Informationsverarbeitung für die Steuerung der Netzlasten

Kluge Netze sorgen für Energieeffizienz

1. Juni 2010, 11:12 Uhr | Heinz Arnold
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Wir müssen für die Überwachung der Stromverteilung ein vom herkömmlichen Internet abgekoppeltes System aufbauen - Dr. Feißt, Cisco

Dr. Christian Feißt, Cisco
Dr. Christian Feißt, Cisco: »Wir müssen für die Überwachung der Stromverteilung ein vom herkömmlichen Internet abgekoppeltes System aufbauen.«
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Will Cisco also seine bekannten Router und Switches jetzt auch an die Energieversorger und Netzbetreiber verkaufen? Das stimmt laut Christian Feißt so nicht. Denn der Einsatz in Energienetzen stellt ganz andere Anforderungen als die herkömmliche IT-Infrastruktur: Erstens müssen die Geräte in den Umspannwerken und auf Masten mit direkteren Wettereinflüssen, insbesondere mit Temperaturschwankungen, zurechtkommen, ähnlich wie Equipment in der Infrastruktur der Mobilfunknetze. Zweitens müssen die Geräte auch direkt etwas bewirken, beispielsweise Leitungen ab- oder zuschalten, was heute noch weitgehend manuell geschieht. »Wir arbeiten mit den Sensorherstellern zusammen, deren Sensoren beispielsweise in den Umspannwerken Spannung und Strom messen. Über bestimmte Algorithmen werden die Daten ausgewertet und kritische Zustände ermittelt, was dann zu Schalthandlungen führen kann«, erklärt Feißt.

Drittens müssen die neuen Geräte mit der bestehenden Infrastruktur kompatibel sein, denn im Stromnetz sind die Komponenten für eine Lebensdauer von 30 bis 40 Jahren und sogar länger ausgelegt. »Die können nicht auf einmal ausgetauscht werden«, so Feißt. Doch eine der größten Herausforderungen liegt darin, dass für die Kommunikation keine Standards existieren. »Im Stromnetz gibt es um die 360 verschiedene proprietäre Kommunikationsprotokolle «, erklärt Feißt. »Wir arbeiten auf einen Standard hin bzw. auf eine End-to-End-Kommunikations-Fabric, und das wird auf das Internet Protokoll zulaufen, auch wenn die etablierte Internetinfrastruktur nicht zur Übertragung dient.« Ob es sich um proprietäre Protokolle handelt, ob die Daten über Powerline Communication oder drahtlos übertragen werden, Feißt geht davon aus, dass dies alles in Richtung TCP/IP konvergieren wird. Und für die existierende Infrastruktur, die man nicht auf einmal austauschen kann und will, können Übersetzer zum Einsatz kommen. »Daran arbeiten wir, und das können wir«, so Feißt.

Ganz neu im Smart Grid ist, dass der Endverbraucher zum Teil des Systems wird. Über ein Home Energy Management können große Verbraucher im Haus wie Wärmepumpen, Trockner und Spülmaschinen energieeffizienter gesteuert werden. Über Preissignale der Stromversorger kann das System bei Bedarf Endgeräte starten oder auch abschalten. »Wenn Energie gerade knapp ist, können etwa Kühlschränke ruhig mal für eine Stunde abgeschaltet werden, das macht gar nichts aus«, meint Feißt. Intelligente Stecker machen es möglich, mit den Endgeräten zu kommunizieren.

Cisco arbeitet bereits an einem Testprojekt in Deutschland mit, in dessen Rah- men Haushalte und Büros mit intelligenter Kommunikationstechnik ausgestattet werden, von Smart Meters über Home Energy Management-Systemen bis zu den intelligenten Steckern (Smart Plugs). Zu Spitzenlastzeiten schalten die freigegebenen Geräte einfach automatisch ab, was den Verbrauch reduziert. Angebunden werden die Verbraucher über intelligente Stromzähler (Smart Meters). Zwischen 100 und 150 Euro pro Haushalt kostet ein solches Gerät einschließlich der erforderlichen Installation. Wenn die Stromversorger diese Investition übernehmen, macht es sich für sie bezahlt, weil sie ihre Netze besser auslasten können. In den USA schätzt man den Verlust für die Industrie aufgrund von Netzausfällen auf 50 bis 80 Milliarden Dollar. Kein Wunder, dass der Ausbau in solche Systeme gerade in den USA jetzt forciert wird und ein Teil des Konjunkturprogramms ist.

Allerdings warnt Feißt auch davor, Smart Metering allzu euphorisch zu betrachten. »Smart Meters mit Display alleine werden auf Dauer nicht viel bewirken, die Anwender wollen nicht dauernd aufs Display schauen. Die Kunden akzeptieren keine Einbußen im Komfort und keinen Mehraufwand.« Wenn aber alles so miteinander integriert wird, wie Feißt sich das vorstellt, dann eröffnen sich den Energieversorgern weitere Chancen: In Zeiten, in den der Markt liberalisiert wird, zählt nämlich neben der effizienten Verteilung der Energie auch die Kundenbindung. Mit zusätzlichen Services, die das Smart Grid ermöglicht, können die EVUs sich einiges einfallen lassen, um die Kunden bei Laune zu halten.

Außerdem machen Smart Grids neue Geschäftsmodelle möglich, die dann auch neue Anbieter nutzen können, die meist keine oder nur sehr wenig Energie selber herstellen. Sie hätten dann ebenfalls die Chance, ihre Margen über intelligente Tarife zu steigern.


  1. Kluge Netze sorgen für Energieeffizienz
  2. Wir müssen für die Überwachung der Stromverteilung ein vom herkömmlichen Internet abgekoppeltes System aufbauen - Dr. Feißt, Cisco
  3. Cisco und Yello: Pilotprojekt Smart Grid

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