Solche Simulationen sind auch unabdingbare Voraussetzungen dafür, dass ein seriöser Anbieter seinem Kunden eine bestimmte Garantie gibt. »Es macht einen unschätzbaren Vorteil, wenn ein Leuchtenanbieter weiß, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Garantierückläufers ist, also die Wahrscheinlichkeit, dass bei mehr als zum Beispiel fünf Prozent der ausgelieferten Leuchten innerhalb zum Beispiel den ersten fünf Jahren der Lichtstrom unter die garantierte Marke von 70 Prozent des spezifizierten Wertes fällt«, sagt Hechfellner.
Die statistische Wahrscheinlichkeit für einen der drei möglichen Ausfällmechanismen ergibt sich für eine einzelne LED im wesentlichen aus den Betriebsparametern Strom und Temperatur. Diese lässt sich anhand von Kurven/ und Tabellen ablesen, die der LED-Hersteller über lange Zeit anhand vieler Messungen und anhand vieler Proben aus der Serienfertigung gewonnen hat. Ein besonderes Problem ergibt sich dabei aus dem Umstand, dass man sogar bei einer größeren Zahl von Proben rein statistisch lange warten muss, ehe genügend Ausfälle aufgetreten sind, um eine statistisch brauchbare Aussage treffen zu können. Es ist deshalb unter anderem notwenig, beschleunigte Tests durchzuführen, bei denen die Prüflinge so gestresst werden, dass sie schneller ausfallen. Hersteller wie Philips-Lumileds, Cree oder Osram, die seit vielen Jahren große Stückzahlen produziert und geprüft haben, verfügen diesbezüglich natürlich über weitaus mehr Daten als Newcomer.
Geschäftsmodelle mit Risikomanagement optimieren
Eine besondere Herausforderung entsteht, wenn eine größere Zahl von LEDs in einer Leuchte eingebaut ist, um einen großen Lichtstrom zu erzeugen. Hier gibt es zwar einerseits den Vorteil, dass sogar der Totalausfall einer LED noch kein Helligkeitsproblem darstellt, jedoch muss man sehr genau wissen, wie sich die gesamte Ausfallwahrscheinlichkeit in Abhängigkeit der Betriebsparameter entwickelt. Dabei sind auch die Schaltungskonfiguration und die Auswirkung einer kurzgeschlossenen oder offenen LED zu berücksichtigen. Dieser so genannte Fehlermodus ist bedeutsam, denn in diesem Zusammenhang gilt es zu bedenken, dass eine reine LED-Reihenschaltung komplett ausfällt, wenn eine der LEDs offen ist. Ein Kurzschluss wirkt sich dagegen nur auf die Lichtleistung aus. Bei reiner Parallelschaltung wiederum hätte ein Kurzschluss katastrophale Folgen. In der Praxis mischt man daher beide Schaltungsvarianten.
Die mathematische Herausforderung besteht vor allem darin, die Ausfallwahrscheinlichkeit der Gesamt-Matrix zu bestimmen. Dabei ist zunächst festzuhalten, was man als Ausfall definiert. In aller Regel wird man sich für einen Lichtstromverlust von mindestens 30 Prozent des Ausgangswertes entscheiden. Anschließend errechnet und kombiniert man die Ausfallwahrscheinlichkeiten aller beteiligten LEDs. Es kommt also darauf an, diese Beteiligung unter bestimmten Betriebsbedingungen zu quantifizieren und mit den anderen Teilrisiken zu kombinieren. Dabei ist die Interaktion und Zulässigkeit der einzelnen Risiken einzurechnen. So ist es durchaus erheblich ob eine einzelne LED komplett ausfällt oder ihr Lichtstrom »nur« die kritische Schwelle von 70 Prozent unterschreitet. Denn sie gibt immer noch Licht, und liefert somit weiterhin einen positiven Beitrag zum Gesamt-Lichtstrom. Noch kritischer und komplizierter wird es natürlich, wenn der Betreiber vorgibt, dass außerdem keine einzelne LED weniger als einen bestimmten Mindestlichtstrom emittieren darf.
Man braucht also ein flexibles und leistungsfähiges Rechenmodell. »Ein sehr geeignetes Rechenmodell, bestätigen Statistiker, ist die „Monte-Carlo“-Methode«, sagt Hechfellner. Vereinfacht dargestellt, rechnet man mit diesem Modell die möglichen Kombinationen von einwandfreien und fehlerhaften LEDs als Permutationen in einem LED-Array durch. Wichtig ist: Die Monte-Carlo-Methode benutzt LED-Modelle, ist aber ein Leuchtensimulationsmodell, das die Einflüsse der einzelnen LED-Komponenten für die Leuchte skaliert. Dabei stellt jede LED vom Anfang der Betriebsdauer einen bestimmten Beitrag zum Gesamtlichtstrom zu Verfügung. Im Laufe der Zeit nimmt dieser Beitrag ab. Im Extremfall geht der Leuchtenlichtstrom auf 0 Prozent zurück. Für jedes einzelne LED-Verhalten kann man nun den Einfluss auf das Gesamt-System durchrechnen, das die Wahrscheinlichkeit von 1, 2, 3 bis hin zur Maximalzahl von Totalausfällen ermittelt sowie den statistischen Verlauf der einzelnen langsam abnehmenden Lichtströme. Das Rechenmodell kennt neben der Wahrscheinlicheit auch die Verteilung von »Ausreißern« in einem Lieferlos, das heißt von LEDs, die besonders hell sind und/oder besonders lang leuchten oder auch besonders schwach und/oder kurz leuchten.
Das wichtigste Ergebnis, das die Monte-Carlo-Methode liefert, ist eine zuverlässige Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter Anteil aller betrachteten Leuchtdioden vor Ablauf einer festgelegten Zeitspanne nicht mehr das Mindestkriterium für den Lichtstrom erfüllt. Auch gibt das Modell die Aussagezuverlässigkeit an. Philips Lumileds hat diese Methode seit geraumer Zeit intern angewandt und Kunden auch die Möglichkeit gegeben, ihr Design anhand der Monte-Carlo-Methode überprüfen zu lassen.
Sehr nützlich ist es auch, dass der Anwender bei Anwendung der Monte-Carlo-Methode mit den Betriebsparametern »spielen« kann. Er kann also diverse Simulationen durchführen, bei denen er an der Stellschraube einiger Schlüsselparameter dreht. So kann er herausfinden, um wie viel die statistische Reklamationswahrscheinlichkeit sinkt beziehungsweise steigt, wenn er den Betriebsstrom oder die Betriebstemperatur senkt beziehungsweise anhebt. Auch kann er sich anhand einer Modellrechnung überlegen, ob es sicherer/wirtschaftlicher wäre, die Belastung der einzelnen LEDs zu reduzieren, indem er eine weitere LED einplant.