Die lange Lebensdauer einer LED-Leuchte ist keine Selbstverständlichkeit

Leuchten LED-Leuchten wirklich ewig?

29. Oktober 2010, 15:34 Uhr | Willem Ongena
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Fortsetzung des Artikels von Teil 6

Checkliste für Leuchtendesigner

Leuchtendesigner sollten ihrem LED-Lieferanten auf den Zahn fühlen und Fragen stellen, deren Antwort man nur selten im Datenblatt findet. Allerdings sollten sie sich zuerst selbst einige Frage stellen:

1. Fragen Sie sich, welche Markteinführungszeit (Time to Market) und Amortisation der Investition (return on investment), Sie erreichen müssen, welches Geschäftsmodell zielführend ist und welche Risikobereitschaft besteht.

2. Fragen Sie sich welche Systemkomponente wirklich der Flaschenhals ist. Ein Beispiel hierzu wäre,  dass ein Automobilhersteller sich wenig Gedanken darüber machen muss ob seine LED-Leuchten nun 20.000 oder 30.000 Stunden halten, denn kaum eine Autoleuchte bringt es auf weit mehr als 10.000 Betriebsstunden.

Erst wenn Sie diese Fragen geklärt haben, stellen Sie Ihrem Lieferanten folgende Fragen:

1. Fragen Sie nach der Ausfallrate der in Frage kommenden LEDs und nach der genauen Definition dieser Ausfallrate. Wenn der Anbieter sagt, dass die LED nicht ausfällt, solange sie innerhalb der Spezifikation betrieben wird, schicken Sie ihn wieder weg, damit er erst einmal seine Hausaufgaben macht!

2. Der Anbieter sollte in der Lage sein, zumindest die mittleren Ausfallraten nach Totalausfällen und Unterschreitung des Mindest-Lichtstroms zu differenzieren. Auch soll er die Streubreite der genannten Ausfallrate nennen können. Manche Hersteller geben auch an, wie viel Promille oder ppm ausfallen. Diese beziehen sich aber immer nur auf Frühausfälle, d.h der Prozentsatz (in der Gesamtpopulation eines Lieferloses), der die Mindestlebensdauer nicht erreicht! Hier ist es besonders wichtig, für welche Betriebsparameter, Betriebsdauer und mit welcher Zuverlässigkeit diese Angaben gemacht werden. Bei Langzeitbetrachtungen kann man nur Wahrscheinlichkeiten nennen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch immer die Frage:  Was wird eigentlich verglichen? Hinterfragen Se auch die statistische Signifikanz, die Ihnen sagt, wie zuverlässig der Befund ist (in der Fachsprache: confidence interval). Und wie viele Exemplare hat der Hersteller getestet (Zahl der Teststunden und Prüflinge; welche Methode wurde verwendet)?. Wie war die 3-sigma Verteilung der Testergebnisse? Und wichtig: Fragen Sie nach dem LED-Fehlermodus (war die LED elektrisch offen oder lag ein Kurzschluss vor).

3. Fragen Sie, wie die vorliegenden Daten ermittelt wurden, wie viele Teststunden in welchem Zeitraum an wie vielen Prüflingen absolviert wurden. Hinterfragen Sie auch die Testbedingungen und ob der Anbieter/Hersteller diese Erhebungen selber gemacht hat beziehungsweise ob er die Daten zum Beispiel von seinem Chiplieferanten erhalten hat (wichtig: Nicht alle LED-Hersteller stellen die Chips selber her; etliche kaufen Chips und Farbkonverter unterschiedlicher Hersteller zu und nutzen ihre eigene Gehäusetechnik, um fertige Produkte zu erzeugen; das disqualifiziert den Hersteller auch keinesfalls, denn gerade die Beherrschung der Gehäusetechnik ist eine wichtige Fertigkeit in der LED-Industrie. Die beste LED nützt nicht viel, wenn sie schlecht verpackt ist!).

4. Fragen Sie welche Parameter die Lumen Maintenance, die Farbortverschiebung und Totalausfälle bestimmter LED-Typen beeinflussen (diese Einflüsse können bauartabhängig sein).

5. Fragen Sie, welche  Lumen-Maintenance-Daten durch Extrapolation ermittelt wurden und wie weit diese Extrapolation genau reicht  (Fachleute der LED-Industrie sagen unisono, dass Extrapolationen über den Faktor 6 hinaus nur noch geringe Aussagekraft haben, allerdings gibt es hierzu noch keinen Standard). Wer also den Abfall des Lichtstroms nur 5000 Stunden gemessen hat, kann nicht mehr mit hinreichender Sicherheit eine Aussage über den Lichtstrom nach 30.000 Stunden machen.

6. Fragen Sie bei kritischen Daten (Lichtstrom, Farbort, Binning, Flussspannung) nach Mindestwerten, Toleranzen und Messbedingungen (natürlich nur sofern die für ihr Design wichtig sind). Achtung: Diverse Daten gelten nur für eine Gehäusetemperatur von 25 °C!

7. Fragen Sie bei allen Daten nach, wie alt diese Daten sind und inwiefern diese noch auf die gelieferten (bzw. zu liefernden) Bausteine zutreffen.

8. Hinterfragen Sie warum die hinterfragten Daten nicht veröffentlicht wurden.

9. Fragen Sie wie/inwiefern die gelieferten Daten auf Ihre besonderen Betriebsbedingungen skaliert werden können.

10. Fragen Sie in diesem Zusammenhang auch, ob, wie und inwiefern der LED-Hersteller Hilfestellung bei konkreten Fragen und Berechnungen zur Lumen Maintenance, Fehlerrate (Totalausfälle) und Farbortverschiebung leisten kann.

11. Fragen Sie auch nach, wie sie die Grenzschichttemperatur messen können. Eine direkte Messung scheidet aus, weil die Grenzschicht unerreichbar ist. Seriöse Hersteller spezifizieren deshalb eine bestimmte Stelle am Gehäuse, an der sie die Temperatur messen sollen (der heißt zum Beispiel »Ts-point« oder so ähnlich). Den thermischen Widerstand zwischen Grenzschichttemperatur und diesem Messpunkt  hat der Hersteller ebenfalls spezifiziert. Nachdem man diesen Wert (in K/W) mit der elektrischen Leistungsaufnahme der LED multipliziert hat, ergibt eine einfache Addition mit der Gehäusetemperatur die Grenzschichttemperatur. 

12. Fragen Sie, sofern die Farbkonstanz für die Anwendung eine Rolle spielt, nach Testdaten des Herstellers. Auch hier ist wichtig, wie lang schon Erhebungen angestellt wurden, wie groß die Lose waren und zu welchen Ergebnissen (einschließlich Ausreißern) es kam.

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