Warum sieht ein TV-Programm auf dem PC-Monitor nicht gut aus?

Bildverbesserer für Flachfernseher

6. Dezember 2006, 15:26 Uhr | Peter Rost
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Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Nachleuchtende und vordenkende Displays

LC- und andere so genannte „Sample-and-Hold“-Displaytypen (LCoS, Liquid Cristal on Silicon; DLP, Digital Light Prozessor) halten den Farb- und Helligkeitswert jedes Pixels für die gesamte Dauer des Bildes konstant, um über die zeitliche Integration der Rezeptoren im Auge ein helles und flimmerfreies Bild zu erzeugen. Was bei vergleichsweise statischen Bildschirminhalten, vor allem PC-Büroanwendungen, von Vorteil ist, stört bei bewegten Fernsehbildern erheblich. Auge und Gehirn sind bei stroboskopartig eingeblendeten, mit kurzer Verschlusszeit scharf aufgenommenen „Stützstellen“ viel besser in der Lage, die stetige Originalbewegung von Objekten und/oder der Kamera zu rekonstruieren. Im Falle ei-nes „Sample-and-Hold“-Displays erscheint die Stützstelle jedoch viel länger auf dem Schirm, als sie benötigt wird. Damit wirkt sie als Störgröße und erzeugt eine Bewegungsunschärfe, die erst im Gehirn entsteht und sich durch Displaymessungen nicht bestätigen lässt.

Dieser Effekt wurde erst relevant, seit er nicht mehr durch die langen Reaktionszeiten früherer LCD-Generationen von 25 ms und mehr überlagert ist. Zur Internationalen Funkausstellung 2005 werden neue Flüssigkristall-Displays präsentiert, deren Reaktionszeiten im Bereich von rund 10 ms liegen, was etwa die halbe Dauer eines Einzelbildes ist. Damit wird die Stützstellenproblematik akut. Prinzipiell kann eine Korrektur in zwei Stufen erfolgen: Um ein LCD-Bild subjektiv schärfer zu machen, kann man versuchen, die Leuchtdauer des aktiven Bildinhaltes zu verkürzen. Dies erreicht man durch das synchronisierte Abschalten der Hintergrundbeleuchtung zur Hälfte der Bilddauer (backlight scanning). Dies erfordert einigen elektronischen Aufwand, sofern nicht bereits im Videoprozessor-IC eine entsprechende Schaltung hinterlegt ist. Einen ähnlichen Effekt erzielt man – ohne jeden Hardware-Aufwand – mit flexiblen Videobausteinen wie dem FRC9429A, der softwaregesteuert jedes zweite Bild dunkel tasten kann.

Beide Methoden statten LCDs ironischerweise mit Eigenschaften der Bildröhre aus, um ihr Ziel der größeren Schärfe zu erreichen. Der Preis dafür ist hoch, denn ceteris paribus (alles andere gleich) nimmt die Helligkeit des Bildes um die Hälfte ab – auf Dauer ist das kaum ein wettbewerbsfähiges Konzept, insbesondere für größere LC-Displays, die gegen die hellen Plasma-Bildschirme um die Gunst der Käufer antreten.

Einfügen von bewegungs-korrigierten Zwischenbildern

Die Lösung dieses Dilemmas klingt einfach: Statt einer dunkelgetasteten Bildhälfte bietet man dem Auge ein neues Bild an, welches genau die Stützstellen beinhaltet, die das Gehirn zu diesem Zeitpunkt erwartet. Die Störungen sind gleich gering wie beim Abschalten der Hintergrundbeleuchtung, aber die Lichtmenge ist doppelt so groß – das Bild kann auch bei Tageslicht betrachtet werden.

Voraussetzung für diese Lösung ist der Einsatz von Motion-Compensated De-Interlacing (siehe oben). Heute verfügbare Chips unterstützen in der Regel jedoch nur Ausgangsbildfrequenzen von 50 oder 60 Bildern/s, was den Fähigkeiten heute verfügbarer Flachdisplays entspricht. Sowohl auf der Displayseite als auch in der Halbleiterbranche sind Weiterentwicklungen hin zu 90 Hz oder gar 120 Hz im Gange. Jedoch wird das Angebot für diese Produkte eine Zeit lang recht exklusiv bleiben, da gerade die verwendeten Algorithmen wegen der unendlichen Vielfalt der korrekt zu behandelnden Bewegungssituationen jahrelange Optimierungen benötigen und die Realisierung der hohen Datenraten hohe technologische Kompetenz erfordert. Im Markt sieht man dieses Feature jedoch als wegweisend und als Differenzierungsmöglichkeit für etablierte Markenanbieter gegen die Billig-Konkurrenz.

