Nachdem das Parlament in Paris die französische Energiewende beschlossen hat, stellt sich die Frage, wie angesichts unterschiedlicher nationaler Energiestrategien eine europäische »Energieunion« überhaupt entstehen kann. Dr. Matthias von Bechtolsheim, Energieexperte bei Arthur D. Little, gibt Auskunft.
Die französischen Maßnahmen sind vielfältig: Neben teilweise verpflichtenden energetischen Gebäudesanierungen setzt die französische Regierung auch auf Steuererleichterungen und die Förderung von Elektroautos – sogar eine fünfstellige Abwrackprämie für Dieselfahrzeuge soll es geben.
Auch die Fuhrparks der Öffentlichen Verkehrsbetriebe werden auf umweltfreundlichere Fahrzeuge umgestellt. Wie schätzen Sie diese Reformen der französischen Regierung ein? Kann sich die deutsche Regierung gegebenenfalls noch etwas bei den Franzosen abschauen?
Am Beispiel Frankreich wird deutlich, dass das deutsche Projekt „Energiewende“ einen klaren Streueffekt auf andere europäische Länder haben kann. Mit Frankreich engagiert sich nun die zweitgrößte europäische Volkswirtschaft für eine saubere Energiegewinnung. Besonders Bemerkenswert ist dies, da Frankreich mit einer der weltweit größten Kernkraftwerksflotte als ein Stammland der Nukleartechnik gilt.
Wenn man die Stromerzeugung beider Länder vergleicht, werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede deutlich. Gemeinsam ist beiden die Abhängigkeit von einer Grundlasterzeugung, hier die Kohle, dort die klimafreundliche Kernkraft und Wasserkraft. Der Handlungsdruck ist für Frankreich aber deutlich geringer: Während in Deutschland 40 Prozent der Stromerzeugung CO2-frei sind, hat Frankreich heute 95 Prozent. Während sich die Energiewende in Deutschland fast ausschließlich auf den Stromsektor beschränkt, kann Frankreich sich mit anderen Sektoren wie Wärme und Verkehr beschäftigen.
Die neue Entwicklung ist auch insofern besonders vielversprechend, da beide Länder die Integration eines europäischen Strommarktes gemeinsam vorantreiben können. Gerade in der Übergangsphase könnte sich eine mögliche bilaterale Zusammenarbeit als Vorbild für Europa erweisen, denn die Schwankungen bei Wind- und Sonnenenergie sind bei einem gleichzeitigen Abbau fossiler und nuklearer Kapazitäten nur mit einem gesamteuropäischen System zu bewältigen – so können Last- und Erzeugungsspitzen langfristig gedeckt werden. Möglich ist das allemal. Schon heute sind Deutschland und Frankreich die größten Stromexporteure in Europa – Tendenz steigend.
Die französischen Maßnahmen sind vielfältig: Neben teilweise verpflichtenden energetischen Gebäudesanierungen setzt die französische Regierung auch auf Steuererleichterungen und die Förderung von Elektroautos – sogar eine fünfstellige Abwrackprämie für Dieselfahrzeuge soll es geben.
Auch die Fuhrparks der Öffentlichen Verkehrsbetriebe werden auf umweltfreundlichere Fahrzeuge umgestellt. Wie schätzen Sie diese Reformen der französischen Regierung ein? Kann sich die deutsche Regierung gegebenenfalls noch etwas bei den Franzosen abschauen?
Besonders bemerkenswert ist auch, dass Frankreich die entsprechende Infrastruktur für die Elektromobilität zur Verfügung stellen wird. So sollen über das Land verteilt 7.000 Ladestationen gebaut werden. Frankreich hatte bislang zwar erst doppelt so viele Elektrofahrzeuge auf der Straße. Das offizielle Ziel war mit zwei Millionen Elektro- und Hybridfahrzeugen aber auch noch ehrgeiziger als hierzulande.
Ich bin mir sicher, dass die Elektromobilität bei unseren Nachbarn nun einen erheblichen Aufschwung erleben wird. Für eine gelungene Energiewende ist das von großer Bedeutung. Die Mobilität ist nicht nur aus deutscher Sicht eines der großen Sorgenkinder.
Gibt es andere Maßnahmen, die für Deutschland ebenfalls richtungsweisend sein können?
Um die Ziele zu erreichen, will die französische Regierung beispielsweise auch die Gebäudesanierung vorantreiben. Das Thema Energieeffizienz wird in Frankreich nun weiter vorangetrieben. So hat das deutsche Verbändebündnis Effizienzwende die Bundesregierung bereits aufgefordert, dem französischen Vorbild beim Thema Energieeffizienz zu folgen. Allerdings hat Frankreich bei der Gebäudeeffizienz einen höheren Nachholbedarf.