Um das zu verstehen, zunächst einmal ein Blick auf die aktuelle Situation: Michael Mücke hat die Akteure in der Hausdigitalisierung und im Smart-Home-Markt in zwei Kategorien gegliedert: Aggregatoren und Anwendungsspezialisten. Beide Akteure weisen unterschiedliche Geschäftsmodelle auf, die sich vor allem hinsichtlich der Leistungserbringung (eigen vs. fremd) unterscheiden. Insgesamt unterscheidet Michael Mücke derzeit fünf verschiedene Geschäftsmodelle.
Geschäftsmodell 1
Aggregatoren von eigenen Anwendungsbereichen: sie bieten die Vernetzung in verschiedenen eigenen Anwendungsbereichen wie z. B. im Bereich Klima, Licht und Hausüberwachung an. Solche Unternehmen bieten Ansammlungen von Use-Cases für mehrere, aber begrenzte Segmente des Hauses.
Beispiele wären etwa Belkin und RWE Smart Home (im ursprünglichen Ansatz)
Geschäftsmodell 2
Aggregatoren von eigenen und fremden Anwendungsbereichen: sie bieten eigene Vernetzungen und Produkte, integrieren aber auch die Produkte von Partnerfirmen. Die eigene Vernetzung soll den Kunden Investitionssicherheit geben: Wenn sie in das System investieren, werden sie auch künftig Geräte finden, die sich vernetzen lassen. So kann das SmartHome ständig erweitert werden. Ihren Umsatz generieren diese Firmen vermehrt auch im Business-to-Business-Bereich.
Geschäftsmodell 3
Aggregatoren von fremden Anwendungsbereichen: sie sind für die Vernetzung und die Steuerung zuständig, überlassen die darauf ablaufenden Anwendungen aber anderen. Diese Aggregatoren binden fremde Spezialisten ein, die für Funktionalität und Komfort sorgen. Ihr Ziel ist es, über möglichst viele Partner alle aktuell denkbaren Funktionalitäten im Smart Home abdecken zu können. Ein interessanter Aspekt für den Endkunden: Er kann sich weiter mit seinen Lieblingsmarken umgeben. Die Kernkompetenz dieser Firmen besteht im Partner-Management. Auch sie generieren ihren Umsatz verstärkt im Business-to-Business-Bereich, haben aber immer öfter auch den Endkundenkontakt.
Wie können diese Firmen Geld verdienen? Während die Umsätze der B2B-Anbieter v.a. aus Plattform- und Nutzungsgebühren für Partner bestehen, erzielen B2C-Anbieter ihren Erlös meist über den Verkauf ihrer Plattform und der zugehörigen Dienste.
Typische Beispiele dafür wären Telekom/Qivicon und AT&T/Digital Live.
Geschäftsmodell 4
Anwendungsspezialisten ohne Vernetzung: Sie bieten ein nicht-vernetztes Produkt an, die eigentliche Vernetzung erfolgt dann durch Aggregatoren der Modelle 2 und 3. Beispiele: Grohe, Miele. Ihr Geschäftsmodell besteht in erster Linie darin, Geräte zu verkaufen. Was nicht ausschließt, dass sie zukünftig neue Geschäftsmodelle generieren.
Geschäftsmodell 5
Anwendungsspezialisten mit eigener Vernetzung: Sie konzentrieren sich auf die Vernetzung eines einzelnen Anwendungsbereiches. Durch ihren hohen Spezialisierungsgrad sind sie in diesem Bereich Vorreiter. Oft wird dieses Geschäftsmodell als Einstieg in den Smart-Home-Markt gewählt und in einem zweiten Schritt eine Erweiterung in Richtung Modell 1 vorgenommen. Firmen mit Geschäftsmodell 5 zielen vor allem auf die Umsatzgenerierung über den Verkauf ihrer Hardware ab. Diese ist im Vergleich zu den Modellen 1 bis 3 im oberen Preissegment angesiedelt, was die Anbieter über das besondere Kundenerlebnis ihrer hochentwickelten Lösung rechtfertigen können.
Typische Beispiele für Unternehmen aus dieser Kategorie sind Philips mit hue: wLAN-Gateway plus Lampen und nest mit Gateway plus Heizungsthermostat. Ursprünglich war auch Miele ein gutes Beispiel: Der Haushaltsgerätespezialist hatte ein eigenes Gateway entwickelt, um seine Maschinen daran anzubinden und zu vernetzen.
Die dynamische Entwicklung zeigt, dass die oben aufgestellte Einteilung nur ein Schnappschuss der gegenwärtigen Situation ist: Inzwischen bewegt sich Miele mit seinem Geschäftsmodell bereits in die Richtung Modell 4: Das Unternehmen konzentriert sich auf die eigenen Geräte und überlässt die Vernetzung dieser Aggregatoren von eigenen und/oder fremden Anwendungsbereichen (Modell 2, z. B. RWE bzw. Modell 3, z. B. Qivicon).
Manch einer wird jetzt überrascht sein: RWE? Das war doch ein Unternehmen mit Geschäftsmodell 1! Wenn die Betonung auf »war« liegt, ist das richtig, doch inzwischen entwickelt RWE sein Geschäftsmodell stark in Richtung von Modell 2. Und in diese Richtung marschiert übriges auch nest, die kürzlich neben den Thermostaten ein zweites Produkt vorgestellt hat: Einen Rauchmelder, der allerdings ebenso wie das Thermostat im oberen Preissegment angesiedelt ist.
Welche Firmen werden nun in dem sich schnell wandelnden Markt erfolgreich sein?
Michael Mücke geht davon aus, dass Anbieter, die hochpreisige aber qualitativ sehr hochwertige Produkte für Nischenmärkte, wie Philips hue und nest, durchaus ihr Auskommen finden werden, auch wenn sie bei weitem nicht das gesamte Haus mit ihrem Ansatz abdecken können.
Die Aggregatoren mit Geschäftsmodell 2 dürften über die nächsten vier bis fünf Jahre ebenfalls ihre Berechtigung haben. »Der Massenmarkt geht aber eindeutig in Richtung Modell 3«, erklärt Michael Mücke. »Das Vernetzungskonzept, vor allem aber das Gelingen des Partner-Managements wird sich zum entscheidenden Erfolgsrezept für die Zukunft herauskristallisieren.«