Um herauszufinden, in welcher Weise fortschrittliche PV-Wechselrichter Einfluss auf das Stromnetz haben können, beschaffte Southern California Edison (SCE) einige für private und kommerzielle Anlagen konzipierte, den deutschen Netzanschlussregeln entsprechende PV-Wechselrichter. Diese Wechselrichter bieten eine Reihe ausgefeilter Features, die von den auf US-amerikanische Normen abgestimmten Wechselrichtern derzeit nicht geboten werden. Der folgende Abschnitt widmet sich einigen Tests, die im SCE-DER-Labor mit dem kommerziellen deutschen Wechselrichter durchgeführt wurden.
Neue Wechselrichterdesigns bieten Voltage Ride-Through-Fähigkeiten wie etwa das erwähnte LVRT-Verhalten, das zwischen 40 und 100 Prozent der Spannung eingestellt werden kann. Solange die Netzspannung über diesem unteren Grenzwert liegt, liefert der Wechselrichter weiterhin Leistung und trennt sich nicht vom Netz ab. Erst wenn die Netzspannung unter den besagten Grenzwert fällt, stellt der Wechselrichter den Energieeintrag in das Netz ein. Er kann dann für eine gewisse einstellbare Zeitspanne (diese kann bei dem von SCE getesteten Gerät zwischen 0,04 und 10 Sekunden betragen) am Netz bleiben, ohne Energie einzuspeisen, bis die Netzspannung wieder einen Wert erreicht, der den unteren Grenzwert um einen bestimmten Betrag übersteigt (Hysterese).
Dieses Verhalten ist in Bild 5 illustriert. Die Spannung (blaue Kurve) fällt kurzzeitig unter 47 Prozent des Nennwerts, was den Wechselrichter (grüne Kurve) veranlasst, das Einspeisen von Energie einzustellen. Sobald aber die Spannung größer wird als 47 Prozent zuzüglich des Hysteresebands von 3 Prozent, fährt der Wechselrichter seinen Energieeintrag wieder hoch (unmittelbar vor Sekunde 8). Wenn die Spannung im öffentlichen Stromnetz ihren Nennwert überschreitet (Sekunde 17), reduziert der Wechselrichter seinen Energieeintrag dagegen, um nach der Stabilisierung auf den Nennwert wieder zu seiner vollen Leistung zurückzukehren. Diese Charakteristik ist wesentlich vorteilhafter als das traditionelle Verhalten, bei dem sich der Wechselrichter nach einem Rückgang der Netzspannung auf beispielsweise 90 Prozent des Nennwerts selbsttätig vom Netz trennte und dann mehrere Minuten offline blieb.
Die VRT-Tests (Voltage Ride Through) sind in Deutschland in der Mittelspannungsrichtlinie BDEW TR3 in Anlehnung an die EN61400-21 festgehalten. Hier ist nicht nur die Messung der Harmonischen bis 2 kHz ( inkl. Zwischenharmonischen ), sondern auch die der Frequenzen bis 8,4 kHz (168. Harmonische) notwendig. Außerdem ist ein 3-phasiger Spannungseinbruch über 400 ms (von 230 VAC zu 105 VAC/Phase) und 200ms (von 230 VAC zu 11,5 VAC/ Phase) gefordert. Diese Kurvenformen lassen sich einfach über die Bedienersoftware programmieren, ohne die Geräteeigenschaften zu verändern.
Wie Bild 6 deutlich macht, können PV-Wechselrichter die Spannungs-Stabilität schwacher Netze entscheidend verbessern. Für den entsprechenden Test wurde die Netzsimulation als schwache Quelle programmiert, deren Ausgangsstrom in Abständen von ca. 5 s immer weiter reduziert wurde. Auf diese Weise sollte das Verhältnis zwischen Erzeugung und Verbrauch der Prüfanordnung reduziert werden, um die Netzspannung stetig abfallen zu lassen, wie es in einem schwachen (ländlichen) System der Fall wäre.
