Mess-Phänomene deuten auf hochfrequente Effekte

Neue Aspekte zur ESD-Störfestigkeit

3. März 2009, 14:02 Uhr | Gunter Langer
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Fortsetzung des Artikels von Teil 2

Neue Aspekte zur ESD-Störfestigkeit

Empfindliche ICs sind durch entsprechende Platzierungsvorgaben verträglich verwendbar. Sie sollten z.B. nicht am Baugruppenrand oder in der Nähe von ESD-Pulsspannung führenden Metallteilen angeordnet werden. Das gilt auch, wenn diese Metallteile geerdet sind.

Chipsätze sind heutzutage höher integriert (Geometrie-Strukturbreiten rund 45 nm) und arbeiten mit niedrigeren Versorgungsspannungen. Damit sind diese ICs weitaus empfindlicher. Bei Chipsätzen werden meist nur noch wenige Pins über leitungsgebundene Einkopplung erreicht. Das sind meist Pins, deren Leitungen über Steckverbinder geführt werden, wie z.B. Interfaces für USB, Ethernet usw. Die hochintegrierten ICs werden anteilsmäßig mehr über ihre Gehäuse (Kühlkörper) durch äußere elektrische oder magnetische Felder beeinflusst. Die unterschiedliche Feldempfindlichkeit von ICs in Verbindung mit der nicht definierten Feldabgabe von ESD-Generatoren bewirkt zusätzlich Streuungen in den ESD-Testergebnissen.

Wie aus diesen Ausführungen zu erkennen war, ist in den letzten Jahren die Pulsspannungsfestigkeit für einige ICs von über 100 V auf unter 10 V abgesunken (Bild 3). Das erzeugt einen bedeutend höheren Aufwand bei der EMV-Entwicklung elektronischer Geräte. Durch weitere Erhöhung der Integrationsdichte wird dieser Trend beibehalten. Entgegengewirkt werden kann diesen Problemen durch gezielte Entwicklung besser störfester ICs. Das gelingt auch für kleine Strukturbreiten. Diese Idee ist schon an einigen Beispielen umgesetzt. Die dafür notwendigen Prüfgeneratoren wurden in den letzten Jahren entwickelt [3].

Eine weitere Schwachstelle in elektronischen Systemen sind Steckverbinder. Um den EMV-Anforderungen der nächsten Jahre gerecht zu werden, sind entsprechend EMV-gerechte Steckverbinder technisch zu definieren und zu entwickeln [1]. ha

Je hochfrequenter diese Einschwingvorgänge sind, um so besser dringen sie über induktive bzw. kapazitive Koppelmechanismen in elektronische Geräte ein. Die in Bild 2 dargestellten Einschwingvorgänge der steigenden ESD-Flanke dringen demzufolge besser in Geräte ein als die 0,7-ns-ESDImpulsflanke selbst. Mit dieser Wirkungskette sind die Streuungen und höheren Geräteempfindlichkeiten bei ESD-Störfestigkeitsmessungen erklärbar.

Die hier erwähnten und vermessenen Generatoren (siehe Bild 2) sind normkonform. Doch die zugrunde liegende Normung berücksichtigt die jetzt aktuell gewordenen höheren Schaltfreqenzen der ICs in Verbindung mit den eben genannten Einschwingvorgängen bei ESD-Entladungen im GHz-Bereich noch nicht. Die Lösung des Problems ist Aufgabe einer technischen Weiterentwicklung.

Praxisbeispiel für leitungsgeführte IC-Einkopplung

Bild 3 zeigt die an einem Ethernet-Phy gemessene Spannung bei ESD-Einkopplung in den zugehörigen geschirmten RJ45-Steckverbinder. Der Steckverbinder besaß eine Transferinduktivität von 1,2 nH [1]. Die ESDGeneratoren unterschiedlichen Typs erzeugen in der Form und der Amplitude deutlich unterschiedliche Störimpulse am IC (Amplitude bis 40 bzw. 70 V). Die Störimpulse, die bis an das IC (Ethernet-Phy) vordringen, haben in der Form keine Ähnlichkeit mehr mit dem eingekoppelten ESD-Impuls – es sind vielmehr im Wesentlichen die bereits erwähnten Einschwingvorgänge der ESD-Flanke aus Bild 2 mit den damit verbundenen „kleiner-200-ps-Flanken“.

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Bild 2. ESD-Strom zweier verschiedener Generatoren, gemessen an einem 0,5-Ω-Shunt bei 4 kV Generatorspannung. Parameter: Neigung des ESD-Generators zur GND-Platte in Grad.

Letztlich bestimmen die Eigenschaften des speziellen IC-Designs, ob der Baustein diesen Impuls übersteht oder mehr oder weniger tiefgreifende Systemstörungen ausgelöst werden. Die Störfestigkeit, die von einem Baustein dem Störimpuls entgegengesetzt wird, hängt vom Know-how des Chip-Herstellers ab.

Die Störfestigkeit von Schaltungen im IC unmittelbar „hinter“ den IC-Pins ist mit speziellen IC-Pulsgeneratoren messbar [3]. Bild 4 zeigt die Störfestigkeit von Mikrocontroller-Port-Pins (die IC-Exemplare stammen aus den Jahren 2006 und 2007). Die Unterschiede zwischen den einzelnen ICs sind größer als der Faktor 10! Wenn auch Mikrocontroller demnächst in 45-nm-Technologie gefertigt werden, sind weitere Erhöhungen der Störempfindlichkeit zu erwarten.

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Bild 3. Oszillogramme der Pulsspannung an einem Ethernet-Phy bei einer 4-kV-ESD-Einkopplung mit verschiedenen normkonformen Generatoren in den zugehörigen RJ45-Steckverbinder. Bild 4.Beispiele der Pulsspannungsfestigkeit von Mikrocontrollern, ge
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Bild 3. Oszillogramme der Pulsspannung an einem Ethernet-Phy bei einer 4-kV-ESD-Einkopplung mit verschiedenen normkonformen Generatoren in den zugehörigen RJ45-Steckverbinder. Bild 4.Beispiele der Pulsspannungsfestigkeit von Mikrocontrollern, ge
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Bild 3. Oszillogramme der Pulsspannung an einem Ethernet-Phy bei einer 4-kV-ESD-Einkopplung mit verschiedenen normkonformen Generatoren in den zugehörigen RJ45-Steckverbinder. Bild 4.Beispiele der Pulsspannungsfestigkeit von Mikrocontrollern, ge

  1. Neue Aspekte zur ESD-Störfestigkeit
  2. Die feldgebundene Einkopplung in ICs erhält steigende Bedeutung
  3. Neue Aspekte zur ESD-Störfestigkeit

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