Industrie 4.0 für Mittelständler

»Wir müssen Embedded Computing von Grund auf neu denken!«

19. Oktober 2015, 9:30 Uhr | Heinz Arnold
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Strategien für die Zukunft

Nikolai Ensslen, Synapticon:» Wir machen komplexe Entwicklungen rund um IoT und Industrie 4.0 für kleine und mittlere Unternehmen zeitlich und finanziell erschwinglich.«

Dann steht Synapticon aber auch in Wettbewerb zu Halbleiterstellern wie Freescale, Infineon, ST und TI, um nur einige der Großen zu nennen. Wie kann eine Start-up-Firma in diesem Wettbewerb bestehen?

Wir sehen uns als Plattformanbieter, der etwas möglich macht, was bisher kaum denkbar war. Was wir relativ einfach und kostengünstig für kleine und mittelgroße Unternehmen anbieten, das hätten Sie früher von Grund auf neu entwickeln müssen. Meist konnten solche Entwicklungen nicht ohne zusätzliche Unterstützung durch Systemhäuser durchgeführt werden, was Zeit und Geld kostet. Deshalb kamen sie oft von vorne herein nicht in Frage. Wir machen solche Entwicklungen für kleine und mittlere Unternehmen zeitlich und finanziell erschwinglich. Wir sind also etwas anders ausgerichtet als große Halbleiterhersteller, die in erster Linie ihre Chips verkaufen.

Aber die Halbleiterhersteller und auch die Distributoren bieten jetzt zunehmend Referenz-Designs an, die es den Anwendern vereinfachen sollen, schnell zu marktfähigen Produkten zu kommen.

Dieser Trend hin zu einfachen Einstiegspaketen ist deutlich zu spüren. So lassen sich über Arduino und Raspery Pi relativ schnell Prototypen entwickeln. Aber es ist dann nicht einfach, vom Prototyp zum Serienprodukt überzugehen. Dazu ist dann oft wieder die Unterstützung durch Systemhäuser erforderlich. Weil wir auf die SoCs von XMOS aufsetzen, können die Anwender bei uns über Software konfigurieren. Dadurch können sie den Übergang zum Serienprodukt nahtlos und schnell realisieren.

Was unterscheidet Synapticon von einem klassischen Hersteller von Embedded-Systemen?

Wir verändern den Prozess für die Entwicklung von Embedded-Systemen sehr stark. Weil wir aus der Sensorik und Robotik kommen, sahen wir uns also recht vielschichtigen und sehr komplexen Problemen gegenüber. Den passenden jeweils neusten Mikroprozessor auf Module einer bestimmten Größe zu setzen und das Betriebssystem dazu zu liefern, ist nicht unser Geschäftsmodell. In einer komplexen Entwicklung machen die Auswahl des richtigen Prozessors und des Moduls nur einen relativ kleinen und bei weitem nicht den wichtigsten Teil aus.

Auf welche Märkte zielt Synapticon damit ab?

Sehr gut entwickelt sich für uns gerade der Markt für Consumer-Robotik, beispielsweise Rasenmäher-Roboter. Auch der Markt für Elektromobilität entwickelt sich sehr schön. Im Moment kommen aber auch sehr viele Aufträge aus China, wo die Firmen sehr stark interessiert sind, die Automatisierung voranzutreiben, auch mit staatlicher Unterstützung. Hersteller von Servo-Antrieben beispielsweise wollen Produkte speziell für den chinesischen Markt entwickeln, also angepasste Eigenentwicklungen durchführen, die sie zu einem für diesen Markt angemessenen Preis verkaufen können. Dafür können wir die Entwicklungsplattformen liefern.

Ein weiteres Beispiel ist die kollaborative Robotik, also die Zusammenarbeit von Robotern und Menschen. Sehr viel spielt sich auch in der Logistik ab, ich denke da an Transportsysteme der nächsten Generation für Industrie oder Flughäfen. Komplexe Software in Kombination mit der Cloud eröffnen hier große Potenziale, und die Firmen wollen sie jetzt heben.

Wo liegen die Potenziale genau?

Nehmen wir zum Beispiel eine Fertigungsstraße für Motorblocks. Bisher werden sie auf einen bestimmten Motor in einer seriellen Kette konfiguriert und eingerichtet, individuell für jeden Kunden. Mit intelligenter Software und auf Basis eines vernetzten Flurtransportsystems lässt sich der Materialfluss so steuern, dass ganz unterschiedliche Produkte auf den gleichen Maschinen hergestellt werden können. Ein weiteres Beispiel wären Gepäcktransportsysteme für Flughäfen. Bisher sind sie auf jeden Flughafen individuell zugeschnitten. Wenn man sie über Software konfiguriert, verbilligen sich die Installation und der Einrichtungsaufwand. An diesen Beispielen kann man sehen, dass Industrie 4.0 über predictive Maintanance und Condition Monitoring weit hinaus geht. Man sieht, wie vernetzte Logistik und Robotik zur autonomen Transportlogistik zusammenwachsen.

Sehen Sie sich mit diesem Ansatz noch alleine?

Es gibt Ansätze, Cloud-basierte Entwicklungsumgebungen zu realisieren, noch sehe ich Synapticon aber allein auf weiter Flur. Labview bietet einen grafische Konfiguration, ist aber nicht Web-basiert und eher für Prüfstände und nicht für Massenprodukte ausgelegt. DSpace geht einen ähnlichen Weg speziell für den Automotive-Markt.

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