Produkt-Abkündigungen: Kostenfalle Obsolescence

17. Juli 2009, 7:05 Uhr | Carmen Skupin, Markt&Technik
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Vertragliche Absicherung der Langzeitverfügbarkeit

Pg_Bartel.jpg


»Wir sehen, dass einige Hersteller zudem Bauelemente forcieren, die aufgrund der Stückzahlen und der am Markt zu erzielenden Preise hochprofitabel sind«, bemerkt Wolfgang Zang, Geschäftsführer der ED-V. Manche Bauelemente würden nur gefertigt, wenn eine entsprechende Anzahl Aufträge für das Produkt vorhanden sei. »Da kann es schon mal vorkommen, dass man auf ein Bauteil 24 Wochen und mehr warten muss.«  Dies scheint allerdings nach wie vor die Ausnahme zu sein. Gravierende Auswirkungen auf die Verfügbarkeit hat die momentane wirtschaftliche Situation nicht.

»Um Obsoleszenzen zu vermeiden, orientieren wir uns bei der Bauteileauswahl generell an Herstellern und Lieferanten, die uns auch schon in der Vergangenheit in schwierigen Situationen geholfen haben«, erläutert Anke Bartel. Zudem ist es laut Johann Weber entscheidend, auf Hersteller zu setzen, die eine solide finanzielle Basis vorweisen können.

Seitens der Entwickler sei zudem eine gute Marktkenntnis erforderlich, da bei der Auswahl von Vorzugsherstellern die erforderlichen Life-Cycle-Informationen aus Datenbanken in vielen Fällen nicht ausreichend seien. »Wir setzen Obsolescence-Management gezielt als aktives Werkzeug zur Früherkennung und Lösungsfindung bei Bauteileabkündigungen ein«, erklärt Johann Weber. »Die Möglichkeit, rechtzeitig zu agieren und unseren Kunden damit die bestmögliche Unterstützung bieten zu können, ist gesetztes Ziel und Sicherstellung unserer Konkurrenzfähigkeit gleichermaßen.«

Diese proaktive Vorgehensweise im Umgang mit Obsolescence legt auch der COG seinen Mitgliedern nahe. Entsprechende Prozesse müssten bereits im Marketing ansetzen. Abgestimmt auf die voraussichtliche Lebensdauer des Endproduktes, sollten die Entwickler Bauelemente auswählen die den geforderten Kriterien Liefersicherheit und Langlebigkeit entsprechen.

Vertragliche Absicherung der Langzeitverfügbarkeit

Dem Einkauf fällt die Aufgabe zu, die langfristige Verfügbarkeit vertraglich abzusichern. Zwar sollten die Entwickler schon bei der Bauelementeauswahl auf die langfristige Verfügbarkeit der einzelnen Komponenten achten, aber auch im Marketing muss in der Phase der Produktdefinition eine etwaige Obsolescence mit in Betracht gezogen werden. Hier bietet sich eine Reihe bewährter Handlungsansätze an – ein Patentrezept hat jedoch auch der COG nicht in der Tasche. Jedes Unternehmen ist gefordert, eine eigene Obsolescence-Strategie zu entwickeln, die alle Ebenen der Organisation mit einbezieht. Ansatzpunkte gibt es entlang der gesamten Entstehungskette eines Produktes.

Kommt nach »Design for Testability« und »Design for Production« zukünftig also auch ein »Desgin for Obsolescence«? »Es ist sicherlich ratsam, Produkte mit Blick auf Obsolescence von Beginn an so zu entwickeln, dass sich Kosten und Risiken über den gesamten Produktlebenszyklus minimieren lassen«, meint Ludger Penkhues. Die Auswahl geeigneter Produkte ist ein Balanceakt: Auf der einen Seite sind die Firmen verständlicherweise darauf erpicht, ihr Endprodukt mit den neuesten Technologien auszurüsten. Auf der anderen Seite steht die Unsicherheit, nicht zu wissen, ob gerade diese Technologie in einigen Monaten nicht schon wieder vom Markt verschwunden sein könnte.

Auf Verständnis seitens der Bauelementehersteller können die Firmen nicht hoffen. Die wichtigsten deutschen Abnehmerbranchen wie der Maschinenbau, die Industrieelektronik, Luft und Raumfahrt oder gar der Militärsektor fallen, verglichen mit den Giganten Consumer, Computer und Kommunikation, weltweit kaum ins Gewicht. Selbst die Automobilindustrie kann weltweit nur etwa 8 Prozent des Bauelementemarktes für sich in Anspruch nehmen. Kommerziellen Druck können diese Branchen ergo nicht ausüben: Die Bauelementehersteller richten ihre Strategien an den großen Abnehmerbranchen aus. 


  1. Produkt-Abkündigungen: Kostenfalle Obsolescence
  2. Vertragliche Absicherung der Langzeitverfügbarkeit

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!