Ausblick

Hartnäckiger Fortschritt bei ZigBee

14. November 2013, 11:48 Uhr | Von Prof. Dr.-Ing. Axel Sikora
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Fortsetzung des Artikels von Teil 3

Die Konkurrenzsituation

Einer der Gründe, warum sich bislang noch kein eindeutiger und dominierender Markterfolg eingestellt hat, besteht in der Situation, dass weitere attraktive Protokollfamilien auf den gleichen Zielmärkten aktiv sind und somit jeweils zu einer Aufspaltung der Aktivitäten führen. Hierbei lassen sich - neben den weiterhin viel zu umfangreich vorhandenen proprietären - die folgenden herstellerübergreifenden Ansätze beobachten, die genauso generisch und anwendungsagnostisch wie das ZigBee-Protokoll positioniert sind. Hierzu zählen z.B.

  • die Ansätze des IPv6 über IEEE 802.15.4, die als 6LoWPAN bekannt sind. Diese Protokollfamilie besitzt natürlich aufgrund der inhärenten Integration in die IP-basierte Infrastrukturen eine hohe Attraktivität. Weiterhin sind hier aber als Schwäche das zu geringe Interesse großer Marktteilnehmer sowie die zu realitätsferne Abbildung auf der Anwendungsebene, z.B. im Rahmen der IP Smart Objects (IPSO). Es sind aber aufgrund der Verwendung der identischen Hardware-Plattform sowie der oben erwähnten alternativen Nutzung des IP-basierten Netzwerk-Layer im ZigBee-Protokollstapel interessante und vielversprechende Überlappungen zur ZigBee-Protokollfamilie zu erkennen.
  • die Erweiterungen des Bluetooth-Protokollstapels, wobei insbesondere die Version 4.0 unter Nutzung von Bluetooth Ultra Low Energy (ULE) eine interessante Alternative für kleinere Sensor-Aktor-Netzwerke darstellt. Hierbei ist - sowohl in Bezug auf die erreichbaren Stückzahlen der Bluetooth-Chips als auch in Bezug auf die potenzielle Anbindung an Bediengeräte wie Smartphones - die hohe Verbreitung von Bluetooth in diesen Geräten zu erwähnen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich die Bluetooth Community bei dieser Einführung gegen eine Rückwärtskompatibilität ausgesprochen hat. Entsprechend ist die bis 2012 produzierte Geräteausstattung nicht nutzbar.

Andere herstellerübergreifende Ansätze sind anwendungsspezifisch optimiert und eignen sich damit jeweils nur für ein Anwendungsfeld. Ein übergreifend durchgängiger Einsatz erscheint dann auch potenziell nicht sinnvoll möglich. Zu diesen anwendungsspezifischen Ansätzen zählen z.B.

  • das Wireless-M-Bus-Protokoll nach EN 13757-4, das insbesondere in Europa, zunehmend aber auch in Asien und anderen Regionen der Welt für Smart-Metering- und Smart-Grid-Anwendungen Einsatz findet,
  • das EnOcean Radio Protocol (ERP), das sich mit seiner geringen Komplexität und der damit verbundenen guten Energieeffizienz für energie-autarke Systeme der Heim- und -Gebäudeautomation eignet,
  • die HF-Erweiterung des KNX-Protokolls (KNX-RF), das ebenfalls auf Anwendungen der Heim- und Gebäudeautomation ausgerichtet ist,
  • das Wireless-HART-Protokoll, das sich ebenfalls auf der technologischen Grundlage des IEEE-802.15.4-Protokolls zumindest im Bereich der Prozessautomation über eine gute Akzeptanz verfügt,
  • das Wireless-Sensor-Aktor-Netzwerk- (WSAN) Protokoll mit seiner Ausrichtung auf sehr lokale und echtzeitfähige Anbindung von Netzwerkknoten im Bereich der Industrieautomation.

Es ist bedauerlich, dass es über die vielen Jahre hinweg nicht gelungen ist, die Kleinstaaterei hinter sich zu lassen und übergreifende Lösungen bereitzustellen, die über eine ausreichende Marktakzeptanz verfügen und entsprechend zu gesamthaft positiven Marktentwicklungen führen.

Wie geht es weiter?

ZigBee hat im letzten Jahrzehnt mindestens ein Ziel erreicht: Es hat mit seinen vielfachen Marketingaktivitäten wesentlich dazu beigetragen, den Markt für standardisierte Kurzstreckenfunksysteme vorzubereiten. In vielen Bereichen, wie z.B. dem Smart Metering, stellt sich heute kaum mehr die Frage, ob herstellerspezifische Lösungen Grundlage einer strategischen Entwicklung sein sollen.

Allerdings hat das ZigBee-Ökosystem mit seinen frühen Marketingaktivitäten und der in vielen Fällen viel zu späten Produktverfügbarkeit auch die Konkurrenten auf den Plan gerufen, die recht viel Zeit hatten, um sich vorzubereiten und in Stellung zu bringen. Und in diesem Zusammenhang fällt es dem ZigBee-Standard mit seinem generischen Ansatz des anwendungsübergreifenden Standards ohne tiefe Verwurzelung in mindestens einem Markt schwer, sich gegen branchenspezifische Lösungen durchzusetzen. Trotz dieser vielen und langfristigen Aktivitäten ist immer noch kein umfassender Marktdurchbruch erkennbar. Es lässt sich aber festhalten, dass mittlerweile eine Vielzahl von Produkten zertifiziert wurde. Diese konnten aber bislang nicht auf den Massenmarkt vordringen.

Die ZigBee Community bleibt engagiert und führt Stück für Stück die Entwicklungen fort. Mit der Heimautomatisierung und den Lösungen für die Primärkommunikation des Smart Grid verbleiben weiterhin mindestens zwei potenziell sehr attraktive Märkte im Fokus der gesamten ZA. Wenn sich zwar auch in diesen Märkten Konkurrenten tummeln, haben sich hier ZigBee-basierte Produkte und Architekturen eine solche Position erarbeitet, dass man davon ausgehen kann, dass sie auf diesen Märkten mindestens eine wichtige, wenn nicht eine zentrale Rolle spielen werden. Darüber hinaus ist auch für RF4CE eine hohe Akzeptanz zu verspüren. Diese betrifft allerdings einen Markt, der für die „alten Europäer“ wohl dauerhaft verloren ist.

Prof. Dr.-Ing. Axel Sikora 
ist Professor für Embedded Systems und Kommunikationselektronik an der Hochschule Offenburg. Mit seinem Team evaluiert, entwickelt und implementiert er Algorithmen, Protokolle und Systemlösungen für die drahtgebundene und drahtlose Kommunikation.  

  1. Hartnäckiger Fortschritt bei ZigBee
  2. Die Applikationsschicht (L3)
  3. ZigBee Smart Energy (ZSE Profile)
  4. Die Konkurrenzsituation

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