Bildverbesserung fügt sich in eine moderne TV-Chassis-Architektur

Der von Micronas angebotene Motion-Compensated-De-Interlacing-Baustein FRC 9429A eignet sich besonders für die Integration in existierende Chassis-Architekturen, da er mit embedded DRAM arbeitet und durch sein kompaktes Gehäuse nur geringen Platz auf der Platine beansprucht (Bild 8). Zudem ist er nicht auf Ausgangs-Bildfrequenzen von 50 bzw. 60 Hz limitiert, sondern unterstützt auch 75-und 90-Hz-Displays und kann in Verbindung mit dem VGC 5969B diese Bilder auch auf hochauflösenden Bildschirmen darstellen. Diese Kombination sorgt für eine optimale Darstellung der heute üblichen PAL-, SECAM- und NTSC-Videosignale auf „HD-ready“-Geräten – der Hauptan-wendungsfall für HD-Fernsehgeräte in Europa.

Um den Käufer von Fernsehgeräten nicht mit der technischen Begriffsvielfalt zu erschlagen und trotzdem eine einfache Identifizierung der Geräte mit „State-of-the-Art“-Bild-qualität samt Motion-Compensated De-Interlacing im Einzelhandel zu ermöglichen, hat Micronas die folgenden Qualitätsmerkmale zur Marke „truD“ (www.trud.com) zusammengefasst: Motion-Compensated De-Interlacing, Smooth Diagonal Lines (Eliminieren der Flachbildschirm-typischen Treppenstufen), Sharp-ness Enhancement (Kantenverbesserung nach dem Hochskalieren) und Contrast Enhancement (Bildverbesserung für LCD und Plasma). Erste Geräte mit „truD“ werden voraussichtlich zum Weihnachtsgeschäft 2005 im Handel erhältlich sein.

Bildqualität lässt sich nur bedingt objektiv definieren. Wieviel Verlust an Detailschärfe ist man bereit, für ein rauscharmes Bild hinzunehmen? Die vielfältigen Möglichkeiten der Bildverbesserung, die mit der neuesten Generation von Videoprozessor-Bausteinen zur Verfügung stehen, führen zu einem breiten Spektrum an optischen „Geschmacksrichtungen“, das je nach Fernsehgeräte-Hersteller und Verkaufsregion stark variieren kann. Für den europäischen Fernsehzuschauer ist wichtig, dass neben der HDTV-Kompatibilität „HD-ready“ auch ein konventionelles, analoges oder digitales SDTV-Bild auf einem hochauflösenden Flachbildschirm eine gute Figur macht. Dafür ist für den Fernsehgeräte-Hersteller die richtige Auswahl des Bildverbesserungs-ICs entscheidend, das die zur qualitativen Differenzierung erforderlichen Mess- und Kompensationsmöglichkeiten bietet.

Bild-8_07.jpg
Bild 8. Der „truD“-Schaltkreis FRC 942xA wird einfach in den Video-Signalpfad eines existierenden Fernseh-Chassis eingeschleift.

Glossar zu Bild 8

  • ITU-656: 
    digitale Schnittstellenspezifikation für unkomprimiertes Video im PAL- (625 Zeilen) oder NTSC-Standard (525 Zeilen).
  • ITU-601: 
    digitales Signalformat für unkomprimiertes Video im PAL- (625 Zeilen) oder NTSC-Standard (525 Zeilen) im VCbCr-4:2:2-Komponentenformat. Mit erweiterter Spezifikation kann auch HDTV übertragen werden.
  • L/C: 
    Luminanz/Chrominanz
  • Peaking:
    Hier werden bewusst Überschwinger erzeugt, um Bildschirmschwächen zu kompensieren.

Peter Rost ist in der Consumer-Products-Sparte der Micronas GmbH als Director Business Line für das weltweite Marketing und den Applikationssupport für Chip- und Software-Lösungen im Bereich großformatiger, hochauflösender Flachbildschirm-TVs verantwortlich („High Line TV“). Nach dem Studium in Darmstadt und Grenoble graduierte er als Diplom-Wirtschaftsingenieur (TU) und arbeitete als Stipendiat der Heinz-Nixdorf-Stiftung einige Monate in Japan. Anschließend betreute er in verschiedenen Marketing-Positionen bei Siemens, Infineon und Micronas Grafik- und Teletextprozessoren für Fernsehgeräte und die DVB-Produktsparte.
E-Mail: peter.rost@micronas.com

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