M&T-Forum Teil 1 - Die Allokation und die Auswirkungen auf das Embedded-Geschäft

»Zurzeit sind wir mehr Troubleshooter als Vertriebsleute«

27. September 2010, 15:05 Uhr | Manne Kreuzer
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12 Wochen Lieferzeit für Neuprojekte ohne Rahmenvertrag

»Wir gehen momentan von Lieferzeiten bis zu 12 Wochen aus«, ergänzt Weisenahl. Zudem gebe es zurzeit zahlreiche Produkte, die abgekündigt wurden - die Kunden wollen sie aber weiterhin haben. »Das bedeutet für uns, dass wir teilweise bis ins übernächste Jahr schon Bauteile bevorraten für unsere Kunden«, betont Weisenahl. »Es ist eine Kapitalbindung, aber die Kunden machen mit, weil sie momentan keine neuen Entwicklungen anstreben, sondern das Produkt, das sie eingeführt haben, weiter nutzen wollen.«

Allerdings stößt dieser Kundenservice in der Wirtschaft auch schon mal auf Kritik, wie Peter Lippert, General Manager von Lippert Embedded Computers zu berichten hat: »Rechtzeitiges Disponierten führt zu hohen Lagerbeständen und das lieben die Banker nicht. Wir alle wollen einfach unseren Kunden helfen und sie weiter beliefern - viel Verständnis findet man nicht bei den Banken, wenn man sie braucht.«

Auch wenn man diese Hindernisse zu überwinden weis, benötigt der Embedded-Baugruppenanbieter einen Rahmenvertrag, um sich und den Kunden für die Situation zu sensibilisieren. Die Bereitschaft dazu ist aber nicht immer gegeben, wie Konstantin Kerscher, Sales Director von EMTrust zu berichten weiß: »Viele Kunden haben früher Ad-hoc bestellt. Heute klärt man den Kunden über die Lieferzeiten auf, die so im Raum stehen - 12 bis 16 Wochen. Man muss den Kunden dazu bringen, verlässliche Zahlen zu liefern, damit er auch pünktlich beliefert werden kann. Wenn er heute bestellt, muss er 12 Wochen auf die Erstlieferung warten, die Folgebestellungen lassen sich dann aber entsprechend terminieren - darauf muss man ganz klar hinweisen«.

Die Mehrzahl der Forumsteilnehmer registrieren allerdings eine schwindende Neigung, sich mit Rahmenverträgen ihrem Lieferanten anzuvertrauen. »Es geht uns darum die Pläne abzustimmen. Es geht nicht darum, dass der Kunde den Auftrag herausschreiben muss«, appelliert Christian Eder, Sales & Marketing Manager EMEA von congatec. »Es ist uns wichtig in die Planung unserer Kunden hineinzuschauen. Wenn er in den nächsten 10 Monaten 10.000 Geräte bauen will, selbst wenn es nur 8000 oder 7000 werden sollten, dann haben wir eine Grundlage, die trotz Unsicherheiten noch besser ist, als wenn wir überhaupt keine Planung haben. Man muss das Abstimmen, um eine vernünftige Grundlage zu haben.«

Diese Appelle sind nicht etwa einer mangelnden Flexibilität geschuldet, sondern dem Umstand, dass Embedded-Anbieter zurzeit von zwei Seiten in die Zange genommen werden. »Die Bauteile-Hersteller und die Kunden reichen ihre jeweiligen Risiken an uns durch«, resümiert Markwardt. »Wenn man einen offenen, partnerschaftlichen Dialog mit den Kunden führt, gibt es einen gemeinsamen Weg des Verstehens und der Lösung - das ist unsere Erfahrung.«

Nicht jedes Geschäft in der Embedded-Welt ist langfristig angelegt und geplant. Es gibt sehr viele kleinere Projektgeschäfte, die 50 Baugruppen benötigen und die relativ kurzfristig realisiert werden müssen - Lieferzeiten von 12 oder mehr Wochen schmerzen damit sehr empfindlich. Die Entwickler reagieren deshalb auf das Problem. »Früher war Design-to-Cost ein ganz großes Thema - jetzt hab ich Kunden erlebt, die ein Design-by-Availability durchführen«, berichtet Eder. »Es wird verwendet was lieferbar ist. Für den Kunden ist es natürlich optimal, wenn er mit seinem Entwurf mehrere Quellen anzapfen kann.«

Damit gewinnt die standardisierte Embedded-Technik an Bedeutung, besonders der Computer-on-Module (CoM). »CoMs sind einfach austauschbar - das ist für den Kunden ein Riesenvorteil, für uns als Hersteller ein Nachteil«, erläutert Eder. »Wir müssen uns beweisen, wir müssen liefern können und einen vernünftigen Preis haben. Der Kunde hat die Auswahl, denn es gibt mehr als einen Anbieter, der vernünftige Produkte hat.«

»Die Austauschbarkeit findet dabei nicht nur auf der Produkt-, sondern auch auf der Technologieebene statt«, betont Markwardt. So fänden auch Consumer-Technologien wie PCs aus Verbrauchermärkten Einzug in die Industrie. Damit gehen aber einigen Risiken einher, denen sich der Entwickler im Klaren sein muss und die nicht jeder Anwender mittragen will. »Es gibt Märkte wie Medizintechnik und Gaming, bei denen es auf Langlebigkeit ankommt oder auf erweiterte Temperaturbereiche - da passen Consumer-PC-Technologien nicht rein«, mahnt Eric Biank, Leitung Produktbereich IPC-Komponenten von Spectra Computersysteme. Im Servicefall ist die benötigte Consumer-Baugruppe aber kaum noch zu besorgen, da hier teilweise die Produktlebenszyklen bei etwas über einem halben Jahr liegen. »Selbst wenn man günstigen Ersatz findet, wird der Wechselaufwand und die Stillstandszeit nicht mit einkalkuliert - da lügt sich der Kunde in die Tasche. Wie müssen daher Aufklärungsarbeit leisten - es geht darum die Total-Cost-of-Ownership nicht aus dem Auge zu verlieren«, appelliert Eder.

 

 

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