Erste Graduiertenschule für Photovoltaik
Die Kooperation der Deutschen Solar und der TU beschränkt sich nicht nur auf aktuelle industrielle oder Forschungsprojekte, auch im Bereich der Lehre haben die beiden Partner ein in Deutschland einzigartiges Projekt auf die Beine gestellt: Die TU Bergakademie Freiberg hat – federführend durch Prof. Bertau – eine Graduiertenschule für Photovoltaik ins Leben gerufen, die von der Deutschen Solar finanziert wird.
Insgesamt 15 Doktoranden haben in der Graduiertenschule die Chance, in drei Jahren parallel zu ihrer Promotion eine fundierte Zusatzausbildung im Bereich Photovoltaik zu erhalten – sowohl von akademischer Seite als auch von Seiten der Industrie. Dazu zählen neben universitären Veranstaltungen Betriebspraktika bei der Deutschen Solar, in denen die Studenten erste Erfahrungen in einem industriellen Umfeld sammeln sollen.
Den Doktoranden bietet sich neben dem Einblick in die Industrie ideale Voraussetzungen für eigene Forschungsaktivitäten – die Deutsche Solar finanziert die gesamte Graduiertenschule und ermöglicht den Doktoranden, finanziell unabhängig in ihrem Spezialgebiet zu forschen.
Auch an internationalen Tagungen und Konferenzen, die sonst Studenten aufgrund der hohen Teilnahmegebühren verwehrt bleiben, können die Graduierten teilnehmen. »Die Graduierten erhalten dadurch die Möglichkeit, auf angesehenen Fachveranstaltungen ihre Ergebnisse vorzutragen und mit namhaften Forschern Kontakte zu knüpfen.« Laut Bertau ideale Voraussetzungen für junge an der Photovoltaik interessierte Wissenschaftler.
Dementsprechend groß ist auch das Interesse an der Graduiertenschule: »Wir erhalten Bewerbungen aus ganz Deutschland«, so Bertau. »Und leider müssen wir bei jeder Bewerbungsrunde auch viele Absagen erteilen.« Trotzdem ermuntert er alle interessierten Absolventen entsprechender Fachrichtungen dazu, sich zu bewerben. »Im Oktober startet die nächste Bewerbungsrunde«, so Bertau.
Das Angebot richtet sich an hoch qualifizierte Absolventen technischer oder naturwissenschaftlicher Studiengänge, die in einem Themengebiet promovieren wollen, das mit der Photovoltaik verknüpft ist. Eine weitere Besonderheit des Programms ist laut Prof. Bertau der interdisziplinäre Ansatz: Die Doktoranden kommen aus den unterschiedlichsten technischen und naturwissenschaftlichen Studiengängen und bringen daher recht unterschiedliche Vorkenntnisse und Ansätze in die Gruppe ein. Durch den interdisziplinären Erfahrungsaustausch wird auch der wissenschaftliche Fortschritt der einzelnen Promotionsarbeiten größer.
Das »Solar Valley« als Forschungsnetzwerk
Doch nicht nur die Doktoranden der Graduiertenschule vernetzen sich, um komplexe Fragestellungen zu lösen – die gesamte mitteldeutsche Photovoltaik-»Szene«, d.h. von Hochschulen über Forschungsinstitute bis hin zur Industrie und Zulieferern haben unter dem Begriff »Solar Valley« ein industrie- und forschungsübergreifendes Netzwerk gebildet. Für Forschung und Entwicklung ist so ein Netzwerk laut Bertau unerlässlich: »Denn heute wird niemand mehr einfach so ein Silizium entwickeln und sich denken ›das ist bestimmt toll für die Photovoltaik-Industrie‹. Man diskutiert vorher mit Kollegen, Industriepartnern und Forschungskollegen aus anderen Instituten.«
Die wissenschaftlichen Fragestellungen seien heute so vielschichtig und komplex, dass ein Einzelner so etwas alleine gar nicht mehr lösen kann. Die Einzelleistung eines Wissenschaftlers steht so immer mehr im Kontext mit der Arbeit von Kollegen. »Zudem ist man als Wissenschaftler erst durch ein solches Netzwerk überhaupt in der Lage, hoch ambitionierte Fragestellungen zu lösen«, so Bertau.
Das Erbe des Herrn Carlowitz
Und wie sieht die Zukunft der solaren Forschung in Freiberg und Mitteldeutschland aus? Mit Blick auf den aktuellen wirtschaftlichen Erfolg der in Mitteldeutschland ansässigen Firmen wie Solar World und Q-Cells und der langfristige Bedarf an Methoden der nachhaltigen Energiegewinnung ist sich Bertau sicher, dass das Interesse an photovoltaischer Forschung so schnell nicht abebben wird. »In der Photovoltaik steckt noch ganz viel Potenzial«, so der Forscher. Dieses gilt es in den nächsten Jahren nutzbar zu machen.
In ihrem Engagement für nachhaltige Energienutzung treten die Forscher der TU Freiberg das Erbe eines Freibergers an, der sich schon im 18. Jahrhundert Gedanken zur Nachhaltigkeit gemacht hat und den Begriff als Erster geprägt hat: Hans Carl von Carlowitz hatte im Jahr 1703 in Freiberg erkannt, dass Energievorräte (zu seiner Zeit noch das Holz) »nachhaltend« genutzt werden müssen, um deren Erhalt zu sichern. Mit dem Engagement im Bereich der photovoltaischen Materialien für effizientere Solarzellen arbeiten die Forscher jeden Tag daran, dass die Welt ein wenig mehr nach diesem Prinzip lebt.