Die Profinet-IRT-Kommunikation erfordert, dass der Beginn eines Buszyklus exakt eingehalten wird. Dank der besonderen Eigenschaften des Profinet-IO-Device-Bausteins TPS-1 in puncto Taktsynchronität lässt sich diese Anforderung mit wenig Entwicklungsaufwand erfüllen.
Mittels Profinet lassen sich auch in Industrie-4.0-Produktionsstätten verschiedene Geräte vernetzen. Immerhin gilt der Standard als eine der meistgenutzten Kommunikationslösungen auf Ethernet-Basis (IEEE 802.3) in der Automatisierungstechnik. Profinet verbindet die zentrale Steuerung mit der messenden und agierenden Peripherie. Inzwischen tun mehr als eine Million Profinet-IO-Device-Bausteine des Typs TPS-1, von Renesas gemeinsam mit Phoenix Contact und Siemens entwickelt, in unterschiedlichen Geräten ihren Dienst. Der Chip bietet spezielle Eigenschaften für die Takt-Synchronität und die Synchronisierung der Geräte-Applikation. Besonders die Konzentration der Profinet-Kommunikation im TPS-1 unterstützt eine effiziente und schnelle Entwicklung, denn der größte Teil der Entwicklungszeit lässt sich auf die eigene Applikation verwenden (Bild 1).
Eine typische Anwendung des TPS-1 als Profinet-Kommunikationscontroller setzt sich aus den Steckverbindern und Netzwerkübertragern sowie dem Chip und einer Host-CPU zusammen. Der Baustein umfasst zwei physische Schnittstellen (PHY), die mit einem Switch gekoppelt sind. Die TPS-1-interne CPU übernimmt einen Großteil der Bearbeitung der Profinet-Kommunikation und leitet die anwendungsspezifischen Daten an die Host-CPU weiter. Die Abarbeitung der Profinet-Kommunikation durch den TPS-1 entlastet die Host-CPU erheblich und schafft damit mehr Zeit für die Applikation und ihre Aufgaben.
Ein weiterer wichtiger Vorteil der Aufteilung von Kommunikation und Applikation liegt in der Anpassung an neue Profinet-Standards. Derzeit ist V2.4MU4 die aktuellste Version. Die Protokoll-Firmware des Chips wird immer an den jeweils neuesten Standard angepasst. Die entsprechende Version lässt sich auch in Zukunft kostenfrei nach Registrierung von einem Download-Server herunterladen. Die Firmware des TPS-1 wird in einem externen Flash-Speicher außerhalb des Bausteins verwaltet. Das hat den Vorteil, dass stets die aktuellste Speichertechnologie genutzt werden kann.
Der TPS-1 eignet sich für die Real-Time- und besonders für die Isochronous-Real-Time-Kommunikation (IRT). Bei der Real-Time-Übertragung ist eine minimale Zykluszeit von 1 ms erreichbar. Allerdings lässt sich das Eintreffen der Nachricht beim Empfänger nur begrenzt vorhersagen. Handelt es sich um sehr zeitkritische Automatisierungsaufgaben wie etwa die Steuerung von Antriebsachsen (Motion Control), genügt diese Genauigkeit nicht. IRT-Kommunikation ist dann notwendig.
Der Unterschied zwischen IRT- und Real-Time-Kommunikation besteht im Wesentlichen in der Takt-Synchronität, sodass der Beginn eines Buszyklus mit hoher Genauigkeit eingehalten wird. Der Start des Buszyklus darf dabei mit einem maximalen Jitter von 1 µs abweichen. Der TPS-1 erzielt im IRT-Betrieb eine minimale Zykluszeit von 250 µs.
Zur Realisierung der hohen zeitlichen Anforderungen muss das Durchleiten von Nachrichten sehr genau getaktet werden. Dazu ist den zyklischen Daten in der Ethernet-Leitung eine höhere Priorität einzuräumen. Diese Anforderung lässt sich lösen, indem die zur Verfügung stehende Zeit in Zeitschlitze aufgeteilt wird. Eine typische Abfolge mehrerer Zyklen setzt sich immer aus einem grauen und einem grünen Bereich zusammen. In Bild 2 werden die nicht-priorisierten Daten als TCP/IP-Daten bezeichnet, wobei es um eine beliebige Ethernet-Übertragung gehen kann. Die Darstellung beschreibt einen einzelnen Zyklus. Die Zykluszeit des Beispiels beträgt 1 ms (Bild 2).
