Energiewende-Finanzierung

Bürgerenergie - der »Hidden champion« der Energiewende vor dem Ende

10. Juli 2014, 11:25 Uhr | Hagen Lang
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Fällt die Gesellschaft in den Geltungsbereich des KAGB?

Damit muss in jedem Fall einer Neugründung und des Erwerbs von Anteilen an einem Bürgerenergieprojekt geprüft und gegebenenfalls mit der BaFin abgestimmt werden, ob die Gesellschaft in den Geltungsbereich des KAGB fällt und sie die sehr hohen Standards des KAGB zu erfüllen hat. Lediglich für eng definierte Energiegenossenschaften bestehen reduzierte Dokumentations- und Anmeldepflichten gegenüber der BaFin. Der mit dem KAGB erreichte Schutz vor betrügerischen Anlage-Konzepten wird mit einem –für Bürgerenergieprojekte – sehr hohen organisatorischen und Verwaltungsaufwand erkauft, dessen Auswirkungen auf die Beliebtheit des Energiewendeträgers Bürgerenergie noch ungewiss ist. Ohne gute juristische Beratung können sich Bürgerinvestoren in der komplexen Materie künftig nur noch verlaufen.

Weitere Sorgen bereitet die Novelle des Erneuerbare Energien Gesetzes 2014. Es könne die Bürgerenergie »ausbremsen« befürchten Kritiker. Diese Furcht erhielt Nahrung, als das im Frühjahr von der Expertenkommission des Bundestages »Forschung und Entwicklung« (EFI) veröffentlichte Gutachten schlussfolgerte, das EEG verursache wohl ein Kostenexplosion, aber keine zusätzlichen Innovationen, geschweige denn eine Verminderung der CO2-Emissionen. Fazit: Es gehöre abgeschafft. »Das EEG ist weder ein kosteneffizientes Instrument für Klimaschutz, noch scheint es eine messbare Innovationswirkung zu entfalten«, kritisierte das Expertengremium EFI. »Mit diesen beiden Gründen lässt sich daher eine Fortführung des EEG nicht rechtfertigen.«

Dabei ist nicht die Abschaffung des EEG, sondern sein Umbau hin zu einer Förderung des »Direktverbrauchs« von Regenerativstrom die aktuell wichtigste Forderung der Bürgerenergie-Fürsprecher, etwa der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF). Anlog der EEG-Umlage-Befreiung eigenerzeugten Stromes bei Hausbesitzern und Gewerben sollte auch »direktverbrauchter« Strom von der EEG-Umlage befreit werden. »Direktverbrauch« meint, dass der Regenerativstrom in räumlicher Nähe zu seiner Erzeugung direkt von einem Dritten verbraucht wird, ohne das öffentliche Stromnetz in Anspruch zu nehmen. So wichtig der Eigenverbrauch für Hausbesitzer und Gewerbe sei, so wichtig sei der Direktverbrauch für Bürgerenergie-Projekte, -genossenschaften und Mieter, lautet die Argumentation.

Der Direktverbrauch von Mietshausdach-PV-Strom wurde bislang durch eine Verminderung der EEG-Umlage für direktverbrauchende Mieter mit 2 Cent/kWh gefördert. Während die Bürgerenergie-Befürworter eine Befreiung der Mieter von der EEG-Umlage analog der Regelung bei Gewerben und Hausbesitzern fordern, will die Bundesregierung nach letzten Plänen den umgekehrten Weg gehen: Direktverbraucher wie Mieter sollen die volle EEG-Umlage auf den direkt verbrauchten Strom bezahlen. Damit bräche ein wichtiger Finanzierungsbaustein vieler Bürgerenergieprojekte weg, insbesondere der sich in jüngster Vergangenheit durchsetzenden Mieterstrommodelle, die unter Beteiligung der Mieter viele BHKWs und PV-Anlagen installierten.

Auch für mittlere und große Projekte wird das EEG 2014 die finanziellen Rahmenbedingungen verschlechtern. Große Regenerativ-Energie-Anlagen sollen künftig ihren Strom direkt zu Marktpreisen vermarkten, die Vergütungshöhen sollen nicht mehr fix vorgegeben, sondern über Ausschreibungen festgelegt werden. Wenn bei sinkenden Gewinnspannen nur noch die Anbieter zum Zuge kommen, die mit den geringsten Kosten kalkulieren, könnte es mit der Idylle von Bürgerenergiegenossenschaften, Bürgerwindparks, Stadtwerken mit Bürgerbeteiligung und anderem »Graswurzelkapitalismus« bald vorbei sein. Eine aktuelle Studie der Leuphana Universität Lüneburg im Auftrag des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und des »Bündnis Bürgerenergie« kommt zu dem Ergebnis, dass die kleineren Bürgerprojekte im Direktvermarktungsmarkt das Nachsehen haben werden: »Unsere Markterhebung zeigt, dass aufgrund der geringen Größe Bürgerenergie-Akteure für die Vermarktungsunternehmen nicht besonders attraktiv sind. Es ist daher zu erwarten, dass sie von den Vermarktern zuletzt und dazu mit den schlechtesten Konditionen bedient werden. Die Folge: Bürgerenergie wird es schwer haben, sich weiter auf dem Markt zu behaupten.« Der basisdemokratische Charakter der Energiewende ginge verloren, bevor er die mediale Wahrnehmungsschwelle überschritten hat.


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