Zum 1.4.2017 tritt die 4. Edition der EMV-Norm IEC 60601-1-2:2014 für medizintechnische Applikationen in Kraft. Mit den ergänzenden Richtlinien soll der Einsatz elektrischer Medizinprodukte noch sicherer werden. Doch was genau ist neu? Was gilt es, zu beachten?
Die rasante Entwicklung vernetzter Geräte und des Internet of Things (IoT) in der Medizintechnik stellt neue Herausforderungen im Hinblick auf Störungen und Funktionsbeeinträchtigungen anderer Geräte. Aber gerade in medizinischen Anwendungen ist der ordnungsgemäße Betrieb lebensnotwendig. Hier setzt die IEC-60601-1-2-Norm an.
Um was geht es in der IEC 60601-1-2?
Sie bestimmt,
welche Arten von elektromagnetischen Störungen für Medizinprodukten unproblematisch sind,
wie stark die Aussendung elektromagnetischer Strahlung der Medizinprodukte nach außen sein darf,
die Abhängigkeit der diesbezüglichen Anforderungen von der spezifizierten Nutzungsumgebung und vom Risiko des Produkts,
wie die Prüfungen und Messungen getätigt und die Dokumentation erstellt werden muss,
wie das Produkt vom Hersteller gekennzeichnet werden muss und welche Informationen in die Gebrauchsanweisung gehören.
Was sind die Unterschiede zur Vorgängerversion (Edition 3)?
Im Vergleich gibt es einige wesentliche Änderungen. Dazu zählen:
Erweiterung des Risikomanagements: Hersteller von Medizinprodukten müssen eine Risikoanalyse vorlegen, in der vorhersehbare elektromagnetische Störungen abgeschätzt werden. Wesentliche Leistungsmerkmale der Geräte müssen zudem präzise bestimmt werden, um zuverlässige Performance-Kriterien für den EMV-Testplan festlegen zu können.
Unterscheidung nach der Einsatzumgebung: Mit dem Übergang zur 4. Edition entfällt die Unterscheidung nach »lebenserhaltend« und »nicht lebenserhaltend«. Stattdessen wird nun nach der Einsatzumgebung unterschieden und dementsprechend die Testlevel für die Immunität festgelegt:
Professional Healthcare (Praxen, Kliniken, usw.)
Home Healthcare (Wohnungen, Geschäfte, öffentliche Wege und Gebäude, Fahrzeuge)
Special (MRT, Militär, Schwerindustrie)
Deutlich erhöhte Testanforderungen für Immunität:
Störfestigkeit gegenüber gestrahlten HF-Feldern: Die 4. Edition fordert nun bis 2,7 GHz (zuvor 3. Ed.: 2,5 GHz).
ESD-Prüfung: 8 kV Kontakt- bzw. 15 kV Luftentladung sind nun bindend (3. Ed.: 6 kV Kontakt-/8 kV Luftentladung).
Magnetfeldtests: Der Prüfpegel wurde von 3 auf 30 A/m angehoben.
Störfestigkeit gegenüber leitungsgeführten Störgrößen: Der neue Wert beträgt 6 V in den ISM-Bändern.
Neue Immunitätstests:
Die Störfestigkeitslevels wurden mit der IEC 60601-1-11 (Norm für Geräte in häuslicher Umgebung) harmonisiert.
Die Immunitätsprüfung folgt nun der gleichen "port-by-port convention" der IEC 61000-6 der allgemeinen EMC-Standards.
Die Prüfung der Störfestigkeit gegenüber Feldern, die von nahegelegenen, drahtlosen Datenübertragungseinrichtungen erzeugt werden, wurde ergänzt.
Wen betrifft die neue Normvorgabe?
Die umfangreichen Änderungen, die die 4. Edition der IEC 60601-1-2:2014 mit sich bringt, haben einen großen Einfluss auf das Design und die Architektur von Medizinprodukten.
Als Distributor von Stromversorgungen sind wir bei Neumüller Elektronik uns über die besondere Bedeutung der EMV bei der Entwicklung von Medizin-Produkten bewusst. Um hierbei die Stromversorgung so schnell und effizient wie möglich in das Gesamtsystem einbinden zu können, erfüllen all unsere Medizinnetzteile bereits die neue Norm.