Mit diesem Test lassen sich die Fähigkeiten des Wechselrichters zum Stützen der Netzspannung beurteilen. Bild 6 gibt dazu drei Szenarien wieder. Die grüne Kurve zeigt das Hochfahren der spannungsstützenden Funktion des Wechselrichters mit einer Rate von 3 Prozent. In oranger Farbe ist eine Rate von 1 Prozent dargestellt, und in blau ist das Verhalten bei abgeschalteter Spannungsunterstützung angegeben. Wenn bei aktiver Voltage-Support-Funktion die Spannung unter 98 Prozent fällt, fährt der Wechselrichter unmittelbar nach der 5-s-Marke seinen VAR-Ausgang hoch, um die Netzspannung zu erhöhen. Die Daten zeigen deutlich, welche Vorteile das Stützen der Netzspannung durch PV-Anlagen hat, denn die Spannung weicht bei aktiver Spannungsunterstützung um weniger als 5 Prozent von ihrem Nennwert ab. Bei zu hoher Spannung (beispielsweise beim Abschalten eines Verbrauchers) kann der Wechselrichter umgekehrt reagieren und die Folgen der Überspannung damit abmildern. Dies ist in Bild 7 wiedergegeben.
Fortschrittliche Wechselrichter sind meist mit mehreren Kommunikationsfunktionen ausgestattet, zu denen serielle Schnittstellen oder sogar Bluetooth-Interfaces gehören können. In den Bildern 6 und 7 war der Wechselrichter bei aktiver Spannungsunterstützung mit folgenden Parametern programmiert:
• VAR-Unterstützung (mit maximal 50 Prozent der Nennleistung)
• Q/V-Gradient: 0 Prozent (NO-VAR), 1 Prozent und 3 Prozent (Der Gradient gibt das Verhältnis zwischen Blindleistung und Spannung an.)
Vor dem Beginn des in Bild 7 dargestellten Tests wurde die Spannung der Netzsimulation auf 120 Prozent des Nennwerts eingestellt, jedoch war der Ausgangsstrom begrenzt, damit die Last die Spannung der Netzsimulation auf den gewünschten Nennwert drücken konnte. Während des Tests wurde der Ausgangsstrom der Netzsimulation in Abständen von ungefähr 5 Sekunden manuell schrittweise erhöht.
Hiermit wird das zunehmende Verhältnis zwischen Erzeugung und Verbrauch simuliert, was die Netzspannung stetig ansteigen lässt und die Möglichkeit bietet, die Spannungsunterstützungs-Funktion des Wechselrichters zu prüfen. Ebenso wie im vorigen Test sieht auch die in Bild 7 gezeigte Prüfung drei Szenarien vor, nämlich die Spannungsunterstützung mit 3 Prozent Anstiegsrate (grün), mit 1 Prozent Anstiegsrate (orange) und den Zustand bei abgeschaltetem Voltage-Support (blau). Wenn die Spannung kurz nach der 5-s-Marke auf mehr als 102 Prozent steigt, beginnt der Wechselrichter sofort, Blindleistung aus dem Netz abzuziehen, womit er zur Stabilisierung der Netzspannung beiträgt. Diese Situation ist eindeutig besser als der deutliche Anstieg der Netzspannung (im vorliegenden Fall auf 120 Prozent des Nennwerts) bei abgeschalteter Spannungsunterstützung.
Als Bestandteil der Stützfunktion bei Unter- und Überspannung können fortschrittliche Wechselrichter ihren Leistungsfaktor anpassen (siehe Bild 8). Dabei variiert der Wechselrichter seinen Leistungsfaktor in Abhängigkeit von der Ausgangsleistung – in diesem Fall von 1,0 bei 60 Prozent Ausgangsleistung auf 0,8 bei 80 Prozent Ausgangsleistung. Um die Prüfabläufe wie in Bild 5 bis 8 gezeigt automatisieren zu können, bietet die CompuMess Elektronik GmbH (CME) eine optionale Bediener-Software an, die die Ansteuerung der AC-und DC-Versorgung (PV-Simulation mit den Terra SAS-Systemen von Elgar / AMETEK), sowie der Leistungsmesssysteme (auch zur Normmessung) ermöglicht. Am Ende der Tests ist ein Prüfreport in MSWord per Tastdruck vorhanden. Damit sind die separate Programmierungen der Testabläufe und die manuelle Generierung eines Prüfreports nicht mehr notwendig.
Die Tests haben ergeben, dass bestimmte fortschrittliche Eigenschaften von Wechselrichtern dem Stromnetz zugutekommen können, wenn sie Eingang in die IEEE 1547 und die California Rule 21 finden. Mehrere IEC-Normungskomitees sowie nationale Komitees einzelner Länder, in denen sich die Zahl der an das Stromnetz angeschlossenen PV-Anlagen erhöhen wird oder sich bereits erhöht hat, dürften diese fortschrittlichen Wechselrichterfunktionen übernehmen. Man setzt sogar darauf, die Netzqualität auf diese Weise verbessern zu können.