Erfolgsfaktor Lifestyle

Smart Home: Der Durchbruch könnte schneller kommen, als viele denken

21. Januar 2014, 9:16 Uhr | Heinz Arnold
Yüksel Sirmasac, ROCKETHOME: »Ich vertrete die vielleicht provokant erscheinende These, dass diejenigen Versorger erfolgreich sein werden, die in ihren Projekten Energieeffizienz und -management mit Lifestyle kombinieren.«
© Rockethome

Der Smart-Home-Markt hat die Phase der Stagnation überwunden, Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen positionieren sich. »Versorgungsunternehmen, die davon profitieren wollen, müssen sich zu Lifestyle-Anbietern wandeln«, erklärt Yüksel Sirmasac, CEO von ROCKETHOME, im Interview.

Diesen Artikel anhören

Energie & Technik: Es bilden sich nationale und internationale Smart-Home-Plattformen, zuletzt hat beispielsweise Samsung auf der CES die Plattform Samsung Smart Home angekündigt. Ende vergangenen Jahres hat sich die Initiative um ABB, Bosch, Cisco und LG gebildet, und nun hat Google für 3,2 Mrd. Dollar Nest Labs übernommen. Sind das alles Zeichen dafür, dass der Smart-Home-Markt nun endlich die Phase der Stagnation überwunden hat und in den Massenmarkt vordringt?

Yüksel Sirmasac: Smart Home ist zu einem Gattungsbegriff aufgestiegen. Die Kunden, die Smart Home verstanden haben, akzeptieren diesen Gattungsbegriff. Das ist ein entscheidender Unterschied zum Smart Metering, das den Aufstieg zum Gattungsbegriff nicht geschafft hat. Von einem Massenmarkt würde ich heute aber noch nicht sprechen. Es kommen derzeit rund 200.000 Neukunden pro Jahr hinzu. Um auf eine Durchdringung in Richtung 50 Prozent zu kommen, wären 2 Mio. Neukunden pro Jahr erforderlich. Aber der Trend geht eindeutig nach oben, wir spüren, dass die Nachfrage anzieht. Es wird nicht mehr wie über die letzten beiden Jahre nur über die Technik gesprochen – Zigbee, Z-Wave oder was auch immer –, sondern über Stückzahlen. Das Schöne am Smart-Home-Markt ist, dass die Produkte ohne weiteres verkauft werden können, ganz im Gegensatz zum Smart Metering, wo man auf die Entscheidungen eines Regulators warten muss.

Wagen Sie eine Prognose, wann Smart Home in Richtung Massenmarkt loslegen wird?

Erfahrungsgemäß dauert es relativ lange, bis in einem neu entstehenden Markt eine Wachstumsrate von einigen Hunderttausend Kunden pro Jahr erreicht ist. Die folgenden Millionen kommen dann sehr viel schneller. Für Firmen, die von Anfang an mit vom Aufschwung partizipieren wollen, wäre es also höchste Zeit, jetzt Strategien zu formulieren und Erfahrungen zu sammeln. Der Durchbruch könnte schneller kommen, als viele denken.

Was bedeutet die Entwicklung für die Energieversorger, die Energie-Management-Systeme anbieten und so ins Smart Home vordringen wollen?

Wir gehend davon aus, dass Lifestyle-Produkte der entscheidende Erfolgsfaktor sind. Nur über diese Produkte kommt das Smart Home in Stückzahlen, die schlussendlich den Aufwand rechtfertigen. Nur Energiemanagement alleine wird nicht ausreichen, um die kritische Masse zu erreichen. Das Heim vernetzt sich, Haushalts- und Entertainment-Geräte werden eingebunden, Cloud-Services angeboten. Die großen Hersteller von solchen Geräten positionieren sich bereits, wie die neuen Plattformen zeigen. Sie werden Gateways zur Verfügung stellen und ihre Angebote auch in die Bereiche Energie-Management- und Energieeffizienz abrunden. Diese Entwicklung nehmen die Versorger wahr.

Aber wie können sie sich dann noch positionieren?

Ein Ansatz besteht darin, eigene Smart-Home-Systeme zu entwickeln und auf den Markt zu bringen, wie dies beispielsweise RWE getan hat. Das dürfte allerdings nur den größten Anbietern vorbehalten sein, die die nötigen Mittel investieren können und über einen langen Atem verfügen. Der zweite Weg besteht darin, Partner einer der Plattformen zu werden. Dadurch verringern sich die Anfangsinvestitionen, einfach weil Gateways und Software zur Verfügung stehen. Allerdings bedeutet dies auch eine gewisse Abhängigkeit. Und es dürfte nicht einfach sein, zu entscheiden, welcher Partner sich eignet. Ist eine globale Plattform der richtige Partner für einen mittelgroßen Versorger? Oder sollte man besser auf eine national ausgerichtete Plattform setzen?

Kann ein Unternehmen wie ROCKETHOME dazu beitragen, diese Fragen zu klären?

Wir entwickeln Systeme unabhängig von der jeweiligen Infrastruktur. Ob ein Versorger sich einer Plattform anschließt oder eher den White-Label-Ansatz verfolgt, ist seine Entscheidung. Es gibt auch Firmen, die beides machen. Wir schauen uns die Interessenlage eines Kunden genau an und können ihn dabei beraten, die richtige Entscheidung für sich zu treffen.

Das heißt, dass sich die Versorger fundamental neu orientieren müssten?

Sie müssen sich gewissermaßen in Lifestyle-Versorger verwandeln, die ihre Kunden darin unterstützen, intelligenter mit Energie umzugehen und Energie zu sparen. Sie müssen aber auch dazu beitragen, den Komfort im Haus zu verbessern, die Sicherheit zu erhöhen, in den Gesundheits- und Fitnessbereich vorzudringen, um nur einige Aktivitäten zu nennen. Damit der Kunde die Angebote annimmt, muss der Lifestyle-Versorger Bedürfnisse wecken und den Kunden den Nutzen aufzeigen können. Ich vertrete die vielleicht provokant erscheinende These, dass diejenigen Versorger erfolgreich sein werden, die in ihren Projekten Energieeffizienz und -management mit Lifestyle kombinieren. Das wird auf der diesjährigen e-World in Essen ein viel diskutiertes Thema werden.

Was wird ROCKETHOME auf der Messe an Neuheiten vorstellen?

Mit Home Run werden wir eine neue Technologiegeneration für den Einsatz in der Photovoltaik präsentieren, die mit neuen Algorithmen die Erzeugung von Strom, die Speicherung in stationären Speichern oder in Batterien von Elektroautos und den Verbrauch der Energie im Haus optimiert. Außerdem stellen wir ein Home-Monitoring-System vor, mit dessen Hilfe die Bewohner ihr Heim überwachen können.

Gibt es keine Sicherheitsbedenken seitens der potenziellen Kunden?

Wir tun alles, um die Systeme sicher zu machen. Aber eines ist auch klar: Wie etwa Beispiele im Zusammenhang mit Kreditkarten zeigen, gibt es keine absolute Sicherheit. Es gibt aber sehr viele Kunden, die solche Systeme haben wollen und ihren Vorteil, jederzeit Einblick ins Haus nehmen zu können, höher einschätzen als das Risiko, selber überwacht zu werden.


Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!