Wer eine Initiative startet, in deren Rahmen der weltweite Ausbau der Photovoltaik bis 2025 auf 300 GW pro Jahr kommen soll, erntet nicht nur Zustimmung. Die Initiatoren sind sich aber sicher: Sie und nicht die Kritiker sind die Realisten.
»Auf einen PV-Zubau von 300 GW pro Jahr weltweit und 200 GW pro Jahr allein in Deutschland bis 2025 zu kommen – das ist doch verrückt!« Diese Reaktionen sind für Karl-Heinz Remmers, den Vorstandsvorsitzenden der Solarpraxis AG, nicht Neues.
Doch nach seiner Überzeugung bleibt gar nichts anderes übrig, als die Ziele hoch zu setzen. Den Ausbau der Photovoltaik bei 52 GW zu deckeln, wie es die Bundesregierung beabsichtigt, hält er – vorsichtig ausgedrückt – für kleinmütig.
Seiner Meinung nach muss der Anteil der Photovoltaik kräftig ausgebaut werden, die Photovoltaik muss aber auch eine Partnerschaft mit den anderen erneuerbaren Energien von Solarthermie über Wind bis Geothermie und Biomasse eingehen. »Und wir müssen über die Elektrizität hinausdenken«, so Remmers. Wasserstoff und Power to Gas sind die Stichworte.
Erst in Kooperation aller erneuerbarer Energien könne getan werden, was seiner Meinung nach unbedingt erforderlich ist: ein völlig neues Energiesystem zu schaffen: »Das ist keine kleine Änderung, sondern eine Revolution: Das alte System wird zerstört und durch ein neues ersetzt«. Dass die Photovoltaik einen Anteil von 5 Prozent an der Energieerzeugung erreicht, das darf für ihn nicht das Ende sein, im Gegenteil: »Das ist der Start, da geht es erst richtig los!«
300 GW – ist doch gar nicht so viel
Christian Breyer vom Lemoine Institut hält die Zahl von 300 GW für gar nicht so gigantisch wie sie auf den ersten Blick aussieht. Er überschlägt kurz, dass 300 GW unter Berücksichtigung des Bevölkerungswachstums (10 Mrd. Menschen in diesem Jahrhundert) einen Anteil von 25 Prozent an dem Gesamtenergiebedarf decken würden. Das hält er für ein gesundes Verhältnis, den Rest müssten andere erneuerbaren Energien zur Verfügung stellen. Für PV spricht für ihn vor allem, dass die Energieerzeugung ohne bewegliche Teile erfolgen kann, dass die Anlagen sehr langlebig sind und dass sie sich sowohl für dezentrale als auch für die dezentrale Energieerzeugung eignet: »Diese Kombination ist einzigartig.«
PV sei auch kein Problem für die Übertragungsnetze: »Offshore-Windkraft schafft Netzengpässe, nicht PV.« Ein weiterer interessanter Punkt: »Die Transformation des Energiesystems treiben die Bürger voran, weniger die Regierungen und schon gar nicht die Versorger«, so Breyer.
Auch Prof. Eike Weber, Leiter des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme ISE, hält 300 GW für realistisch. Ob dann am Ende PV ein Viertel oder ein Drittel zur Energieerzeugung beitragen wird, stelle sich noch heraus. Auf jeden Fall fordere ein Energiebedarf von 200 TWh pro Jahr eine installierte Leistung von 200 GWp. Auch er warnt davor, PV und die erneuerbaren Energien insgesamt isoliert zu betrachten: »Wir brauchen zusätzlich den Ausbau des Stromnetzes zum Smart Grid, wir brauchen Speicher und es müssen noch sehr viele weitere Probleme gelöst werden. Das geht nur in Zusammenarbeit.«
Doch eine installierte PV-Leistung von 200 GW in Deutschland – gibt es dafür überhaupt genügend Flächen? Christian Breyer sieht hier keinerlei Beschränkungen: »Platz auf Dächern und Platz für Freiflächenanlagen ist dafür in ausreichendem Maße vorhanden.«