Bildsensor-SoC mit 132 dB Dynamik

Sehen bei extremen Lichtverhältnissen

26. Mai 2010, 11:24 Uhr | Von Pierre-François Rüedi und Simon Gray
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Fortsetzung des Artikels von Teil 5

Kompaktes, energiesparendes Bildverarbeitungssystem

Bild 5.
Bild 5. Das Foto links zeigt die Anordnung der Funktionsblöcke auf dem CMOS-Chip. Rechts ist eine icycam-Minikamera mit Evaluationsboard und der Entwicklungsumgebung abgebildet.

Die Schaltung wurde in einem optischen CMOS-Prozess (0,18 μm) integriert. Das Pixel-Array mit 320 x 240 Pixeln erreicht bei einer Pixelgröße von 14 x 14 μm² einen Füllfaktor von 20 Prozent (Bild 5). Der Dunkelstrom entspricht bei 25 °C 44 mV/s. Wird der kleinste benutzbare Fotostrom auf das Zehnfache des Dunkelstroms festgelegt, beträgt der maximal erreichbare Dynamikbereich bei einem  Spannungsbereich von 2 V und einer Mindestintegrationszeit von 1,2 μs 132 dB. Mit der variablen Referenzspannung wird dieser Dynamikbereich nach einer Integrationszeit von 32 ms erreicht. Die wichtigsten Kenngrößen des Bildsensor-Systems-on-Chip sind in der Tabelle zusammengefasst.

 Parameter Wert
 Auflösung  320 x 240 Pixel(QVGA)
 Pixelgröße/Füllfaktor  14 x 14 μm²/20 %
Chip-Größe  44 mm²

Empfindlichkeit

 6 V/lux/s
Dunkelstrom  44 mV/s bei 25°C
Fixed Pattern Noise  0,51 LSB
Dynamikbereich  132 dB
Stufen pro Dekade  149
Betriebsspannung  Digital: 1,8 V; Analog: 3,3 V
Leistungsaufnahme (bei 30 Bildern/s)  80 mW
DSP-Taktfrequenz  50 MHz
Internes SRAM  128 Kbyte
Temperaturbereich  -40 °C bis + 105 ° C

Die wichtigsten Parameter des Bildsensor-System-on-Chip »icycam«


Bild 6.
Bild 6. So sieht das icycam-SoC eine brennende Glühbirne in einer Tischlampe (a). Darüber hinaus liefert das Bildsensor-System-on-Chip den Kontrastwert (b) und die Kontrastrichtung (c).

In Bild 5 ist auch ein Beispiel einer auf dem icycam-SoC basierenden Miniaturkamera mit geringer Leistungsaufnahme für den Einsatz in der industriellen Bildverarbeitung zu sehen. Die Aufnahmen der leuchtenden Glühlampe in Bild 6 wurden mit dem icycam-SoC gemacht. Das Bild 6a zeigt eine Hochdynamik-Aufnahme der Lampe. Auf dem Bild 6b ist der Kontrastbetrag dargestellt und das Bild 6c gibt die Kontrastrichtung wieder, wobei die Richtungen durch Farben codiert und die Farbintensitäten durch den Kontrastbetrag gewichtet werden. In die-sem dritten Bild werden Details im schwach beleuchteten Hintergrunds deutlich, die in der beleuchtungsunabhängigen Kontrastdarstellung (Bild 6b) nicht sichtbar sind.

Dank der konstanten Transferfunktion des Sensors über einen weiten Dynamikbereich, der logarithmischen Beleuchtungscodierung und der Kontrastdarstellung ist das Bildsensor-SoC icycam bestens geeignet für Anwendungen mit wechselnden Beleuchtungsbedingungen oder Umgebungen mit hohem Dynamikbereich.

Die Kontrastdarstellung wurde bereits erfolgreich für Echtzeit-Anwendungen in der Überwachungstechnik und in der Fahrzeugindustrie eingesetzt. Basierend auf dem icycam-SoC wurde ein Algorithmus für einen »Autofahrassistenten« entwickelt. Dessen Hauptfunktion besteht darin, Fahrbahnmarkierungen zu erfassen, um fortlaufend die Position des Fahrzeugs auf der Straße zu kennen und den Fahrer im Fall eines unwillkürlichen Verlassens der Spur zu warnen. Dank des hohen Dynamikbereichs des Sensors arbeitet dieser Assistent auch in extremen Lichtsituationen stabil – z.B. beim Fahren aus einem Tunnel ins helle Sonnenlicht. Auf gewöhnlichen Bildsensoren basierende Systeme liefern in einer solchen Situation vorübergehend unkorrekte Angaben.

Das icycam-SoC ermöglicht ein äußerst kompaktes Bildverarbeitungssystem mit Pixel-Array, Prozessoren, Speichern und eingebundener Software einschließlich Bildverarbeitungsalgorithmen in einem 44 mm² kleinen Gehäuse – und das bei einer Leistungsaufnahme von nur 80 mW. Es ermöglicht, Bildakquisition, Analyse und Entscheidungsfindung in einem Chip durchzuführen, wodurch sich wiederum Möglichkeiten für kostengünstige Bildverarbeitungssysteme für den Einsatz in der Industrie, in der Fahrzeug-, Roboter- und Sicherheitstechnik eröffnen.

 

Literatur

[1] www.csem.ch

[2] Ruedi, P.-F.; et al.: A 128 x 128 Pixels 120 dB Dynamic Range Vision Sensor Chip for Image Contrast and Orientation Extraction. IEEE Journal of Solid-State Circuits, 2003, Jahrgang 38, H. 12, S. 2306 bis 2317.

[3] Arm, C.; et al.: Low-Power 32-Bit Dual-MAC 120 μW/MHz 1,0 V icyflex DSP/MCU Core. ESSCIRC, Edinburgh, September 2008, Konferenzband, S. 190 bis 193.

 

Autoren

Pierre-François Rüedi schloss sein Studium der Mikroelektronik an der Ecole Polytechnique Federale de Lausanne (EPFL) 1990 mit dem Master of Science ab. Anschliesend arbeitete er bis 1992 fur Seiko Instruments in Matsudo, Japan, an der Entwicklung und Charakterisierung von SRAMSpeichern. 1992 kam er zum Centre Suisse d'Electronique et Microtechnique SA (CSEM), wo er aktuell als Projektmanager in der Mikroelektronikabteilung an der Entwicklung analoger und Mixed-Signal-CMOS-Bildsensoren arbeitet.

Simon Gray ist verantwortlich fur die Geschaftsentwicklung der Mikroelektronik-Abteilung des Centre Suisse d’Electronique et Microtechnique SA (CSEM), einem privaten Beratungsunternehmen in der Schweiz, das sich auf die Entwicklung von Mixed-Signal-ASICs und -SoCs mit niedriger Leistungsaufnhme und niedriger Versorgungsspannung spezialisiert hat. Er hat uber 20 Jahre Erfahrungen in Ingenieurs- und Vertriebspositionen in der Halbleiterindustrie gesammelt, bei Philips, BP, Xemics und Semtech. Seinen Bachelor-Abschluss (BSc) machte er an der Nottingham University, BWL studierte er an der Open University (MBA).


  1. Sehen bei extremen Lichtverhältnissen
  2. Herausforderung: Dynamik
  3. Bildsensor plus Bildprozessor in einem
  4. Logarithmischer Datencode für 132 dB Dynamik
  5. Bildsensor-System-on-Chip
  6. Kompaktes, energiesparendes Bildverarbeitungssystem

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