MOST Cooperation

Internet und Fahrerassistenz fordern das Infotainment-Netzwerk heraus

20. Januar 2012, 14:24 Uhr | Von Harald Schöpp
Diesen Artikel anhören

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Die Fahrerassistenz

Der Bedarf an einem Fahrerassistenz-Netzwerk ist unumstritten und es besteht der Konsens zwischen vielen OEMs und Tier-1-Zulieferern, dass es dafür im elektrisch/elektronischen Ökosystem des Fahrzeuges ein neues Cluster geben wird. Dabei stellt sich sofort die Frage, welche Netzwerk-Technologie am besten für die neue Domäne geeignet ist: Kann eine der heute existierenden Technologien - CAN, FlexRay, LIN oder MOST - die anstehenden Aufgaben bewältigen? Oder bedarf es eines erneuten Kraftaktes, eine bisher im Fahrzeug noch nicht etablierte Technologie einzuführen? Meine Antwort ist: Nein, man braucht nichts grundlegend Neues. Neben allen technischen Diskussionen spielen vor allem ökonomische Aspekte eine Hauptrolle im Entscheidungsprozess. Betrachtet man die bestehenden Technologien, so sind die Analogien insbesondere auf der Vernetzungsebene in den Aufgabenstellungen für Infotainment und Fahrerassistenz beträchtlich. Für einen Einsatz von MOST im Fahrerassistenzbereich müssen lediglich einige Details angepasst werden. Das Grundprinzip in Form von ausreichend hoher Bandbreite bei vertretbaren Kosten, guter Robustheit im Fahrzeug und einer extrem tragfähigen Grundstruktur für die Vereinheitlichung von Applikationsschnittstellen passt. Auch wurde bereits nachgewiesen, dass die Technologie bereit ist, um sicherheitskritische Applikationen zu unterstützen. Der Einsatz von MOST für Fahrerassistenz-Netzwerke hat damit den klaren Vorteil, dass zukünftige Anwendungen von Beginn an von den im Infotainment-Markt generierten Volumina profitieren und daran partizipieren können. Bereits ab 2013 könnten MOST150-basierte Fahrerassistenz-Netzwerke bezüglich Volumina quasi einen Schnellstart hinlegen. Im Gegensatz dazu muss sich jede bisher im Automobilmarkt nicht etablierte Technologie einen Weg durch anfänglich niedrige Volumina, Fahrzeugunreife etc. bahnen - ganz so, wie es auch MOST und FlexRay während ihrer Kindertage erfahren haben.

Die Bandbreite

Die Entwicklung neuer Funktionen, Geschwindigkeitsgrade und Physical Layer wird immer von der MOST Cooperation vorangetrieben, indem die tatsächlichen Markterfordernisse einer breiten Nutzergruppe einfließen. So wird das Optimum und nicht das technische Maximum anvisiert. Der absolute Geschwindigkeitsgrad der zukünftigen Generation ist noch nicht vollständig definiert, technisch möglich sind Geschwindigkeiten im Bereich von 5 bis 10 Gbit/s. Aber die wesentliche Frage lautet: Was benötigt der Automotive-Markt wirklich? Warum sollten Nutzer Daten mit so hoher Geschwindigkeit übertragen wollen und welche Daten wären das? Ebenso geprüft und diskutiert werden das geeignete physikalische Medium wie auch die Höhe der gesamten Systemkosten, inklusive eines automotive-qualifizierten Netzwerk-Schnittstellen-Controllers, des physikalischen Mediums und des Steckersystems. Und wann wäre der passende Zeitpunkt? Einige Randbedingungen scheinen bereits klar zu sein: So wird die Bit-Rate jenseits von 1 Gbit/s liegen und sowohl der optische als auch der elektrische physikalische Layer werden verfügbar sein. MOST bleibt ein synchrones Netzwerk mit einer Auslastungseffizienz von nahezu 100 Prozent und der Fähigkeit, nahtlos IP-Paketdaten zu transportieren.

Der Markt

Für jede neue Technologie ist der kritische Punkt, den Schritt von einer Nischentechnologie zum verbreiteten und akzeptierten Standard zu vollziehen. Dazu sind viele Faktoren von sowohl technischer als auch kommerzieller Seite nötig. Betrachtet man Halbleiter für den Automobilmarkt, so ist der Unterschied zwischen Halbleiterwelt und Automobilindustrie erheblich: beispielsweise die Definition von „vernünftigen“ Volumina oder auch die Produktlebenszyklen im Bereich der sich schnell wandelnden Technologien. Um Skaleneffekte bezüglich Volumina und Preisen zu erreichen, gibt es immer wieder Versuche, Technologien aus dem Unterhaltungselektronikumfeld in das Fahrzeug zu importieren. Neuere Beispiele hierzu sind die USB- und Ethernet-Technologien. Bei genauerem Hinsehen wird schnell klar, dass Technologien, die im Fahrzeug eingesetzt werden, für das Fahrzeug optimiert sein müssen, entweder bezüglich Umgebung (Temperatur, EMV, andere physikalische Parameter wie Kabellänge oder Anzahl von Verbindungen) oder Anwendung. Im Fall von Infotainment/Consumer-Netzwerken gibt es daher bisher keine relevanten, übergreifenden Markenstandards, die von den Marktführern der Unterhaltungselektronik akzeptiert und implementiert wurden. Fazit ist, dass die automobilen Notwendigkeiten automobil-spezifische Entwicklungen verlangen, was folglich zu optimierten Lösungen für Fahrzeuge wie CAN, FlexRay und MOST führt.
Die Kluft zum Massenmarkt zu überschreiten bedeutet, überragende Technologie zu niedrigem Preis für niedrige Volumina über viele Jahre anzubieten. Für CAN und MOST hat es mehr als zehn Jahre gedauert, diesen Punkt zu erreichen. Jede neue Technologie muss grundsätzlich denselben Mustern folgen. MOST hat es erreicht - mit einer deutlichen technologischen und kostenmäßigen Richtung für die Zukunft. MOST150 wurde bereits von Volkswagen/Audi, Daimler und einigen weiteren Fahrzeugherstellern eingeführt. Der Serienstart erfolgt 2012 bei Audi. Sobald anschließend die Serienanläufe der Volumenmodelle starten, wird die Volumenkurve ab 2013/14 noch steiler ansteigen.

 

Harald Schöpp ist Gründungsmitglied der MOST Cooperation und repräsentiert SMSC im Steuerkreis


  1. Internet und Fahrerassistenz fordern das Infotainment-Netzwerk heraus
  2. Die Fahrerassistenz

Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!