Das Geschäftsmodell der Katalogdistribution hat sich deutlich verändert

»Die Information wird zum Schlüsselfaktor«

17. Oktober 2011, 10:53 Uhr | Karin Zühlke
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Lokale Ansprechpartner sind essenziell

Das Geschäft wandert mehr und mehr ins Internet. Ist da lokale Präsenz inklusive Außendienst überhaupt noch erforderlich bzw. entscheidend?

Absolut. Darauf können und wollen wir nicht verzichten, weil wir dadurch den Kunden weitaus besser unterstützen können, ob bei der Produktauswahl oder dem Design-In. Auch wenn mal etwas nicht so läuft, wie es sollte, hat der Kunde einen lokalen Ansprechpartner, auf den er schnell und ohne Umwege zugreifen kann, und nicht ein anonymes Callcenter irgendwo auf der Welt. Der deutsche Kunde schätzt den Außendienst, der der Firma ein Gesicht gibt.

Unterscheiden sich die Anforderungen der deutschen Entwicklungsingenieure von denen ihrer Kollegen im restlichen Europa?

Die Ansprüche der Elektronikentwickler in Europa sind relativ gleich. Auch die Preisunterschiede sind sehr gering, und die kleinen Unterschiede, die es noch gibt, werden sich mehr und mehr auflösen. Die Welt wird zunehmend vernetzter, deshalb haben wir auch mehr Kunden, die international arbeiten. Die brauchen eine internationale Plattform. Unsere Kunden können europaweit mit der gleichen Bestellnummer bestellen und wir haben europaweit dasselbe System und im Großen und Ganzen auch dasselbe Produktangebot.  

In den letzten fünf Jahren haben Sie immer mehr EMS-Firmen als Kunden gewonnen. Woran liegt das?

EMS ist für uns ein strategisches Segment. Das hat sich in der Tat in den letzten Jahren sehr gut entwickelt, weil wir von diesen Firmen als strategische Partner wahrgenommen wurden bzw. werden: Wir unterstützen bei der Neuprodukteinführung oder der Vorserienproduktion oder auch bei der Entwicklung und dem Design-In. Außerdem haben wir z.B. auch die Industrieverpackung unserer Produkte entsprechend auf die Anforderungen des EMS-Firmen angepasst und bieten verschiedene weitere Services, wie Angebotserstellung oder die Umwandlung von Stücklisten. Das sind Standards, die diese Kundengruppe braucht.

Auch die Anforderungen an die EMS-Industrie hat sich in den letzten Jahren sehr verändert, vom Bestücker zum Rund-um-Dienstleister . . .

Und damit hat auch der Druck zugenommen, dem diese Klientel ausgesetzt ist: Es ist keine Seltenheit, dass eine EMS-Firma innerhalb von nur drei Tagen oder sogar nur 24 Stunden einen Prototypen fertigen muss. Deshalb brauchen diese Kunden einen Partner, der die Ware auf Lager hat, aber gleichzeitig auch einen direkten Ansprechpartner, der »griffbereit« ist, und damit wären wir wieder bei der Antwort auf die Frage, warum ein Außendienst für uns sehr wichtig ist.     

Sie sind seit kurzem auch für die Schweiz verantwortlich – derzeit wohl eher ein Sorgenkind aufgrund der Währungssituation?

Es ist keine leichte Situation für den gesamte Schweizer Markt. Der Schweizer Export bricht etwas ein. Das bekommen natürlich auch wir zu spüren, weil weniger bestellt wird. Wir werden als Reaktion auf die Situation die Preise anpassen.

Und wie stellt sich die gesamtwirtschaftliche Lage für Sie derzeit da?

Die Situation ist nicht ganz so rosig. Ich rechne mit einer deutlichen Abschwächung des Marktes, weil die Börsensituation immer mehr in die Industrie mit hineinspielt. Dementsprechend planen wir mit einem schwächeren Q4. Unser CEO schätzt die Märkte immer sehr reell ein, das hat uns auch geholfen, gut aus der letzten Krise herauszukommen.

Aber, um das klarzustellen: Ich denke nicht, dass wir aufs Neue auf eine Krise zusteuern, wie wir sie 2009 hatten.

Also befinden wir uns eher in einem ganz normalen Marktzyklus?

Ja, aber beschleunigt durch makroökonomische Faktoren. Wir haben es aber nicht mit Panik auf dem Markt zu tun oder einem Absturz, stellen aber durchaus eine Reaktion fest. Auch der Arbeitsmarkt ist nach wie vor sehr stabil, es ist immer noch schwierig, Fachkräfte zu bekommen.

Werden bereits Bestellungen storniert?

Nein, die Firmen planen nur konservativer. Der Preisdruck nimmt zu, und der Markt ist dementsprechend dabei, sich zu drehen, von einem Verkäufer-  hin zum Käufermarkt. Es ist sehr viel Ware im Markt, insofern ist das auch nichts Ungewöhnliches.

Und Ihr Ausblick für 2012?

Das wird kein einfaches Jahr werden. Was da genau auf uns zukommt, das hängt stark davon ab, wie sich Italien, Spanien und UK wirtschaftlich entwickeln. Griechenland dürfte hier gar nicht so entscheidend sein.

Unabhängig von dieser Entwicklung wird der Distributionsanteil in Europa, also der DTAM, weiter steigen. Die Direktbestellungen für den Entwicklungsbedarf sind immer weiter zurückgegangen, weil die Hersteller das Direktgeschäft immer mehr eingeschränkt oder ganz eingestellt haben. Als Distributor sind wir traditionell sehr auf Vertrieb und Marketing spezialisiert, und gerade kleinere Hersteller haben dafür nicht genügend Ressourcen.


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