Board-to-Board-Steckverbinder

Floating und Highspeed kombiniert

4. Juli 2024, 10:26 Uhr | Von Kathrin Stelzer und Tobias Kanne, Phoenix Contact; Redaktion: Kathrin Veigel
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Board-to-Board-Steckverbinder gibt es in vielen Varianten: klein und groß, niedrig und hoch, robust und einfach. Neu bei Phoenix Contact sind nun Floating-Stecker. Was diese auszeichnet, wo sie zum Einsatz kommen und ob Highspeed-Datenübertragung und Floating ein Widerspruch ist, gilt es zu klären.

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Board-to-Board-Steckverbinder bestehen aus Kontakten, die eine elektrische Verbindung herstellen, und einem Gehäuse, das die Kontakte schützt und fixiert. In Kombination mit einem entsprechenden Gegenstück ergibt sich eine starre Board-to-Board-Verbindung. Im Gegensatz dazu bestehen Floating-Steckverbinder aus zwei Gehäuseteilen, die durch die Kontaktmetalle miteinander verbunden sind. Der innere Gehäuseteil enthält das Steckgesicht. Dieser wird durch ein äußeres Gehäuse eingerahmt, das die Lötflächen und Kontakte schützt.

Die Floating-Kontakte sind lang und geschwungen. Durch ihre Form erlauben sie, dass der innere Gehäuseteil mit dem Steckgesicht innerhalb der Grenzen beweglich ist, die der äußere Gehäuseteil vorgibt. Hierbei wirken die Floating-Kontakte als Federelemente. Es ist möglich, das Steckgesicht im Steckverbinder zu verschieben und zu neigen – diese Eigenschaft wird als Floating bezeichnet.

Floating-Prinzip: Das Kontaktsystem ermöglicht Bewegung im System
Bild 1. Floating-Prinzip: Das Kontaktsystem ermöglicht Bewegung im System.
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Bild 1 zeigt eine Schnittdarstellung des Floating-Steckverbinders. Auf der unteren Leiterplatte ist die Floating-Federleiste mit dem geschwungenen Kontakt und beweglichem Steckgesicht dargestellt. Von oben wird die starre Messerleiste gesteckt, die auf der oberen Leiterplatte verlötet ist. Die Messerleiste ist nach rechts verschoben, was eine Auslenkung der Floating-Kontakte bewirkt. Der Lötbereich von Messerleiste und Federleiste wird wenig belastet, da die spezielle Kontaktgeometrie Relativbewegung im Stecksystem erlaubt. Dadurch lässt sich das Steckgesicht in einem sehr großen Toleranzbereich hin- und herbewegen, wobei gleichzeitig der Lötbereich feststeht.

Das Verschieben der Leiterplatten in X- und Y- Richtung ermöglicht neuartige Designs für Geräte
Bild 2. Das Verschieben der Leiterplatten in X- und Y- Richtung ermöglicht neuartige Designs für Geräte.
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In X- und Y-Richtung ist eine Fehlausrichtung von ±0,7 mm möglich (Bild 2). Somit ist die Toleranzstrecke der Steckverbindung größer als ihr Rastermaß. Zusätzlich erlaubt die Serie FS 0,635 ebenfalls eine Toleranz von 0,6 mm in Steckrichtung, das sogenannte Wiping. Die FS-0,635-Floating-Federleiste lässt sich mit drei unterschiedlich hohen Messerleisten kombinieren, um verschiedene Stapelhöhen zu realisieren. Mögliche Stapelhöhen sind 8 mm bis 8,6 mm sowie 11 mm bis 11,6 mm sowie 12 mm bis 12,6 mm. Hierdurch wird es möglich, einen passenden Leiterplattenabstand für die jeweilige Applikation zu finden. Wird die starre Kombination der Serie FS 0,635 verwendet, sind Stapelhöhen zwischen 6 mm und 16,6 mm möglich.

Steckverbinderserie FS 0,635 in aller Kürze
  • Floating erlaubt Bewegung in der Board-to-Board-Verbindung
  • Erheblicher Toleranzausgleich und eine sehr hohe Datenübertragung in einem Steckverbinder
  • Flexibilität im Gerätedesign durch die Auswahl zwischen Rigid- und Floating-Varianten

 

Vorteile und Anwendung von Floating

Die Beweglichkeit des Steckgesichts erlaubt einen sehr hohen Toleranzausgleich und eine Minimierung von mechanischen Spannungen in der Verbindung. Das ist sowohl beim Steckvorgang als auch im gesteckten Zustand von Vorteil. So werden Kräfte, die auf die Steckverbindung und die Lötstellen wirken, durch die federnden Eigenschaften der Floating-Kontakte reduziert. Eine sehr zuverlässige und langzeitstabile Board-to-Board-Verbindung entsteht. Beim Stecken ermöglicht das Floating den Ausgleich von Fertigungstoleranzen. Diese treten bei der Montage von Leiterplatten zwangsläufig auf, zum Beispiel durch den Fügeprozess. Geräte, in denen die Leiterplatten beim Stecken geführt werden, profitieren vom Toleranzausgleich in der Steckverbindung. Floating gleicht den Versatz beim Stecken von Steckverbindern aus.

