Forum Teil 2 - Viele Board-Standards für wenige CPUs

Quasi-Monopol bei Embedded-Modulen?

27. September 2010, 16:34 Uhr | Manne Kreuzer
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Software ist nicht mehr so entscheidend

»Die Schnittmenge zwischen RISC und x86 ist klein, und es gibt nur wenige Kunden die hier vor einer Entscheidung stehen«, gibt Klaus Rottmayr, General Manager der ICP Deutschland zu bedenken, »denn die ist meistens schon sehr früh aufgrund der Software gefallen. In der Entwicklung schwanken nur sehr wenige hin und her.«

Das Softwareargument verliert mit den wachsenden Open-Source-Erfolgen allerdings an Boden. »In kleinen Applikationen wie einem Blutdruckmessgerät ist der Softwarebedarf nur ein kleines Teil des Puzzles«, betont Wolfgang Eisenbarth, Director of Marketing Embedded Computer Technologie der MSC Vertriebs GmbH. »Man braucht eine Netzwerkverbindung, Wireless-Technologien, ein bisschen Eingabemedium und Visualisierung. Mit Android gibt es ein Betriebssystem, das von der Smartphone- und Tablet-PC-Seite kommt und diese Aufgaben deshalb leicht portierbar macht.« Eisenbarth rechnet daher für die nächsten Jahre mit einem immer häufigeren Aufeinandertreffen von Intel und den RISC-Herstellern. »Mit Qseven haben wir bereits jetzt einen Punkt, in dem sich die Technologien treffen. Sie treffen sich nicht in High-End-Portfolien wie COM Express, sondern in den kleinen, mobilen Formaten, denn im Batteriebetrieb gibt es noch sehr große Unterschiede zwischen den Architekturen.«

Allerdings ist Low-Power nicht automatisch ein Erbhof für RISC, ist sich Heiner Jünger, Geschäftsführer von embedded-logic, sicher: »Die Intel-Prozessoren werden immer Strom sparender und in die ARM-Prozessoren wird immer mehr hineingepackt was Strom zieht - irgendwann kommt es zu einer Überschneidung und dann macht meiner Meinung nach Intel das Rennen, weil alle dem Marktführer hinterher eifern. Aber da sind wir noch lange nicht. Deswegen brauchen wir zwischenzeitlich die ARM-basierten Lösungen.«

Auch wenn jede ARM-Generation ein mehr an Rechenleistung liefert, so stoßen die Bausteine in gewissen Aufgabenfeldern an Grenzen. »Im Bereich der Bildverarbeitung kommt man mit RISC nicht hin, da sind höhere Rechenleistungen gefordert, um noch höhere Durchsatzraten zu erzielen - da setzen wir dann auf Intel«, berichtet Eric Biank, Leitung Produktbereich IPC-Komponenten von Spectra Computersysteme, »wir haben auch festgestellt, dass die Kundschaft im industriellen Bereich schon Intel-hörig geworden ist.« Eine weniger technische, dafür aber umso menschliche Erklärung kennt Bullinger: »Es gab früher den Spruch 'Es wurde noch keiner gefeuert, weil er IBM gekauft hat' - heute gilt es für Intel.«

Wenn die RISC-Bausteine sich mit den PC-Schnittstellen bislang schwer getan haben, warum haben sich keine RISC-Board-Standards etabliert? Das Problem dabei ist die Vielzahl an unterschiedlichen, teilweise sogar exotischen Schnittstellen, die RISC-Bausteine anbieten und manchmal sogar zum »Spezialprozessor« erheben. Da bei Modulen für jede Schnittstelle jeweils eigene Pins auf den Bussteckverbindern reserviert werden, käme man so schnell auf sehr hohe Pin-Zahlen für CPU-Architektur-unabhängige Module. Nur eine Teilmenge der angebotenen Schnittstellenvielfalt für die Module zu nutzen bedeutet allerdings oftmals den Verlust der CPU-typischen Stärken und deren Alleinstellungsmerkmale.

Ein weiterer möglicher Ansatz ist es, eigenständige Modulstandards für die jeweiligen CPU-Familien zu entwickeln und so Skalierbarkeit und eine vereinfachte Software-Entwicklung zu ermöglichen. Hier erzeugt der Fleiß der Halbleiterhersteller aber oftmals Fallstricke: So gibt es ARM-basierte CPU-Familien die über 128 bis 527 Pins verfügen, damit einen sehr unterschiedlichen Flächenbedarf haben und eine deutlich variierende Schnittstellenauswahl bieten. Auch hier bringt ein kleinster gemeinsamer Nenner keine Vorteile.

»Wir sehen trotzdem Potenzial für RISC-Prozessoren im Modulbereich«, betont Eisenbarth. »Denn der Aufwand für einen Kunden, eine Schaltung im GHz-Bereich zu realisieren - auch mit ARM - ist nicht mehr ganz so einfach, wie früher mit CPUs im zweistelligen MHz-Bereich«. Für den Kunden ist es daher einfacher, das CPU-Modul mit seiner Design-Problematik zuzukaufen und sich lieber auf das Schnittstellen-Routing und seine Applikation zu konzentrieren. »Daher gibt es Module mit RISC-Prozesoren schon lange und viele«, ergänzt Eisenbarth. »Allerdings sind sie proprietär und eigentlich nur für kundenspezifische Lösungen geeignet. Aber auch in diesem Bereich kommt die Frage nach Second-Source sehr stark auf - das wird das Thema weiter antreiben.«

 

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