Ein weiterer Punkt liegt in der großen Kreativität der PXI-Kartenhersteller, die alle zwei bis drei Jahre einen Nachfolgetyp herstellen, der leistungsfähiger und kostengünstiger ist, jedoch einen ganz kleinen Nachteil besitzt: Die Software ist nämlich nicht mehr kompatibel. Somit sind Testsysteme, die mit PXI-Karten ausgerüstet wurden, nach zwei bis drei Jahren nicht mehr einsatzfähig, falls ein Ausfall und damit eine Instandsetzung notwendig wird, es sei denn, man investiert wieder Wochen und Monate für die Anpassung der Software. Wenn Testaufgaben für kurzzeitige Produkte mit einer Lebensdauer von ein bis zwei Jahren anstehen, und wenn dieses Testsystem nur ein bis zwei Produkte testen soll, kann ein PXI-basierter Tester durchaus interessant und wirtschaftlich sein. Sollte jedoch, wie bei etwa 76 Prozent des deutschen Marktes, eine Typenvielfalt von rund 50 bis 500 verschiedenen Typen mit einer Laufzeit zwischen drei und 15 Jahren gängig sein, sind PXI-basierte Baugruppentester absolut unbrauchbar, weil sie weder als Gesamtes nach ISO9000 kalibriert werden noch eine Instandsetzung binnen 24 Stunden vor Ort oder im Fertigungswerk leisten können. Wird also ein PXI-basierter Baugruppentester für den allgemeinen Testbereich mit vielen Typen und langen Laufzeiten angeschafft, kann man davon ausgehen, dass es sich dabei um eine Fehlinvestition handelt, die sich spätestens in drei bis fünf Jahren bemerkbar macht.
Ein weiterer Punkt ist, dass es keine Institution gibt, die auch noch nach fünf oder zehn Jahren neue Programme für diese Einrichtung mit alter Technik schreibt, und wenn, dann zu Kosten, wo wir meist schon einen kompletten Tester mit Software liefern. Wenn es um den Service geht - und in unserem Bereich laufen fast 40 Prozent unserer Tester in zwei oder drei Schichten - ist ein PXI-basierter Baugruppentester unbrauchbar, weil kein zentraler Service für die PXI-basierten Testsysteme existiert.
Was ist nötig, um diese Grenzen zu überwinden und wann erwarten Sie dies?
Manfred Schneider: Es gibt eigentlich keinen triftigen Grund, diese technische Grenze zu überwinden. Bedingt durch die anteiligen Kosten der PXI-Systemkomponenten wie Basis-Rack, Embedded Controller bzw. Host-Interface ist ein Steckplatz im PXI-Rack vergleichsweise teuer gegenüber dem konventionellen 19-Zoll-Aufbau. Es macht kaum Sinn, diesen Platz mit Komponenten zu belegen, deren dynamische Leistungsparameter bzw. anfallende Datenmenge die Performance des PXI-Bus’ gar nicht benötigen.
Peter Reinhardt: Ich sehekeine Möglichkeit, diese Grenzen zu überwinden, weil der Wettbewerb zwischen den PXI-Kartenherstellern so hart ist und die Preise so niedrig sind, dass ein Service von dieser Seite noch weniger zu erwarten ist als Verbesserungen. Nachdem ein großer Teil unserer namhaften Testsystemhersteller auf PXI-Lösungen umgestiegen ist, ist heute ein 24-stündiger Service in keinem Fall mehr möglich, es kann sich durchaus zwischen zehn und 30 Tagen hinziehen, bis dieses Testsystem wieder einsetzbar ist. Ich versuche, mir für unsere Kunden vorzustellen, wie sie damit überleben könnten.
Welche Entwicklung erwarten Sie mittelfristig für den PXI-Baugruppentester-Markt?
Manfred Schneider: Ich erwarte keine Trendwende bezüglich des Voranschreitens von PXI, weil sich technisch derzeit keine Alternative abzeichnet und sich der PXI-Standard selbst kontinuierlich weiterentwickelt – Stichwort Express-Technologie. Belegt wird der konsequente Vormarsch auch dadurch, dass etablierte Testerhersteller, die wettbewerbsbedingt wohl eher als klassischer Gegner der PXI-Technologie einzustufen wären, mit ihrem Gerätespektrum auf den PXI-Standard einschwenken. Ich erwarte, dass es in absehbarer Zukunft mehr Baugruppentestsysteme traditioneller Anbieter geben wird, die sich nach außen zwar als spezielles, nicht-offenes System präsentieren, die aber in ihrer inneren Architektur auf die Leistungsfähigkeit des PXI-Standards zurückgreifen.
Peter Reinhardt: PXI wird nach wie vor seine Aufgaben lösen, jedoch kann ich jedem Nutzer und Käufer dieser Einrichtungen nur empfehlen, mindestens ein vollwertiges Gerät im Ersatz zu halten, um in einem Zwei- oder Dreischicht-Prüfbetrieb zu überleben.
Denken Sie, dass PXI dem traditionellen Baugruppentest den Rang ablaufen wird?
Manfred Schneider: Davon bin ich zutiefst überzeugt. PXI hat vor allem durch das breite Spektrum der verfügbaren Komponenten allen anderen offenen Standards zur Messgerätesteuerung den Rang abgelaufen. Es gibt derzeit sicher noch einen nicht unbedeutenden Anteil etablierter Baugruppentestsysteme auf Basis nicht-offener Industriestandards, speziell bei HiL-Systemen. Diese werden es aber schwer haben, ihre Position am Markt zu behaupten, weil ihre Anpassungsfähigkeit an erweiterte oder neue Einsatzbereiche gegenüber einem offenen Standard kaum wettbewerbsfähig ist.
Peter Reinhardt: Mit Sicherheit wird dies niemals der Fall sein, denn wir werden die Fertigungszeiten noch weiter verkürzen müssen - und Konzepte, wie sie der PXI-Baugruppentest bietet, können dies in keiner Form gewährleisten. Der Trend geht hin zu einem Partner, der eine umfassende Hard- und Software aus einer Hand liefert, die er selber entwickelt und bevorratet, so dass Ersatzgeräte auch noch nach zehn oder 15 Jahren baugleich hergestellt werden können, dann auch noch ein qualifizierter Service für diese Geräte geleistet und eine Schulung und Weiterentwicklung dieser Produkte gegeben ist. Es ist also nichts schöner, als dass man einen Testsystem-Partner hat, der die volle Verantwortung übernimmt und auch nach vielen Jahren sicherstellt, dass langlebige Baugruppen, und das sind mehr als 80 Prozent, noch sicher getestet werden können. Ein PXI-basiertes Testsystem kann nach drei Jahren nicht einmal mehr dupliziert werden, weil sich Hardware und Software bereits mehrfach verändert haben. Zudem ist es die Stärke der klassischen Testsysteme, dass sie die Anpassung an Datenbanken über ODBC-Schnittstelle oder Tests von Referenzmodulen nach Stückzahlen oder Zeitraster ermöglichen. Sie bieten verschiedenste Ablaufmodi, welche wir z.B. in über 60 Mannjahren Softwareentwicklung geschaffen haben, was aber bei der großen Mehrheit der PXI-basierten Baugruppentester überhaupt nicht existiert.