Der Zyklus beginnt mit dem grauen Intervall, in dem die zyklischen Daten zwischen dem Controller und dem Device ausgetauscht werden. Daran schließt sich das grüne Intervall an, das der Weiterleitung beliebiger Ethernet-Daten dient. Die interne Steuerungslogik des TPS-1 erkennt, ob am Ende des grünen Intervalls noch ein Ethernet-Frame übertragen werden kann oder ob der Transfer der nächsten Nachricht erst im folgenden Zyklus möglich ist. Dieses Verfahren wird beim TPS-1 durch die in den internen Switch implementierte Hardware unterstützt und gesteuert. Die Übermittlung aller nicht zu den zyklischen Daten gehörenden Profinet-Nachrichten findet im grünen Intervall statt. Dieser bei IRT eingeführte Mechanismus sorgt dafür, dass keine Nachrichten verfälscht oder geteilt werden. Die Nachrichten des grünen Bereichs sind nicht zeitkritisch und können notfalls bis zum nächsten Zyklus warten (Bild 3).
Ein Unterschied bei der Verwendung von IRT besteht im Einsatz von drahtloser Kommunikation wie WLAN oder Bluetooth. Diese Protokolle sind zusammen mit IRT nicht nutzbar, weil sich die Umwandlung drahtgebundener Signale in eine Funkübertragung und umgekehrt als variabel erweist. In diesem Fall kann keine sinnvolle Zeitangabe erfolgen. Um die Synchronisation zu erhalten, ist es notwendig, zwischen den teilnehmenden Stationen kontinuierlich Synchronisations-Nachrichten auszutauschen. Diese Nachrichten werden in der grünen Phase weitergeleitet, damit es nicht zu einer Behinderung der zyklischen priorisierten Datenübermittlung kommt. Zur Berechnung der Kommunikation sind in der Beschreibungsdatei (GDS-Datei) Angaben zu den Bearbeitungszeiten der zyklischen Daten zu machen. Auf Basis dieser Informationen kann ein Engineering-System die Kommunikation für die gesamte IRT-Domäne ermitteln und bestimmen, zu welchem Zeitpunkt die einzelnen teilnehmenden Geräte ihre Daten erhalten und abschicken müssen. Für jedes Gerät wird also der Start eines Zyklus berechnet. Es ist nicht erforderlich, diese Daten immer wieder neu zu ermitteln. Beim Start einer IRT-Domäne bekommt jedes angeschlossene Gerät die Initialisierungsparameter (Record-Data) zugeschickt und kann sich so auf die Leitung synchronisieren (Bild 4).
Das Signal Test_Sync zeigt bei der Inbetriebnahme an, dass sich der TPS-1 auf die IRT-Domäne synchronisiert hat. Dieses Signal ist für den Datenaustausch mit der Host-CPU bedeutungslos. Es wird bei der Zertifizierung getestet, um das richtige Verhalten der Synchronisierung zu kontrollieren.
Die Signale Ti und To werden der Host-CPU mit dem Ziel zur Verfügung gestellt, dass die laufende Applikation erkennen kann, wann das Gerät Ein- und Ausgangsdaten bereitstellen muss oder wann neue Daten im Gerät angekommen sind. Für einen effizienten Datenverkehr werden die beiden Signale mit Interrupt-Eingängen der Host-CPU verbunden. Das Signal Ti weist die Applikation darauf hin, dass Eingangsdaten zum Controller im Eingangs-Buffer des TPS-1 abzulegen sind. Durch interne Zeitkonstanten lässt sich das Signal an die Verarbeitungszeit der Host-CPU anpassen.
Das gleiche gilt für das Signal To. Es signalisiert, wann Ausgangsdaten vom Controller aus dem Ausgangs-Buffer abgeholt werden müssen. Dieser Mechanismus ermöglicht die Synchronisation der Applikation im Controller mit derjenigen im Device. Die zyklischen Daten werden in festen, gleichzeitigen Phasen übertragen – eine Eigenschaft, die in der Real-Time-Kommunikation nicht vorhanden ist.
Die Host-CPU lässt sich mit einer SPI-Schnittstelle oder einem parallelen Interface (8- oder 16-Bit-Datenbus) koppeln. Mit der parallelen Schnittstelle gewinnen Entwickler bei zeitkritischen Anwendungen deutlich mehr Zeit. Die internen Zeitkonstanten für die Einstellung der Signale Ti und To lassen sich nicht fest vorgeben, weil sie sich je nach Gerät und Einsatzzweck unterscheiden können. Es liegt beim Entwickler, diese zu bestimmen. Der TPS-1 stellt in der Anschlusstechnik die oben beschriebenen Signale zur Verfügung und ermöglicht so die einfache Implementierung einer takt- und applikationssynchronen Anwendung, ohne dass weitere Hardware auf der Baugruppe vorzuhalten ist.
• zwei integrierte physikalische Schnittstellen (PHY)
• eingebauter IRT-Switch
• IRT-Bridge-Delay von weniger als 3 µs
• Gesamtleistungsaufnahme von rund 800 mW
• 196-Pin Fine Pitch Ball Grid Array (1 mm Pitch)
• paralleles oder SPI-Interface zwischen dem TPS-1 und der Host-CPU
• 250 µs minimale Zykluszeit bei IRT.
Andreas Grüne ist bei der Phoenix Contact Electronics GmbH in Lemgo im Bereich Research & Development Profinet tätig.