Auch wenn ein Schaltschrank in 19-Zoll-Bauweise bei immer kleiner werdenden Rechnerformaten etwas altbacken erscheint, ist er doch ein häufiger Anblick im Schienen-Fernverkehr (Bild 2). Die Technik ist nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa und auch in Asien weit verbreitet. Das hat auch Gründe: Steckkarten sind wartungsfreundlich und zukunftssicher. Sowohl CPU-Karten als auch Ein-/Ausgabe-Funktionen lassen sich leicht nachrüsten. Die genormte Größe der Baugruppenträger und Karten machen auch ein Umrüsten auf neue Technologien möglich, zum Beispiel von VMEbus auf CompactPCI oder auf das noch leistungsfähigere, serielle CompactPCI Serial.
Zusammen mit dem Prinzip der Steckkarten kann man mit 19-Zoll-Technik auch das Obsoleszenz-Problem abfedern. Wo aus Leistungsgründen Prozessoren nötig sind, die nach wenigen Jahren nicht mehr lieferbar sind, kann eine Nachfolge-CPU-Karte mit aktuellem Prozessor das System durch simplen Austausch weiterführen. Insgesamt liegen modulare Plattformen wie CompactPCI Serial eher am oberen Ende der Preisspanne. Das Gleiche gilt jedoch auch für die Leistungsfähigkeit. Wenn diese sehr hoch sein muss, aber nur kleinere Stückzahlen nötig sind, kann eine standardisierte 19-Zoll-Plattform am Ende günstiger sein als ein proprietäres System.
Auch für sicherheitskritische Funktionen
Bussysteme sind auch für besonders sicherheitskritische Aufgaben gut geeignet. In einem modularen System lassen sich redundante Konstellationen einfacher aufbauen als in einer starren, sehr kompakten Box. Hier macht die Technik derzeit große Fortschritte: Neue CPU-Karten in 3 HE CompactPCI mit Prozessorredundanz auf einer einzigen Baugruppe vereinfachen die Einrichtung eines sicheren Systems enorm.
Ein weiterer Schritt berücksichtigt neben der CPU-Karte auch noch Ein-/Ausgabefunktionen und schließlich die Zertifizierung. Daraus entsteht ein konfigurierbarer Bahnrechner mit Fokus auf Steuerungen im Zug, der komplett aus Standardbaugruppen besteht. Die wesentliche Dokumentation und sichere BSP-Software für die spätere Zertifizierung bis SIL 4 stehen als Pakete schon bereit.
Die Forderung nach Robustheit erfüllen 19-Zoll-Systeme bereits durch die feste Verschraubung aller Komponenten bis hin zu den oben schon erwähnten Stecker-Standards. Die Bauteile auf den Einschubkarten müssen natürlich ebenfalls fest verlötet oder verschraubt sein. Der Schrank, in dem die Baugruppenträger montiert werden, stellt die Kühlung sicher und bietet Schutz etwa vor Verschmutzung durch Staub oder Flüssigkeiten.
Selbst wenn kein klassischer Schaltschrank Platz findet und/oder das System noch widerstandsfähiger sein muss, gibt es die Möglichkeit, Steckbaugruppen zu verwenden (Bild 3). Man baut sie dann mit Hilfe von CCA-Rahmen zu „Conduction-Cooled Assemblies“ um. Statt durch die übliche Luftkühlung (Konvektion) wird die Abwärme über Konduktion an einen entsprechenden Baugruppenträger abgeführt. Die Technologie ist immer noch gleich. Besonders reizvoll ist der Aspekt der Kompatibilität zwischen verteilten Systemen. Ein Argument ist dabei die Wiederverwendbarkeit von Software-Anwendungen.
Kompakt und individuell auf Basis von Computermodulen
Die CCA-Technik hat sich auch zur Wärmeableitung bei Aufsteck-CPUs (Computermodulen, COMs) bewährt. COMs eignen sich sehr gut als Basis für ausgeprägt kompakte Systeme, die sehr spezielle Anforderungen erfüllen müssen und trotzdem in höheren Stückzahlen verbaut werden. Das gilt sowohl für bestehende Fahrzeugflotten als auch für neue Systeme. Neben ihrer Kompaktheit sind COMs zugleich skalierbar und somit variabel für verschiedene Aufgaben einsetzbar. Das Herzstück eines COM ist dessen Prozessor. Die Wahl des Moduls richtet sich nach den jeweiligen Leistungs- und Ein-/Ausgabe-Bedürfnissen. Normen gewährleisten, dass die Module kompatibel bleiben.
Das COM-Express-Konzept der PICMG ist hier ein weit verbreiteter wie bewährter Standard. Ihm verdanken Systemintegratoren Unabhängigkeit von einzelnen Anbietern. Hauptsächlich für unkritische Industrie-Anwendungen konzipiert, stößt COM Express allerdings schnell an seine Grenzen, sobald eine Anwendung der Elektronik robuste Eigenschaften abverlangt. Diese Anforderungen wurden bisher meist durch kostspielige kundenspezifische Designs oder nur in begrenztem Maße realisiert. Diese Lücke füllt ein neuer Ansatz namens Rugged COM Express (RCE), der auf die erwähnte CCA-Technik setzt und zugleich auf der Pinbelegung und den Formfaktoren von COM Express basiert. Die Module haben zusätzliche Seitenflügel zur Einbettung in einen fest verschraubten Aluminiumrahmen, der die mechanischen Teile thermisch optimal verbindet. Der Rahmen leitet die Abwärme von CPU und Träger direkt zum umgebenden Gehäuse. Die Bauteile sind in dem massiven Rahmen vor äußeren Einflüssen und hinsichtlich EMV perfekt geschützt. Die Spezifikation ist als VITA 59 RCE auf dem Weg zur Standardisierung.