Zuverlässige Funkkommunikation für die Automatisierungstechnik

Die Kraft der drei Antennen

13. Februar 2008, 11:59 Uhr | Prof. Dr. Jörg F. Wollert, Thomas Kruse und Dr. Andreas Vedral
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 3

Theorie & Praxis

In dem vorliegenden Projekt ging es um eine Entwicklung, die einen wirklichen Praxisbezug hat. Zur Validierung der Systemleistung wurden in verschiedenen industriellen Umgebungen im Rahmen von stationären und mobilen Szenarien Testreihen durchgeführt. Zur Messung wurde das am Lehr- und Forschungsgebiet Softwaretechnik und Rechnernetze der FH Bochum entwickelte Tool VisualBER eingesetzt, mit dem sowohl digitale als auch analoge Kanalkenngrößen (RSSI, Paket- und Bitfehler) empirisch untersucht und statistisch ausgewertet wurden.

Stationärer Betrieb

Die stationären Messungen sollten die Leistung des Diversitäsfunkmoduls in einem Rayleigh-Kanal mit fixiertem Sender und Empfänger untersuchen. Die Umgebung war industrietypisch ohne Sichtverbindung zwischen Sender und Empfänger bei einer Entfernung von etwa 30 m. Die Umgebung war frei von Störern im Spektrum, jedoch mit den üblichen Bewegungen innerhalb des Betriebs. Insgesamt konnte eine charakteristische Verbesserung der Empfangsleistung von etwa 2,5 dB erreicht werden (Tabelle 1), was auch in etwa dem theoretischen Wert entspricht. Bemerkenswert ist der Umstand, dass das Diversitätsmodul in der Lage war, das Phänomen der Paketverluste vollständig zu kompensieren – insbesondere in zeitkritischen industriellen Anwendungen ein großer Vorteil, da der Datenpaketverlust aufgrund des Eingreifens von ARQ-Strategien zur Erhöhung der Übertragungsdauer führt. Bild 6 zeigt ergänzend die Fading-Einbrüche und Schwankungen der einzelnen Empfänger.

tabelle1_47.jpg
Tabelle 1. Im stationären Fall wurde eine Verbesserung der Link-Qualität von etwa 2,5 dB erreicht.

Bewegter Betrieb

In der Theorie wurde deutlich, dass gerade bewegte Systeme aufgrund von Fading und Dopplereffekten mit einer schwierigen Empfangssituation kämpfen. Hier sollte ein Diversitätsmodul deutliche Vorteile bringen. In verschiedenen Testszenarien wurde ein bewegtes Target simuliert, wobei in einem realen Betrieb in einer Hallengröße von 30 m × 60 m die Messungen vorgenommen wurden. Der Abstand von Sender und Empfänger war bei einer typischen NLOS-Situation (Non Line Of Sight – keine Sichtverbindung) größer als 40 m.

72wh0706_tm_04.jpg
Bild 6. In einer Link-Quality-Darstellung sind die Fading-Einbrüche und Schwankungen über die Zeit der einzelnen Empfänger des Diversitysystems deutlich zu sehen.

Die praktischen Messungen machen deutlich, dass eine zuverlässige Kommunikation mit einer Single-Transceiverstruktur unter den strengen industriellen Anforderungen unter mobilen Bedingungen kaum erreicht werden kann.

Demgegenüber kann die Antennendiversitätslösung auf Basis des Selection Combining einen deutlichen Prozessgewinn für sich verbuchen. Die durchgängig um eine Größenordnung besseren Paket- und auch Bitfehlerraten (Tabelle 2) zeigen das Potential derartiger Systeme deutlich auf. Im Schnitt kann im praktischen Betrieb ein Prozessgewinn von gut 4 dB erreicht werden.

Noch signifikanter wird der Prozessgewinn bei der Betrachtung des resultierenden Empfangssignalpegels dargestellt, der sich als Kombination aus den Einzelsignalen bildet (vgl. Bild 7 und Bild 8). Dramatische Einbrüche sind auch über einem langen Testzeitraum nicht zu erkennen.

tabelle2_45.jpg
Tabelle 2. Bei ungünstiger Empfangssituation konnte eine Verbesserung von BER und PER um eine Größenordnung erreicht werden.

Fazit: Es lässt sich etwas machen

Hier konnte gezeigt werden, dass mit konventioneller Konsumelektronik die Anforderungen der industriellen Kommunikation nur schwierig erfüllbar sind. Gerade bewegte Kommunikationsteilnehmer stellen konventionelle Systeme vor echte Probleme. „Besser hören“ ist also das Stichwort für eine erfolgreiche, industrietaugliche Kommunikation. Mit der Implementierung eines digitalen Selection-Combining-Algorithmus auf Basis eines IEEE-802.15.4-Moduls konnte gezeigt werden, dass mit geringem technischen Aufwand eine effiziente Industrialisierung von Funkmodulen erreicht werden kann.

In der Literatur ist eine Vielzahl unterschiedlicher Antennen- bzw. Empfängerdiversitäts-Konzepte mit unterschiedlichem Gewinn beschrieben, wovon einige im Kasten näher erläutert werden.

72wh0703_af_05.jpg
Bild 3. Siemens-Scalance-WLAN-Komponenten mit Frequenz- und Antennendiversität.

  1. Die Kraft der drei Antennen
  2. Die Kraft der drei Antennen
  3. Autoren:
  4. Theorie & Praxis
  5. Besser hören mit Standardtechnologie
  6. Die Kraft der drei Antennen
  7. Funk „industrietauglich“ machen: einige Optimierungsmöglichkeiten

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!