Smart-Grid- und Smart-Home-Systeme sind also schon auf der technischen Ebene außerordentlich komplex, die Hardware-Elemente von den Gateways über Zähler bis zu den Sensoren und Aktuatoren müssen über verschiedenen Standards und über Gewerkegrenzen miteinander kommunizieren können, wobei sowohl die Software, ob im Backend oder im Frontend, genauso wie die Hardware-Produkte von vielen unterschiedlichen Herstellern kommen.
Bei derartig komplexen Systemen überrascht es nicht, dass Sicherheitsaspekte eine zentrale Rolle spielen. Das muss gar nicht die abrechnungsrelevanten Daten betreffen, für die das BSI das Schutzprofil erstellt hat. Viele relativ einfache Systeme aus dem Haushaltsbereich sind ausgesprochen leicht zu hacken. Das fängt schon bei der Fernsteuerung für Rollläden an. Wenn Eindringlinge plötzlich von außen auch nur einen Rollladen steuern, dürfte das schon einen gewaltigen Image-Schaden nicht nur für die Rollladenhersteller, sondern für das Smart Home an sich bedeuten. Vor einigen Monaten musste sogar ein Mini-BHKW-Hersteller einräumen, dass die Steuerung seiner Heizung relativ einfach von außen manipulierbar war. Wenn solche Fälle häufiger auftreten, könnte dies für den Smart-Home-Markt verheerende Auswirkungen haben. Denn wenn die potenziellen Anwender das Gefühl haben müssen, dass sich Unbefugte über das Internet Zutritt in ihr Haus verschaffen, ja sogar Schaden anrichten könnten, dürfte sich Smart Home erst mal erledigt haben. Denn »My home is my castle« sagen sinngemäß nicht nur die Engländer. Das Home zwar smart zu machen, sich dafür aber Angriffen von außen ziemlich schutzlos auszusetzen, das würden wohl die wenigsten für eine gute Idee halten.
Das scheinen viele Hersteller im Smart-Home-Umfeld nicht begriffen haben: »Es werden zwar umfangreiche funktionale Tests durchgeführt, aber kaum einer prüft die Sicherheit«, gibt Prof. Dr. Hartmut Pohl, Geschäftsführer von softScheck, zu bedenken. »Wenn wir das nicht machen, wird die ganze Branche auf die Nase fallen!«
Was ist also zu tun? Thomas Springer, IT-Security-Spezialist vom TÜV Süd, der in seinem Vortrag auf dem 3. Energie & Technik Smart Metering & Smart Home Summit ebenfalls auf gravierende Sicherheitslücken hingewiesen hat, kennt für das Problem keine schnelle Lösung: »Es gibt keinen Königsweg. Voraussetzung ist, dass die Gerätehersteller einen gewissen Qualitätsanspruch an die eigenen Produkte stellen, und vor allem, dass sie die eigenen Produkte, die sie an die Endanwender verkaufen, auch wirklich verstehen.« Außerdem sollten die Hersteller bereit sein, auch aus den Fehlern anderer zu lernen. Der Lichtblick: »Es gibt Firmen, die ihre Produkte testen lassen. Diese Produkte sind dann sicher, auch wenn sie mit der Cloud verbunden sind.«
Die Herausforderungen
Fazit: Wir befinden uns, was das Smart Home angeht, auf allen Ebenen in der Phase des Ausprobierens und Testens. Die eine große Killerapplikation wird es nicht geben. Die Stadtwerke werden sich zunächst mit Themen befassen, die recht nahe an ihrem Kerngeschäft liegen und die ihnen auf den Nägeln brennen - vor allem dem Energiemanagement. Sie werden also zunächst versuchen, das Energiemanagement mit Smart Home zu verbinden, dann folgen weitere Anwendungsfälle. Smart Home an sich ist vor allem ein Consumer-Markt, hier werden die EVUs noch zu lernen haben, vielleicht haben Telekommunikationsunternehmen hier einen gewissen Vorsprung. Außerdem entstehen viele neue Smart-Home-Firmen, die sich auf bestimmte Themen konzentrieren, etwa Heizungssteuerung oder Sicherheit - und dort etablierten Firmen im Hausgeräteumfeld bereits vehement Konkurrenz machen.
Es gibt auf allen Ebenen viele Innovationen, und es ist abzusehen, dass sich Ökosysteme bilden werden, die die Entwicklung übergreifender Systeme vorantreiben werden. Das alles wird aber nicht über Nacht geschehen. Dass auf Anhieb 70.000 Smart-Home-Gerätepakete abgenommen werden, ist unrealistisch. Das haben einige schon gelernt, andere werden es noch lernen. Insgesamt sind aber Goette, Kotschi und Landwehrmann durchaus optimistisch, schon im kommenden Jahr ansehnliche Stückzahlen auf dem Markt zu sehen. Der große Durchbruch in Richtung Consumer-Markt wird aber erst in einigen Jahren zu erwarten sein, vielleicht ab 2017, lauten die vorsichtigen Schätzungen.