Ehe man sich den schaltungstechnischen Aspekten zuwendet, muss man erst verinnerlichen, dass die elektro-optischen Charakteristika einer LED nicht nur eine Exemplarstreuung aufweisen, sondern auch stark nicht-linear sind. Vor allem der elektrische Widerstand einer in Flussrichtung gepolten LED ist nicht nur temperaturabhängig, sondern vor allem extrem spannungsabhängig. Legt man an einer Weißlicht-LED eine Gleichspannung bis 2 V an, ist der Stromfluss kaum messbar: Die LED verhält sich wie ein Isolator. Steigert man die Spannung kontinuierlich auf 3 V, lässt sich ab einem bestimmten Punkt (dem so genannten Schwellenwert) ein Stromfluss beobachten, der bei weiterer Spannungszunahme sehr rasch steigt. Bei manchen LEDs liegt der Schwellenwert nur knapp oberhalb 2 V, bei anderen knapp unterhalb 2,5 V, und bei wieder anderen Bauarten/Exemplaren kann sie fast 3 V erreichen. Auch die Steilheit der Strom-Spannungs-Kurve im Durchlassbereich (oberhalb des Schwellenwertes) ist kein konstanter, sondern ein bauartbedingter Wert, der darüber hinaus exemplarspezifisch streut. Allgemein lässt sich aber sagen, dass die Flussspannung bei Nennleistung (für eine Standard-High-Brightness-LED ist die bei einem Betriebsstrom von 350 mA spezifiziert) fast immer über 3 V liegt, meistens um 3,5 schwankt und Spitzen bis etwa 4 V erreichen kann.
Ferner gilt allgemein, dass die Lichtausbeute bei geringer Stromstärke am höchsten ist: Sie steigt nach Erreichen des Schwellenwertes extrem steil an und erreicht ihren Höhepunkt lange bevor die Nennleistung erreicht ist. Der weitere spezifische Verlauf der (auf jeden Fall abfallenden) Kurve ist wiederum bauartbedingt und weist zudem innerhalb einer Baureihe auch oft eine erhebliche Exemplarstreuung auf.
Man kann sich nun vorstellen, was bei einer Reihenschaltung von z.B. 80 Weißlicht-LEDs passiert, sobald diese über einen Brückengleichrichter an einer Netzwechselspannung (50 Hz) mit einem Effektivwert von 230 V angeschlossen ist: Jede Sekunde erhält die Kette einhundert Mal eine Spannungshalbwelle, die einen sinusförmigen Verlauf aufweist: Nach einem Anstieg von 0 V auf einen Scheitelwert von fast 320 V in 5 ms geht sie genau so rasch wieder auf 0 zurück. Dieser Zyklus wiederholt sich, solange die Spannung anliegt. Strom fließt erst, wenn der Momentanwert der Spannung den Schwellenwert übersteigt. Nehmen wir an, dass diese durchschnittlich bei 2,5 V je LED liegt und der Nennstrom bei 3,5 V je LED fließt. Ab 200 V fließt Strom, und bei 280 V ist der Nennwert erreicht. Weil die Spannung danach noch weiter ansteigt, steigt auch der Strom weiter an. Am Scheitelwert liegt die durchschnittliche Flussspannung kurzzeitig bei einem Wert um 4 V. Bei vielen Weißlichtdioden kann dann durchaus schon mindestens der doppelte Nennstrom fließen (natürlich ziehen bei dieser Reihenschaltung alle LEDs den gleichen Stromwert; nur die einzelnen Flussspannungen variieren). Nach Überschreiten des Scheitelwertes nimmt der Strom fast genau so rasch ab, wie er angestiegen ist.
Fast steht erstens: Die LED-Kette erhält zwar Gleichstrom, jedoch einen, der stark pulsiert. Zweitens durchläuft der Betriebsstrom nur verhältnismäßig kurz den elektro-optisch effizienten unteren Bereich der Kennlinie. Zwar steigt der Lichtstrom bis zum Erreichen des Scheitelpunktes der Stromstärke ständig, jedoch bei weitem nicht so stark wie der Strom. Nachteilig für die Energiebilanz ist auch, dass der Leistungsfaktor weit unter 1 liegt. Zwar ist der aus dem Stromnetz entnommene Strom in Phase mit der Spannung, jedoch ist sein Verlauf alles andere als sinusförmig. Der Impulscharakter verursacht einen großen Anteil an Harmonischen weit höherer Ordnung, die durchaus elektromagnetische Störungen hervorrufen können. Gleichwohl: Obwohl energietechnisch und politisch unerwünscht, brauchen Leuchten erst ab 25 W eine Leistungsfaktorkorrektur, so dass diese Betriebsart für die gängigen Typen (etwa 4 bis 12 W) in Europa (zumindest jetzt noch) zulässig ist.