Quantenschaltungen

Granulares Aluminium: Neues Material für Qubit-Designs

8. Mai 2019, 10:58 Uhr | Hagen Lang
Das Fluxonium-Qubit mit granularem Aluminium kann sich bis zu 30 µs in einem Zustand zwischen »0« und »1« befinden.
© Dr. Ioan Pop | KIT

Granulares Aluminium (grAl) besitzt laut Wissenschaftlern des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hervorragende Eigenschaften, mit denen bisherige Beschränkungen von Quantencomputern überwunden werden können.

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Quantencomputer können sehr viele parallele Rechenschritte gleichzeitig ausführen und ihre Informationsträger, die Quantenbits, können nicht nur den Zustand »Null« oder »Eins« einnehmen, sondern, über eine Quantenmechanische Überlagerung von Zuständen (Superposition), auch Zustände dazwischen. Ihre Verarbeitung geschieht nach quantenmechanischen Prinzipien, wie etwa der Verschränkung, worunter Physiker die Charakteristik von Quantenobjekten verstehen, in ihren Eigenschaften (auch über große Entfernungen) zu korrelieren.

»Die Herstellung von Qubits, die klein genug sind und sich schnell genug schalten lassen, um Quantenkalkulationen auszuführen, stellt eine enorme Herausforderung dar«, erklärt der Physiker Dr. Ioan Pop, Leiter der Forschungsgruppe Kinetic Inductance Quantum Systems am Physikalischen Institut (PHI) und am Institut für Nanotechnologie (INT) des KIT. Als vielversprechende Option gelten supraleitende Schaltungen. Supraleiter sind Materialien, die bei extrem niedrigen Temperaturen keinen elektrischen Widerstand aufweisen und daher elektrischen Strom verlustfrei leiten. Dies ist entscheidend, um den Quantenzustand der Qubits zu erhalten und sie effizient miteinander zu verbinden. So arbeiten große Unternehmen wie IBM, Intel, Microsoft und Google bereits daran, supraleitende Quantenprozessoren zu skalieren.

Eine Schwierigkeit besteht allerdings darin, den Quantenzustand aufrechtzuerhalten. Wechselwirkungen mit der Umgebung können zum Zerfall des Quantenzustands führen, der sogenannten Dekohärenz. Je mehr Qubits verwendet werden, desto schwieriger ist es, die Kohärenz zu bewahren. Forscherinnen und Forscher am PHI, am INT und am Institut für Prozessdatenverarbeitung und Elektronik (IPE) des KIT sowie an der Nationalen Universität für Forschung und Technologie MISIS in Moskau haben nun erstmals granulares Aluminium als supraleitendes Material für Quantenschaltungen mit hoher Kohärenz eingesetzt.

Wie das Team in der Zeitschrift Nature Materials berichtet, hat es ein sogenanntes Fluxonium-Qubit mit granularem Aluminium hergestellt, mit einer Kohärenzzeit von bis zu 30 Mikrosekunden – das ist die Zeit, in der sich ein Qubit in einem Zustand zwischen „0“ und „1“ befinden kann. Obwohl die gemessene Zeit sehr kurz erscheint, können innerhalb dieser Zeitspanne mehr als tausend logische Operationen durchgeführt werden. »Unsere Ergebnisse zeigen, dass granulares Aluminium eine neue Klasse von komplexen Qubit-Designs erschließen und dazu beitragen kann, die derzeitigen Grenzen der Quanteninformationsverarbeitung zu überwinden«, erklärt Ioan Pop.


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