Ein am Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie ISIT in Itzehoe entwickelter Kraft- und Drehmomentsensor sorgt dafür, dass Roboterarme Kollisionen mit Menschen oder Gegenständen sofort wahrnehmen und sensibel darauf reagieren.
Der Arm des Industrieroboters nähert sich unaufhaltsam einem Mitarbeiter. In seine Arbeit vertieft, bemerkt der Kollege dies jedoch nicht - eine brenzlige Situation. Doch kaum berührt der Roboter den Menschen leicht, zieht sich der stählerne Arm zurück.
Diese Vision könnte bald Realität werden: mit einem kostengünstigen Kraft- und Drehmomentsensor, den Forscher des Fraunhofer-ISIT entwickelt haben. Er sitzt am äußeren Gelenk des Roboterarms: Aufgeklebt auf einer Stahlplatte, dem Transducer, lässt er sich zwischen Arm und Greifer schrauben. »Wir erwarten, dass unsere Sensoren bei entsprechender Massenproduktion deutlich preisgünstiger sind als herkömmliche Kraftsensoren«, sagt Jörg Eichholz, Abteilungsleiter am ISIT. »Sie eignen sich daher für viele verschiedene Anwendungen.« Mit den Sensoren bestückt, wären die technischen Gehilfen genügend sicher, um den Arbeitsplatz mit ihren menschlichen Kollegen zu teilen. Bisher ist dies aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt.
Der Sensor misst die Kräfte und Drehmomente, die der Roboterarm ausübt. »Er funktioniert ähnlich wie ein Dehnungsmessstreifen: Dessen Kernstück ist ein langer Draht, durch den elektrischer Strom fließt«, erläutert Eichholz. »Dehnt sich der Draht, wird er länger und dünner - der Widerstand steigt, es fließt also weniger Strom. Unser Sensor ist aus einem einzigen quadratischen Stück Silizium gefertigt. An jeder Seite haben wir Brücken eingearbeitet, auf denen sich elektrische Widerstände befinden.« Stößt der Roboterarm gegen ein Hindernis, verändert sich die Form des Siliziums um wenige Mikrometer. Die Folge: Es fließt mehr oder weniger Strom, je nachdem ob die betreffende Brücke gedehnt oder gestaucht worden ist.
Weil der Sensor nur aus einem einzigen Stück Silizium besteht, ist er weniger fehleranfällig als herkömmliche Sensoren. Üblicherweise kleben die Hersteller die Widerstände einzeln auf, so dass sie manchmal etwas ungenau sitzen. »Das kann bei unserem Sensor nicht passieren, die Widerstände sind präzise ausgerichtet«, erläutert Eichholz. Die Baugröße des Sensorsystems ist variabel.
Der Sensor hilft auch bei der Roboterprogrammierung: Im Lernmodus misst er die Kraft, mit der der Mitarbeiter den Roboterarm führt. Anstatt die Koordinaten der Bewegung aufwändig in den Rechner einzugeben, kann der Mitarbeiter den Roboter einfach am äußeren Werkzeug führen und ihm so die Bewegungsabläufe »zeigen«.
Auf der Messe Sensor+Test vom 26. bis zum 28. Mai in Nürnberg stellt das Fraunhofer-ISIT in Halle 12 am Stand 491 einen Prototypen des Sensors vor.