Zuletzt griff ein großer Halbleiterhersteller bei der selbst entwickelten Embedded-Lösung zu – vor dem Einstieg des Partners hatte er ob der Größe seiner Firma noch abgewinkt – zu viel Risiko. Welches Risiko genau? Der Gründer: »Ausfallsicherheit, Manpower. Aber natürlich auch Preisdumping: Je mehr Mannstunden man beauftragen kann, umso niedriger wird der Stundensatz. Manche treten mit regelrechten Dumpingpreisen an den OEM heran, um einen Fuß in die Tür zu bekommen.« Das setzt wiederum eine Spirale nach unten in Gang. Der Preisdruck ist das eine, aber auch die gestiegen Kosten durch Compliance müssen gedeckt werden. »Durch das neue Gesetz ist die Komplexität für die Zeitarbeitsunternehmen und ihre Kunden nochmals größer geworden«, analysierte Hartmut Lüerßen von Lünendonk die Situation bereits früh. »Dadurch steigt der Administrationsaufwand pro Einsatz deutlich. Für die Zeitarbeitsunternehmen kommt es darauf an, durch mehr Automatisierung dafür zu sorgen, dass dieser Mehraufwand nicht die Rendite auffrisst«, so Lüerßen weiter.
Ist es wirklich so schlimm? Anruf bei Katarina Hain von der Hays AG, einer der großen Dienstleister am Markt. »Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und die Diskussionen um den Missbrauch von Werkverträgen haben die Kunden sensibilisiert. Wir haben daher eine eigene Compliance-Abteilung etabliert, um unseren Kunden Arbeit im Zusammenhang mit dem AÜG abzunehmen und Rechtskonformität zu gewährleisten«, bestätigt sie. Eine eigene Compliance-Abteilung? »Können wir uns nicht leisten«, sagt der Gründer, der anonym bleiben will.
Und er hat noch ein weiteres Problem. Es ist eine Herkulesaufgabe, am leergefegten Arbeitsmarkt das benötigte Personal zu bekommen. Dabei tut er viel dafür, dass die Leute kommen und auch bleiben wollen: Die Mitarbeiter sind am Unternehmen beteiligt, bekommen marktgerechte Gehälter. Als CEO legt er großen Wert auf das Betriebsklima. In der Tat habe er auch noch keine Mitarbeiter an Kunden verloren, sagt er. Aber das starke Wachstum, das die Firma vor sich hat, kann er so nicht bewältigen. Deswegen wird nun der Entwicklungsstandort in Osteuropa ausgebaut. Dort sei es deutlich einfacher, Softwareentwickler direkt von der Hochschule zu bekommen.
Und noch eine Erfahrung wurmt ihn, obwohl er fließend Englisch und Deutsch spricht: »Als Osteuropäer habe ich es bei der Kundenakquise nicht leicht. Die Kunden bevorzugen deutschsprachiges Personal. Nur englisch sprechende Softwareentwickler sind bei den Kunden nicht gerne gesehen. Ingenieursprache Englisch hin oder her.« Das bestätigt auch Volker Werbus von Green Digit, der ebenfalls Entwickler aus aller Herren Länder beschäftigt: Pakistani, Inder, Chinesen. Werbus hatte sich mit seiner Kritik auch schon an die Politik gewandt. Gebracht hat es nichts. Er sieht sich als Verlierer der Reform, die vielleicht gut gemeint, aber schlecht gemacht ist und mit ihm den Falschen treffe. Beispielsweise sei Equal Pay – eines der Hauptanliegen der AÜG-Reform – in der hochqualifizierten Embedded-Branche doch gar nicht das Problem. »Wir zahlen wettbewerbsfähige Gehälter – bis zu 48.000 Euro für Berufsanfänger und bis zu 60.000 Euro nach drei bis fünf Jahren«.