Mit der Plattform 800xA hat ABB für dieses Bergwerk eine einheitliche Automatisierungsumgebung geschaffen, die all die früher getrennt betrachteten Prozesse aufeinander abgestimmt steuert. Die Plattform koordiniert alle Teilprozesse, von der Energieversorgung bis zu der Automation der Mühlen, Fördersysteme, Belüftungssysteme und Brechanlagen. Außerdem hat ABB Energieversorgungs- und Automationssysteme für die Mahlanlagen und die Fördersysteme sowie hunderte von Motoren und energiesparende Antriebe an Boliden geliefert.
Was sich gegenüber früheren Systemen in Bergwerken geändert hat, zeigt ein Blick in die Steuerzentrale. Hier liefen die Daten der unterschiedlichen Inselsysteme zusammen, es standen die unterschiedlichsten Bildschirme nebeneinander, aber keine Insel konnte sich mit der anderen verständigen. Jetzt blickt der Beobachter auf eine Reihe einheitlicher Bildschirme. Sie visualisieren die gesamte Anlage unter und über der Erde. Für ihre Kontrolle und Steuerung ist eine Mannschaft von nur vier Mitarbeitern erforderlich. »Nachdem die Lastwagen das Gestein unter Erde in die Brechanlage gekippt haben, gelangt das Erz über die Förderbänder in die Aufzüge und wird durch die sich anschließende Fabrik geschleust – 24 Stunden am Tag und ohne dass es noch von einer menschlichen Hand berührt wird«, sagt Lennart Evrell, CEO von Boliden.
580 Mio. Dollar für den Ausbau
Der hohe Automatisierungsgrad ist der Hauptgrund dafür, dass es die Mine, die das erste Mal unter der Herrschaft von König Magnus im Jahr 1345 erwähnt wurde, überhaupt noch in Betrieb ist. Denn vor 15 Jahren schien das Ende des Bergwerks besiegelt. Aufgrund mangelnder Ausbeute lohnte es sich nicht mehr, weiter zu fördern. Doch nach einer Sprengung entdeckte eine Geologin eine ungewohnte Formation in 1.000 m Tiefe, die auf Silber hindeutete. Die unbeirrbare Geologin und die Belegschaft erkundeten teilweise auf eigene Faust weiter.
2009 hatte sich die Hartnäckigkeit gelohnt, es wurde offensichtlich, dass genügend Silber, aber auch Zink und Blei vorhanden waren um den Abbau künftig zu rechtfertigten. Boliden investierte ab 2011 nicht weniger als 580 Mio. Dollar in den Ausbau von Garpenberg. Ein wichtiger Teil des Projekts bestand darin, das »Internet der Dinge, der Services und der Menschen« – wie Boliden und ABB es nennen – in die Unterwelt und die oberirdischen Verarbeitungsanalgen zu bringen. Mit Erfolg. Bis Mitte 2014 war die jährliche Fördermenge an Erz um 60 Prozent auf 2,22 Mio. t gestiegen und bis Ende dieses Jahres soll sie auf 2,5 Mio. t klettern. Dank der gelungenen Automatisierung sanken die Kosten pro geförderter Tonne – wegen des geringeren Energie- und Wasserverbrauchs. »Heute ist Garpenberg unsere weltweit profitabelste Miene«, freut sich Lenart Evrell.
Das Gehirn hinter »Next Level Mining« ist die 800xA-Plattform. Die Techniker und Ingenieure sind an 33 Arbeitsplätzen mit Arbeitern unter und über der Erde über Kabel und drahtlose Kommunikation miteinander verbunden. Alle Mitarbeiter verfügen über Tablets. Das System sammelt die Daten von über 400 Elektromotoren, 280 Motoren mit veränderlicher Drehzahl und zwei große Aufzüge. Der Erzaufzug kann ein Gewicht von 28,5 t in einen 1,2 km tiefen Schacht bewegen und erreicht eine Geschwindigkeit von 17 m/s.
30 bis 50 Prozent Einsparung in der Belüftung
Sehr wichtig für die Energieeffizienz ist die intelligente Steuerung des Frischluftsystems, denn knapp 50 Prozent des gesamten Energieverbrauchs des Bergwerks schluckt dieses System. Die mittlerweile 120 Ventilatoren (750 m³/s) steuert die 800xA-Plattform je nach Bedarf: nach einer Sprengung müssen die Ventilatoren mit voller Energie arbeiten, wenn nur die Abgase eines vorbeifahrenden Lastwagens anfallen, können sie auf niedrigerer Stufe betrieben werden. Das spart gegenüber früheren Systemen 30 bis 50 Prozent der Energiekosten. »Die umfassende Lösung von ABB für Energieversorgung und Bergbau des 21sten Jahrhunderts zeigt nachdrücklich, wie das Internet der Dinge, Dienste und Menschen die Bergbauindustrie grundlegend verändert«, sagt Peter Terwiesch, Leiter der Division Prozessautomation von ABB. Mit »Next Level Mining« könnten die Herausforderungen der schwankenden Metallpreise, der steigenden Energiekosten, erhöhte Sicherheitsanforderungen und Verfügbarkeit von Arbeitskräften bewältigt werden.
In das System sind alle relevanten Funktionen integriert: Fördersysteme, Mühlenantriebe, Belüftungssysteme, Entwässerungssysteme, Umspannwerke, Transportbänder, Brechanlagen, Erzbunker, Wartung, Dokumentenmanagement- und Kommunikationssysteme.
Die Operatoren haben über ihre Tablets sofortigen Zugang zu allen wichtigen Daten. Diesen Zugriff haben aber auch die Experten von ABB – unabhängig davon, wo sie in Europa stationiert sind. ABB bietet den lokalen und Fernsupport beider Aufzüge des Bergwerks – 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Melden die Sensoren Daten, die auf Maschinenschäden hindeuten, so können die Experten unabhängig von ihren jeweiligen Standorten sofort helfen, um zu verhindern, dass ein Schaden tatsächlich eintritt. Das erhöht die Verfügbarkeit der Anlagen und senkt die Betriebskosten.
»Boliden arbeitet mit ABB zusammen, um die Herausforderungen durch strengere Umweltauflagen, steigende Arbeits- und Energiekosten und wachsende Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Wir nutzen ein hohes Maß an Automatisierung und Integration, um den Betrieb des Bergwerks auf Jahre hinaus zu sichern«, sagt Hans Jönsson, General Manager von Boliden Garpenberg.