dafür ist, mindestens 15 MW anbieten zu können, ab dieser Schwelle darf an der EEX in Leipzig gehandelt werden. Je nachdem, wie viel Kilowattstunden benötigt werden, schaltet der Computer der EnVersum- Zentrale beliebig viele Kraftwerke zu oder wieder ab, wobei die Energieversorgung der Kunden nicht beeinträchtigt wird. Herrscht im öffentlichen Netz ein Überangebot, so kann EnVersum die Stromeinspeisung drosseln oder mit dem MiniVersum sogar Teile des Überschusses verbrauchen. Bei erhöhter Nachfrage hingegen kann EnVersum zusätzlich Strom einspeisen.
Positive und negative Regelenergie
Interessant ist also, dass EnVersum neben positiver auch negative Regelenergie anbieten kann. Weil derzeit die negative Regelenergie wegen des schnell steigenden Anteils der fluktuierenden Windenergie an Gewicht stark gewinnt, ist das laut Ogilvie ebenfalls ein deutlicher Differenzierungsfaktor. Dabei zielt er ausschließlich auf die Minutenreserve ab, »für zentral gesteuerte BHKWs der einzig sinnvolle Bereich.«
Was die Vermarktung der MiniVersums betrifft, so führt EnVersum keine großen Werbekampagnen durch, sondern setzt rein auf den eigenen Online-Auftritt und auf soziale Netzwerke, über die die Kunden ihre Erfahrungen austauschen. »Die Mund-zu-Mund-Propaganda funktioniert gut. Wir erhalten derzeit zwischen fünf und acht Anfragen pro Tag«, so Ogilvie. Die Interessenten müssen über die Homepage von EnVersum einen Fragebogen ausfüllen. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, erfolgt der Einbau innerhalb von drei bis vier Tagen.
Dazu hat EnVersum mit derzeit über 32 Installationsfirmen Verträge abgeschlossen, die den Einbau tatsächlich umsetzen kommen. »Es kommt hier wirklich darauf an, Firmen zu finden, die über das technische Know-how und die sonstigen Ressourcen verfügen, die dazu erforderlich sind. Das ist keine Kleinigkeit und wir sind stolz darauf, jetzt über ein solches Netz an Installateuren zu verfügen«, sagt Ogilvie.
Aber wie gesagt, EnVersum steht erst am Anfang. Seit dem 1. 8. 2010 ist das Unternehmen nicht nur in Hamburg, sondern auch im gesamten Bundesgebiet aktiv. Genkel: »Wir haben relativ viel Zeit mit internen Tests verbracht, um sicher zu sein, ein verlässliches System anbieten zu können, dessen Motoren zuverlässig arbeiten und dessen Vernetzung funktioniert.«
Bis Ende kommenden Jahres will Ogilvie zusätzlich mindestens 150 Anlagen installiert haben. Dann wird EnVersum dem eignen Ziel, zu einem bundesweit aktiven Gas- und Stromlieferanten aufzusteigen, einen wichtigen Schritt weiter gekommen sein. Und damit auch dem großen Ziel, die kritische Masse an MiniVersen zu installieren, um sie zu virtuellen Kraftwerken zusammen schalten zu können.
Dazu müssen allerdings die Kosten der MiniVersen sinken. Ein hoher Kostenfaktior sind die Motoren, Ogilvie ist sich sicher, dass hier weitere Möglichkeiten bestehen, die Kosten zu senken. Außerdem will Genkel auch die Größe der BHKWs um kleinere Typen erweitern, so dass sich der Einsatz für Haushalte lohnt, die deutlich unter 80.000 kWh pro Jahr benötigen.
Damit sieht Ogilvie sich in Hinblick auf die Wettbewerbslandschaft gut positioniert. Neben Lichtblick rechnet er mit zwei oder drei weiteren Firmen, die bereits in den Startlöchern stehen und demnächst auf den Markt kommen. Erwartet er, dass auch die großen Versorger einsteigen werden? »Wir haben uns auf dieses kleinteilige Geschäft spezialisiert, die Großen dürften daran eher weniger interessiert sein.«
Das kommende Jahr dürfte für Ogilvie und Genkel jedenfalls spannend werden, denn dann wird sich herausstellen, ob das Konzept der virtuellen Kraftwerke einschlägt.