Rechtliche Konsequenzen entstehen also noch nicht aus der IEC 60034-30, sondern erst aus der EuP-Richtlinie. Wiedemann geht davon aus, dass »die Anwender schnell die neuen Bezeichnungen lernen werden, aber zuerst die gleichen Produkte weiter einsetzen.« Eventuell werde sich »die Verteilung von IE1 und IE2 schon verändern, bevor die neuen Vorschriften kommen, weil die Endverbraucher mehr und mehr auf die Energiekosten achten.« Momentan ist die Verteilung freilich noch eindeutig: »Etwa 85 Prozent der Motoren, für die die EFF- und IE-Klassen anwendbar sind, entsprechen EFF2 und nur 10 Prozent EFF1«, stellt Wiedemann klar.
Der Experte rät allerdings, die Entscheidung für ein Antriebssystem nicht zu stark von der Energieeffizienzklasse des Drehstrommotors abhängig zu machen: »Bei S1-Antrieben mit einer Einschaltdauer von über 2000 Stunden pro Jahr und gleichmäßigem Betrieb rechnet sich der Mehrpreis des Motors nach wenigen Jahren«, legt er dar. »Für Antriebe mit häufigen Start/Stopp-Situationen kann aber die Energiebilanz sogar negativ werden, wenn ein IE1-Motor anstelle eines IE2-Motors im Einsatz ist. Dies liegt am deutlich höheren Trägheitsmoment des schwereren Rotors.«
Generell lässt sich jedoch aus Wiedemanns Sicht in vielen Fällen durch Regelungstechnik mehr Energie sparen als durch eine bessere IE-Klasse: »Die heutigen Maschinen und Anlagen sind typischerweise auf Volllast ausgelegt, laufen aber im Mittel nur mit 50 bis 70 Prozent Last«, führt er aus. »Frequenzumrichter können hier durch variable Drehzahlregelungen und intelligente, Strom sparende Steuerung der Drehstrommotoren deutlich mehr Energieverbrauch vermeiden als ein Motor mit hoher Energieeffizienzklasse. Einen Antrieb optimal auszulegen, ist daher nicht ganz einfach, so dass wir unsere Aufgabe auch in der kompetenten Beratung der Kunden sehen.«
Aktuell hat Nord Drivesystems eine Drehstrommotoren-Baureihe in der Entwicklung, die der Klasse IE3 entsprechen wird und zum Jahresende 2009 auf den Markt kommen soll. Um IE3 zu erreichen, verändert das Unternehmen an mehreren Stellen die Konstruktion der Motoren: »Wir vergrößern die Eisenlänge Stator/Rotor und verwenden höherwertige Elektrobleche mit geringeren Verlusten«, erklärt Wiedemann. »Indem wir Kupfer anstelle von Aluminium im Kurzschlusskäfig des Rotors einsetzen, reduzieren wir die Widerstandsverluste im Läufer. Zudem passen wir die Statorwicklung an diese Veränderungen an.«