Floating-Steckverbinder erleichtern die automatische Montage der Leiterplatten. Fehlstecken wird teilweise ausgeglichen, ohne die Board-to-Board-Steckverbindung auf der Leiterplatte zu beschädigen. Dies führt zu weniger Ausfällen im Prozess und es besteht die Möglichkeit, die Geschwindigkeit des Steckens zu optimieren. Damit hat der Floating-Steckverbinder direkten Einfluss auf die Effizienz des Steckvorgangs.
Darüber hinaus erlaubt Floating den Einsatz mehrerer Board-to-Board-Verbindungen zwischen zwei Leiterplatten. Die Floating-Eigenschaften bieten genügend Spielraum, um die Positionstoleranzen auszugleichen, die beim Positionieren und Verlöten der Steckverbinder auftreten. Der federnde Kontakt reduziert die Krafteinwirkung auf die Lötstellen auf ein Minimum. Dies ermöglicht den zuverlässigen Einsatz mehrerer Steckverbinder.

Der Floating-Steckverbinder ist ein Spezialist für bestimmte Anwendungen. Seine besonderen Eigenschaften sind vor allem dort von Vorteil, wo Vibrationen oder Schock auftreten. Das kann zum Beispiel in industriellen Geräten sein, die einer permanenten mechanischen Belastung ausgesetzt sind. Doch auch thermische Effekte können Relativbewegungen in der Steckverbindung verursachen. Das Floating kann solche Bewegungen ausgleichen und die damit einhergehenden Belastungen der Steckverbindung reduzieren.

Da der Toleranzausgleich eine größere Bewegung voraussetzt, benötigt der Floating-Steckverbinder mehr Platz als vergleichbare starre Steckverbindungen. Dies sollten Anwender beim Einsatz berücksichtigen. Generell sind starre Board-to-Board-Steckverbindung in vielen Applikationen ebenso zuverlässig und langlebig wie Floating-Steckverbinder. Dort, wo die besonderen Eigenschaften von Floating-Steckverbindern gefragt sind, spielen sie jedoch ihre Vorteile aus. Floating-Steckverbinder sind also Spezialisten für bestimmte Anwendungen, keine Generalisten für alle Fälle.

Highspeed-Datenübertragung möglich trotz Floating

Herausragendes Merkmal: Hohe Datenübertragungsrate bis zu 40 GBit/s bei der Serie FS 0,635
Bild 3. Herausragendes Merkmal: Hohe Datenübertragungsrate bis zu 40 GBit/s bei der Serie FS 0,635.
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Die Signalintegrität einer Board-to-Board-Steckverbindung ist von vielen Faktoren abhängig. So ist die Geometrie der Kontakte ein wesentlicher Faktor. Es ist anzunehmen, dass die geschwungenen, federnden Kontakte der Floating-Board-to-Board-Steckverbinder keine guten Highspeed-Ergebnisse liefern können.

Bei der Serie FS 0,635 wurde der Floating-Kontakt jedoch so optimiert, dass auch diese Ausführung sehr gute Datenübertragungseigenschaften aufweist (Bild 3). Mit FS 0,635 Floating lassen sich Highspeed-Datenraten von bis zu 40 Gbit/s erreichen.

Wachsendes Einsatzgebiet in Sicht

Floating-Steckverbinder sind eine zuverlässige und effiziente Möglichkeit der Verbindung zweier Leiterplatten. Sie sind robust und langlebig und damit optimal für den Einsatz in rauen Umgebungen geeignet. Sie schaffen eine zuverlässige Verbindung zwischen den Leiterplatten, indem sie kleinere Relativbewegungen ausgleichen und so die Krafteinwirkung auf die Lötstellen reduzieren. Diese Eigenschaft hilft einerseits beim Einsatz von mehreren Steckverbindern auf einer Leiterplatte und andererseits für das automatische und manuelle Stecken der Board-to-Board-Verbindung.

Der Floating-Steckverbinder ist jedoch kein Generalist für jeden Fall; schon durch den hohen Platzbedarf ist er nicht für jede Anwendung passend. Und noch eher selten am Markt sind sehr gute Datenübertragungseigenschaften, wie die des Floating-Steckverbinders in der Serie FS 0,635. Der Floating-Kontakt wurde dahingehend optimiert und erreicht so eine Highspeed-Performance von 40 Gbit/s – was eine Vielzahl an neuen Einsatzmöglichkeiten für Floating-Steckverbinder schafft.

 

Die Autoren

 

Kathrin Stelzer von Phoenix-Contact
Kathrin Stelzer von Phoenix-Contact.
© Phoenix Contact

 

Kathrin Stelzer ist im Produktmarketing Board-to-Board Connectors, BU PCC bei Phoenix Contact in Blomberg tätig.

 

 

Tobias Kanne von Phoenix-Contact
Tobias Kanne von Phoenix-Contact.
© Phoenix Contact

 

Tobias Kanne ist im Produktmarketing Board-to-Board Connectors, BU PCC bei Phoenix Contact in Blomberg tätig.

 

 


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