Sharp zählt nicht gerade zu den Billiganbietern. Wie wollen Sie sich in einem Massenmarkt wie den intelligenten Stromzählern, die Sie als Beispiel genannt haben, gegen günstigere asiatische Mitbewerber durchsetzen?
Wir streben nicht danach, der billigste Anbieter zu sein. Es muss uns vielmehr gelingen, dem Kunden nicht nur ein Display für den Stromzähler, sondern eine Lösung zu bieten, die im Endeffekt für ihn auf eine günstigere Gesamtkostenbetrachtung hinausläuft. Das können wir erzielen, indem wir höher integrieren und dadurch weniger Komponenten benötigen.
Und wie wollen Sie die nötige Präsenz im Infrastrukturmarkt erreichen? Dieses Feld dürfte nicht unbedingt zur Kernkompetenz ihrer bisherigen Distributionspartner zählen.
Da stimme ich Ihnen zu. Hier werden wir unser Partnernetzwerk womöglich erweitern müssen. Wir werden in den nächsten Wochen sorgfältig analysieren, wo wir Defizite im Vertriebsnetz haben, was wir mit unseren jetzigen Partnern gemeinsam tun können, um Lücken zu schließen, und welche neuen Partner in Frage kommen. Grundsätzlich wird unser Partnernetzwerk mit der neuen Strategie an Bedeutung noch gewinnen. Denn bis auf wenige Ausnahmen von Tier-1-Kunden sehen wir die Exekutive noch mehr als bisher bei unseren Vertriebspartnern. Auch wenn wir ein Geschäft aufbauen und sozusagen den »Kick Start« geben, werden wir das Projekt, wie gesagt, bis auf wenige Ausnahmen, an unsere Partner übergeben. Mit dieser klaren Fokussierung auf unser Partnernetzwerk versprechen wir uns eine noch bessere Marktdurchdringung.
Wird sich am bestehenden Distributorennetzwerk etwas ändern?
Nein – wir geben ein klares Commitment zu unseren bestehenden Vertriebspartnern ab. Es müsste schon einen schwerwiegenden Grund geben, dass wir einen Distributor infolge unserer neuen Strategie austauschen.
Sind zur Einführung Ihrer neuen Strategie besondere Aktionen zusammen mit den Distributoren geplant?
Wir haben parallel zu unserer neuen Strategie auch ein umfassendes Partnerprogramm ins Leben gerufen: Es umfasst zum Beispiel gemeinsame Marketing- und PR-Aktionen, Kunden-Workshops und Applikationsschulungen. Neu ist auch das »Sharp Exhibition Partner Program«: Dabei unterstützen wir unsere Distributoren bei Messeauftritten und treten z.B. als Standpartner bzw. Unteraussteller auf. Auf der embedded world haben wir dahingehend bereits den ersten Versuch mit einem Partner unternommen, und auch für die electronica könnte dies ein Modell sein, dann aber sicherlich mit mehreren Partnern.
Wird sich im Zuge der Neuausrichtung von SME auch global bei Sharp etwas ändern?
Ja – zwei Dinge werden sich sogar grundsätzlich ändern: Unser Investitionsmodell und unsere Materialbeschaffung. Auch wenn wir ein japanisches Unternehmen sind, müssen wir unabhängiger vom Yen werden, denn unsere Geschäfte tätigen wir in Euro oder Dollar. Ein starker Yen verteuert die Produkte, die wir im Euro- oder Dollar-Raum anbieten, allein aufgrund des Wechselkurses. Das schadet unserem Geschäft und unserer Bilanz. Daher wird Sharp künftige Investments in einem externen Finanzraum, beispielsweise China, tätigen. In China wird in US-Dollar bzw. in Landeswährung abgerechnet, die an den US-Dollar gekoppelt ist. Dadurch können SME und andere Business Units von Sharp Ware, die Sharp in China produziert, in US-Dollar einkaufen und sind damit unabhängig vom Yen. Was unsere Materialbeschaffung anbelangt, so werden wir künftig weltweit einkaufen. Bislang waren wir sehr stark fokussiert auf japanische Hersteller. Diese Abhängigkeit ist nicht mehr zeitgemäß.
Sharp investiert traditionell sehr viel Geld in Forschung und Entwicklung. Wird es dabei bleiben?
Die Geschäftsphilosophie unseres Gründers besagt »Make products that others want to imitate«. Das sagt eigentlich schon alles. Unser Mutterkonzern in Japan wird weiterhin der Technologietreiber bleiben, und wir werden auch künftig weiter intensiv daran arbeiten, technisch die Nase vorne zu haben, denn im Bereich »LCD« ist die Lernkurve noch lange nicht zu Ende.
Sie glauben also nicht, dass andere Display-Technologien, wie OLEDs, den LCDs und damit dem Hauptgeschäftsfeld von Sharp mittelfristig den Rang ablaufen könnten?
Global betrachtet, machen LCDs und die klassische Röhre gut 90 Prozent des Display-Marktes aus. Alle anderen Technologien vom E-Paper bis hin zur OLED teilen sich lediglich etwa 10 Prozent des Marktes. Diese Technologien decken im Wesentlichen Nischen-Anwendungen ab, aber nicht die breite Masse.
Es sind außerdem zwei Welten, ob man von einer neuen Technologie fünf Muster produziert oder Millionen Stück in Serie. Die Basis-Probleme der OLEDs sind noch lange nicht gelöst. Es gibt weder ein serienfähiges Herstellungsverfahren für mittlere und große OLEDs, noch ist die Lebensdauer der OLEDs bislang ausreichend, damit sie als LCD-Ersatz überhaupt in Frage kommen. Lediglich die kleinen OLEDs für den Einsatz im Handy oder MP3-Player sind gerade marktreif geworden, erfüllen aber immer noch nicht alle Anforderungen. Irgendwann wird es sicher gelingen, auch größere OLEDs in Serie zu produzieren, aber nicht heute und nicht morgen.